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Knappe Energie, teures Gas, Preisrekorde auch bei anderen Heizstoffen: In diesem Krisenwinter war nichts, wie es mal war. Die Heizung sollte runtergedreht werden: für den Klimaschutz, um Russlands Krieg nicht zu finanzieren, um zu sparen. Das wirkt sich auch in Bereichen aus, an die man nicht unbedingt denkt. Womit wir bei Schimmelpilzen wären.

Kälte begünstigt Schimmelbildung

Die Physik ist da gnadenlos: Je kälter die Luft, desto weniger Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Wird die Heizung auf 18, 19 Grad heruntergedreht, kann schon der Punkt erreicht werden, an dem die Kapazität der Luft erschöpft ist. Dann schlägt sich Wasserdampf in flüssiger Form bevorzugt an kalten Stellen nieder, beispielsweise an der Wand, an Fenstern oder auf Silikonfugen. Und Schimmelpilze lieben es feucht.

Lüften, lüften, lüften

Begegnen kann man ihnen nur, indem man gründlich lüftet. Die feuchte Luft muss raus, die kalte, trockene Luft rein. Je schlechter das Haus gedämmt ist, desto wichtiger ist das. Die Pilze verbreiten Sporen und di­verse Stoffwechselprodukte in der Luft. Ihr muffiger Duft wabert durch den Raum, schön anzusehen sind sie auch nicht. Doch gefährden sie auch unsere Gesundheit?

Schimmel kann Asthma bei Kindern verschlimmern

Den Begriff „Gesundheitsgefahr“ findet Professorin Caroline Herr nicht passend. „Da denkt man gleich an sofort, unmittelbar und immer“, sagt die Präsidentin der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin. „Das Risiko hängt zum Beispiel davon ab, ob der Bewohner eine aller­gische Vorerkrankung hat, wie lange er sich in einem belasteten Raum aufhält, wie groß das Schimmelausmaß ist“, erläutert Caroline Herr.

Relativ gut belegt ist, dass sich insbeson­dere bei Kindern Asthmasymptome verschlimmern können. Bei manchen Menschen können Sporen allergische Reak­tionen wie eine laufende Nase oder brennende Augen auslösen und Atemwegsinfekte begünstigen. Anders als bei Schimmel in Lebensmitteln gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass Schimmel an der Wand Krebs verursacht. Besonders aufpassen sollten allerdings Risikogruppen wie stark immungeschwächte Menschen.

Zimmerpflanzen erhöhen nicht nur die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen, sondern haben daneben auch einen beruhigenden Effekt.

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Wobei Immunschwäche nicht gleich Immunschwäche ist. Eine Kommission am Robert Koch-Institut hat nach Ursachen und Behandlungsphase drei Risikoklassen definiert. Zur Höchstrisikogruppe zählen etwa Patientinnen und Patienten direkt nach der Übertragung einer Blutstammzellenspende. Um das eventuelle persönliche Risiko einzuschätzen, spricht man am besten mit seiner Ärztin oder seinem Arzt.

Schimmel aus Vorsorgegründen sofort beseitigen

Freilich atmen wir täglich Schimmel in geringen Konzentrationen ein, denn er gehört zu unserer Umwelt. Er hat auch eine wichtige Funktion, baut Biostoffe ab, hält Bakterien in Schach. „Aber mit Auge oder Nase wahrnehmbarer Schimmel gehört nicht in die Wohnung“, betont Herr. „Wenn er da ist, dann muss er aus Vorsorgegründen beseitigt werden.“

Wie dringend dies ist, hängt auch von der Nutzung der Räume ab. Die Kommission Innenraumlufthygiene des Umweltbundesamts unterscheidet deshalb in ihrem Leit­faden zum Schimmelbefall in Gebäuden unter­schiedliche Nutzungsklassen. Am wichtigsten ist Vorbeugung oder Sanierung in allen Wohnräumen inklusive Neben­räumen wie Speisekammern, mit Ausnahme von nur vorübergehend genutzten Zimmern. Als erste Maßnahme, die über allem steht, nennt der Leitfaden das Ermitteln der Ursache und deren Behebung. Sonst würde der Schimmel rasch zurückkehren. Nicht immer ist falsches Heizen und Lüften schuld.

So beseitigen Sie kleine Schimmelschäden

• Reinigen Sie die befallene Stelle und glatte Böden, Möbel etc. mit einem Lappen und gewöhnlichem Haushaltsreiniger.

• Tragen Sie dabei wasserdichte Handschuhe, eine Maske mit Schutzfilter und bei Über-Kopf-­Arbeiten eine Schutzbrille.

• Teppiche, Teppichboden und Polstermöbel mit Staubsauger mit Hepa-Filter und dichtem Gehäuse saugen. Ist der Schimmel tiefer eingedrungen: wegwerfen.

