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Spricht Dr. Ivo Grebe über seine Beobachtungen im Sportstudio, fällt das Wort „Babyflasche“. „Ich verbiete niemandem, ein Getränk mit sich zu führen und zu trinken, wenn man durstig ist“, sagt der Hausarzt. Oft werde es aber so dargestellt, als müsse man jederzeit auf die Flüssigkeitszufuhr achten. Sonst drohe der Kollaps. „Das ist übertrieben. Wir haben einen Mechanismus im Körper, der uns rechtzeitig und verlässlich ans Trinken erinnert – den Durst“, ordnet Dr. Grebe ein.

Zumindest bei jüngeren, gesund lebendenMenschen funktioniere das Durstempfinden gut – und eineinhalb bis zwei Liter Flüssigkeit pro Tag reichten aus. „Anders kann es bei Älteren und chronisch Kranken sein“, so Grebe, der als hausärztlicher Internist in Aachen viele dieser Patientinnen und Patienten betreut.

Wie hängt das Alter mit dem Durst zusammen?

Mit den Jahren kann das Durstempfinden des Körpers aus drei Gründen gestört sein. Zum einen nimmt im Alter grundsätzlich die Empfindsamkeit und damit auch das Durstgefühl ab. „Des weiteren können kognitive Einschränkungen aufgrund dementieller Erkrankungen dafür verantwortlich sein. Das betrifft insbesondere Menschen ab 75 Jahre“, erklärt Hausarzt Ivo Grebe. Und drittens könnten Medikamente den körpereigenen Mechanismus durcheinanderbringen.

Wieviel sollte ich bei Herz- und Nierenschwäche trinken?

Ein gestörtes Durstgefühl können Menschen haben, die wegen einer Herzschwäche wassertreibende Medikamente zu sich nehmen. Laut Grebe reiche trotzdem auch bei dieser Gruppe meist eine Flüssigkeitsmenge von eineinhalb bis zwei Litern. Anders schaut es hingegen bei Patientinnen und Patienten mit Nierenschwäche aus. „Diese Menschen benötigen oft einen halben bis zu einem Liter Flüssigkeit mehr pro Tag“, betont Grebe, der auch Vorstandsmitglied im Berufsverband der Deutschen Internistinnen und Internisten ist. Wie hoch die Trinkmenge genau sein sollte, besprechen Betroffene immer mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin.

COPD: Hilft Flüssigkeit, um Schleim zu lösen?

Lange hieß es, Menschen mit (chronischer) Bronchitis profitierten von einer erhöhten Trinkmenge. „Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass das nicht der Fall ist. Weder wird die Schleimproduktion noch der Transport oder Export, also das Abhusten, gesteigert beziehungsweise erleichtert“, sagt Ivo Grebe.

Warum Menschen mit Demenz ans Trinken erinnern?

Bei alten Menschen ist das Durstempfinden häufig gemindert. Das Problem spitze sich nach Einschätzung von Hausarzt Grebe weiter zu, sobald Erkrankungen vorlägen, die in den dementiellen Bereich fallen und das Nervensystem schädigen. Wichtig sei dann, dass das Umfeld der Menschen – also Angehörige oder Pfleger und Pflegerinnen – auf eine ausreichende Trinkmenge von eineinhalb bis zwei Litern pro Tag achten.

Um wie viel steigt die Trinkmenge bei Hitze?

„Wir verlieren durch Schwitzen Flüssigkeit. Wieviel, ist sehr unterschiedlich“, sagt Ivo Greve. Wer beispielsweise bei Temperaturen von 25 Grad im Außenbereich Sport mache und etwa drei, vier Kilometer jogge, verliere innerhalb kürzester Zeit bis zu einem Liter Flüssigkeit. „Auch die alte Dame, die am Rollator durch den Park läuft, schwitzt. Aber sehr viel weniger“, sagt der Hausarzt. Er rät Menschen, die 60 Jahre und älter sind, bei Temperaturen jenseits der 25 Grad pauschal einen halben Liter mehr Flüssigkeit zu trinken, sofern keine medizinischen Gründe dagegensprechen.

Was gilt für Menschen mit Diabetes bei Hitze?

Hohe Temperaturen können auch für Menschen mit Diabetes zu einem Problem werden. „Einerseits wirkt die Zufuhr von Flüssigkeit direkt auf den Blutzuckerspiegel, der sich durch ausreichendes Trinken zum Beispiel senken lässt“, sagt der Internist. Andererseits hätten viele Menschen bei Hitze weniger Appetit. „Wenn ein Diabetiker oder eine Diabetikerin sich dann wie gewohnt Insulin spritzt, aber vergisst zu essen, kann das problematisch werden.“ Hausarzt Grebes Empfehlung: bei Diabetes und Temperaturen über 25 Grad Celsius einen halben Liter Flüssigkeit mehr zu sich nehmen.

Was sind geeignete Durstlöscher?

„Grundsätzlich sind alle unalkoholischen Getränke für die Flüssigkeitszufuhr geeignet“, sagt Ivo Grebe. Ob man Leitungs- oder Mineralwasser, Saft, Tee oder Kaffee bevorzugt, spiele für den Wasserhaushalt des Körpers erst einmal keine Rolle. „Dennoch sollten die Getränke natürlich eher kalorienarm und nicht zu süß sein“, ergänzt der Hausarzt. Menschen, die zum Beispiel Herz- oder Nierenmedikamente nehmen, sollten auf ihren Koffeinkonsum achten. Grebe: „Bis zu zwei Tassen Kaffee am Tag gelten meistens aber auch dann als unschädlich.“

Geht das: Zu viel Wasser?

„Es gibt seltene Fälle von sogenannten Wasser-Intoxikationen, bei denen Menschen zu viel normales Leitungswasser zu sich nehmen und es zu einer gefährlichen Elektrolytverschiebung kommt“, sagt Ivo Grebe. Als Beispiel nennt erMarathonläufer, die sehr viel Trinken, ohne ihre Getränke mit Elektrolyten wie zum Beispiel Natrium anzureichern. „Wer Extremsport betreibt, sollte sich unbedingt ärztlich beraten lassen“, empfiehlt der Hausarzt.

Für Normalmenschen gelte eine Flüssigkeitszufuhr von eineinhalb bis zwei Litern als optimal. „Ab zwei Litern passiert nicht mehr viel. Dann muss die Niere einfach mehr arbeiten und der Urin wird dünner, was sich auch an der Farbe zeigt“, sagt Ivo Grebe. Mehr als drei Liter Flüssigkeit sollten es im Normalfall nicht sein. „Diese Menge an Flüssigkeit kann auch schon mal den Magen-Darm-Trakt überfordern“, sagt der Hausarzt.