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Kürzlich flammte, angeheizt durch die Inflation, eine Grundsatzdiskussion auf: Sollten wir pflanzliche und gesunde Lebensmittel günstiger besteuern? Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sollten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Eine kluge Idee, deren Umsetzung durch eine neue EU-Richtlinie jetzt mög­lich ist.

Aber warum braucht es eine Inflation, damit wir diese Debatte führen? Die Idee ist nicht neu. Schon vor fünf Jahren zeigte eine Hamburger Studie: Eine Steuerreform, bei der gesunde Produkte geringer und Ungesundes höher besteuert werden würden, könnte erfreuliche Folgen haben.

Autorin Franka Teichgräber

Autorin Franka Teichgräber

Vermutlich würden wir öfter zu gesunden Lebensmitteln greifen. Dadurch würden weniger Menschen an krankhaftem Übergewicht leiden. Bei Frauen könnte der Anteil um fünf, bei Männern sogar um etwa zehn Prozent sinken. Das hätte auch positive Auswirkungen auf die unzähligen weiteren, mit Übergewicht verbundenen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettleber, Diabetes, Tumore. Eine immense Erleichterung für das Gesundheitssystem.

Ließe sich die Anzahl der Übergewichtigen verringern, würden die Krankheitskosten sinken. Außerdem könnte der Staat durch höhere Besteuerung bei ungesunden Produkten, die hoffentlich selten gekauft werden, dennoch eine Menge Steuern einnehmen. Damit dürfte das Argument, ­eine Steuererleichterung auf gesunde Lebensmittel sei zu teuer, als zu kurz gedacht entlarvt sein.

Zudem ist eine pflanzliche Ernährung – und damit weniger Tierwirtschaft – meistens besser fürs Klima. Hier tut sich eine Möglichkeit zum Doppelsieg für Gesundheit und Umwelt auf.

Schnellere Entlastung für Geringverdienende

Die derzeitige Inflation ist ein weiterer Punkt, der für eine Umstrukturierung spricht. Der befürchtete Mitnahmeeffekt dieser Entlastung durch alle mit dickerem Geldbeutel – kann ich mir zwar auch so leisten, nehme ich aber gerne mit – wird bereits mehrfach von der Regierung in Kauf genommen. Etwa beim 9-Euro-Ticket oder der Energiepauschale. Die Mehrwertsteuer kann aber durch die bereits vorhandene Infrastruktur eine schnellere Entlastung für Geringverdienende bedeuten. Zwar nicht passgenau, aber beim elementarsten Bedürfnis: Nahrung.

Natürlich, ein Staat sollte seine Bürgerinnen und Bürger nicht wie Kinder behandeln, die mit Taschengeld zur gesunden Ernährung gelockt werden. Aber ein kleiner Schubs in die richtige Richtung kommt hier uns allen zugute.

Der Steuererlass bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten scheint der Schritt in die richtige Richtung, ohne das System unnötig zu verkomplizieren. Doch wir könnten künftig dieses Steuerungsmittel auch weiter fassen und grundsätzlich Produkte, die gut für uns und das Klima sind, für alle erschwinglicher machen.

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Quellen:

  • Bundestag: Antrag zur Mehrwert­steuer­senkung auf Grund­nah­rungs­mittel überwiesen. https://www.bundestag.de/... (Abgerufen am 12.09.2022)
  • Europäische Kommision: Fragen und Antworten: Einigung über neue Vorschriften für Mehrwertsteuersätze. https://ec.europa.eu/... (Abgerufen am 12.09.2022)
  • Deutsche Adipositas Gesellschaft, PD Dr. Effertz T : Die Auswirkungen der Besteuerung von Lebensmitteln auf Ernährungsverhalten, Körpergewicht und Gesundheitskosten in Deutschland. https://adipositas-gesellschaft.de/... (Abgerufen am 12.09.2022)
  • Umweltbundesamt: Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 12.09.2022)