• Abfälle im luftdichten Müllsack oder Tüte mit dem Hausmüll entsorgen. Danach: Kleidung waschen und gründlich lüften.

Versteckter Untermieter

Mitunter ist nicht einmal einfach zu erkennen, woher der muffige Geruch kommt, der auf einen Befall hinweist. Denn Schimmel kann viele Baumaterialien als Nährquelle nutzen: Tapeten inklusive Kleister, Wandputz, Gipskartonplatten, Holzpressplatten, Teppichböden, Isoliermaterial, Trittschalldämmungen – um nur die wichtigsten zu nennen. Nicht einmal vor Gummi oder Silikon macht jeder Pilz halt.

Er kann hinter Fußbodenleisten siedeln, hinter Verkleidungen oder hinter Möbeln an kalten Wänden, weil dort die Luft nicht gut zirkuliert. Dabei muss das Material nicht einmal äußerlich feucht sein. In Gipskartonplatten etwa kann sich das Geschehen im Inneren abspielen. „Trotzdem sind dann unter Umständen in der Raumluft schon bestimmte Partikel und Stoffe zu messen, die die Pilze absondern“, sagt Dr. Kerttu Valtanen, Expertin beim Umweltbundesamt.

Experten beraten zu Schimmelschäden

Sind Schimmelbeläge nicht sichtbar, kann manchmal das Wegrücken von Möbeln das Übel offenbaren. Und wenn man auch dort nicht fündig wird? „Bei einem verdeckten Befall sollte man einen Bausachverständigen kommen lassen, der sich auf das Thema spezialisiert hat“, empfiehlt Valtanen. Solche Betriebe findet man beim Bundesverband Schimmelpilzsanierung, über den Berufsverband Deutscher Baubiologen, die Verbraucherzentralen oder über die Handwerkskammer.

Zudem gibt es einige lokale Beratungsstellen des Netzwerks Schimmelpilzberatung. Häufig erkennen Expertinnen und Experten das Problem bereits bei einer Besichtigung. Oder sie messen die Sporenzahl im Vergleich zur Außenluft. Auch speziell ausgebildete Hunde helfen bei der Suche nach den Schimmelquellen.

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Als Ursache kommen zum Beispiel auch Bauschäden infrage, etwa eine ungenü­gende Abdichtung der Mauern gegen das Erdreich. Bei Neubauten wurde vielleicht nicht lange genug das Austrocknen von Beton, Estrich oder Verputz abgewartet. Oder in einem Altbau wurden die Fenster ersetzt und Feuchtigkeit, die vorher durch undichte Fenster abzog, staut sich nun im Raum und setzt sich an schlecht gedämmten Wänden ab.

Keine Substanzen zum Abtöten von Schimmel nutzen

Doch was kann man selbst tun? Die Expertenkommission nennt zwei Kriterien: Der Befall sollte nur oberflächlich sein und nicht größer als einen halben Quadratmeter. Dann genügt ein Lappen und normaler Haushaltsreiniger. Wer sich ganz sicher fühlen will, kann hochprozentigen Alkohol verwenden.

Ansonsten rät Expertin Kerttu Valtanen von Substanzen ab, die Schimmelpilze abtöten oder ihr Wachstum hemmen, sogenannten Bioziden: „Sie sind gesundheitsschädlich und wirken nicht nachhaltig.“ Solche Stoffe sind auch in vielen Schimmel-Ex-Sprühflaschen enthalten, die der Einzelhandel oder Baumärkte anbieten. Diese empfiehlt Valtanen aber ohne­hin nicht: „Damit verteilt man nur die Sporen im Raum.“

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Quellen:

  • Umweltbundesamt: Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin GHUP e. V. (federführend): AWMF Schimmelpilz-Leitlinie, „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen". Leitlinie: 2016. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 13.02.2023)

  • Hurraß J. et al: Medical diagnostics for indoor mold exposure, Review. In: Int J Hyg Environ Health 01.04.2017, 220: 305-328
  • WHO: Dampness and Mould, WHO Guidelines for Indoor Air Quality. https://apps.who.int/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • Robert Koch-Institut: Anforderungen an die Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten, Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. In: Bundesgesundheitsblatt 04.01.2021, 64: 232-264
  • Umweltbundesamt: Schimmel im Haus, Ursachen, Wirkungen, Abhilfe. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • Umweltbundesamt: Schutzmaßnahmen: Worauf muss ich bei der Entfernung von Schimmel achten?. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • Umweltbundesamt: Wie finde ich eine fachkundige Firma bei Schimmelbefall?. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • Umweltbundesamt: FAQ: Absenkung der Raumtemperatur in Herbst und Winter. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • Umweltbundesamt: Wie Lüfte ich richtig? -Tipps und Tricks zu Schimmelvermeidung. https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)