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Herzlich willkommen! Wenn der raue Herbstwind einem ins Gesicht bläst, sind Sie wieder sehr gefragt.

Das stimmt. Risse und trockene Hautschuppen? Ohne mich! Aber gestatten Sie mir eine Frage: Denken Sie wirklich, dass Ihnen dieses Krebsrot auf den Lippen steht?

Die Verkäuferin meinte, die Farbe hieße „Grenadine“ und sei gerade sehr angesagt.

(Gähnt) Ach ja, die Mode. Heute so, morgen so. Ein zarter Glanz auf den Lippen, seidig schimmernd – das ist zeitlos schön. Egal, was irgendwelche Modefuzzis behaupten.

„Rote Lippen soll man küssen“, heißt es in einem Lied. Schließlich setzten die Damen schon in der Antike auf blutrote Lippen.

Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Um den Lippen eine verführerische Farbe zu verleihen, verwendeten die Damen Läuseblut. Steckt vielleicht ja auch in Ihrem Lippenstift.

Rotes Läuseblut? Also, mit Tieren kenne ich mich aus. Insekten haben gar kein rotes Blut.

Ah, Sie nehmen es offenbar ganz genau. Stimmt natürlich: Das Blut der Kermeslaus, von der das rote Karmin im Lippenstift stammt, ist farblos wie das aller Insekten. Aber sie stellt auch eine blutrote Flüssigkeit her, um Feinde abzuschrecken. Das Rot nützte man schon im alten Griechenland. Wenn Sie sich dort die Lippen so geschminkt hätten, hätte aber jeder gedacht, dass Sie Ihr Geld mit anderen Dingen als Schreiben verdienen.

Was wollen Sie jetzt damit sagen?

Knallig geschminkt waren damals vor allem die Hetären. So nannte man gebildete Damen, deren Liebesdienste man käuflich erwerben konnte. Ihre Lippen waren immer blutrot – pflichtgemäß. Traf man eine Hetäre ohne Schminke an, konnte sie sogar bestraft werden. Und zwar wegen Täuschung. Denn blasse Lippen trugen Frauen von vornehmem Stand.

Aber das ist nun wirklich lange her.

Rot gefärbte Lippen galten zu vielen Zeiten als unanständig. So sehr, dass man gesetzlich dagegen vorging.

Ein Anti-Lippenstift-Gesetz? Das erfinden Sie jetzt aber.

Mitnichten! Noch nie etwas von dem Gesetz zum Schutz der Männer gehört? Es wurde im Jahr 1770 vom britischen Parlament erlassen. Frauen, die Lippenfarbe, hohe Schuhe oder künstliche Zähne trugen, um Männer damit zu einer Heirat zu verlocken, galten als Hexen. Die Ehe durfte für ungültig erklärt werden.

Haben Sie noch ein paar dieser verrückten Geschichten auf Lager? Ich glaube, Sie fürchten einfach nur die Konkurrenz.

Glauben Sie, dass ich das nötig habe? Ich dachte, dass Sie sich für Geschichte interessieren. Zumal Lippenpflege und Lippenfarbe oft Hand in Hand gingen. Die Farbstoffe, die früher manchmal richtig giftig waren, wurden oft mit Wachs oder anderen Stoffen vermischt. Sie sorgten zusätzlich für geschmeidige Lippen. Denn die waren in der Tat jederzeit in Mode.

Sie finden also wirklich, dass mir der Lippenstift nicht steht?

Also wenn Sie mich fragen, würde ich von künstlicher Farbe auf den Lippen abraten. Auch heute werden noch Stoffe verwendet, die durchaus umstritten sind. Doch auch bei meinen Kollegen sollten Sie genauer hinschauen: Sie können Mineralöl enthalten, was ebenfalls bedenklich ist. Frei davon ist Naturkosmetik. Und wenn Sie eine Tierfreundin sind, meiden Sie den Farbstoff E 120. Für den müssen nämlich noch heute Läuse sterben.


Quellen:

  • Schaffer S: Reading Our Lips, The History of Lipstick Regulation in Western Seats of Power. Online: https://dash.harvard.edu/... (Abgerufen am 10.10.2023)
  • PETA-Team: Karmin: So werden Läuse für roten Farbstoff ausgebeutet. Pnline: https://www.peta.de/... (Abgerufen am 10.10.2023)
  • Stiftung Warentest: Lippen­pflege im Test, Ohne Mineralöl – zwei Drittel sind empfehlens­wert . Online: https://www.test.de/... (Abgerufen am 10.10.2023)