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Mit dem Körbchen in den Wald: Für viele gehört das Pilzesammeln zum Herbst einfach dazu. Die gefundenen Schätze landen anschließend erst in der Pfanne und dann im Magen - als köstliches Pilz-Ragout mit Knödeln oder etwa als Risotto.

Doch das kann böse enden. Denn so einige Speisepilze haben giftige Doppelgänger. Wer die systematischen Merkmale einer Pilzart nicht kennt und eher auf oberflächliche Merkmale wie Farbe und Größe setzt, greift schnell daneben.

Giftige Doppelgänger des Pfifferlings

So hat etwa der Pfifferling giftige Doppelgänger: den Spitzgebuckelten Raukopf und den Orangefuchsigen Raukopf. Insbesondere kleine Exemplare dieser Giftpilze sehen Pfifferlingen ähnlich.

Eine Vergiftung mit ihnen macht sich durch Durst und starke Nierenschmerzen bemerkbar. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) kann es zwei bis 21 Tage dauern, bis sich Symptome zeigen.

Zu den typischen Verwechslungskandidaten gehört auch der Pantherpilz, der dem Perlpilz ähnelt. Schon fünf Minuten nach dem Verzehr kann der Pantherpilz für Symptome wie Gehstörungen, Krampfanfälle und Rauschzustände sorgen, die sogar ins Koma führen können.

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Vergiftungen meist durch Knollenblätterpilz

«Wenn eine Vergiftung mit einer sehr giftigen Pilzart vorliegt, ist es fast immer der Grüne Knollenblätterpilz», sagt Martin Ebbecke, Leiter des Giftinformationszentrums-Nord (GIZ) in Göttingen.

Das Tückische an so manchem Giftpilz: Er schmeckt sehr gut. «Menschen, die eine Vergiftung mit dem Grünen Knollenblätterpilz überstanden haben, haben mir berichtet, dass der lecker war», sagt Ebbecke, der Facharzt für Innere Medizin und klinischer Toxikologe ist.

Exemplare des Kegelhütigen Knollenblätterpilzes können wenig erfahrene Sammler für einen Champignon halten. Der Grüne Knollenblätterpilz kann auf den ersten Blick essbaren grünen Täublingen ähneln.

Tückisch ist auch, dass sich bei Knollenblätterpilzen die Vergiftungssymptome - Erbrechen und Durchfall - relativ spät bemerkbar machen, erst sechs bis zwölf Stunden nach dem Verzehr. «Das führt dazu, dass man wertvolle Zeit verliert und irreversible Schäden an Organen wie der Leber bereits entstanden sind», sagt Ebbecke.

Mehr Pilzvergiftungen im Herbst

Übrigens: Die Zahl der Pilzvergiftungen hängt auch mit der Witterung zusammen. Die GIZ Nord führt eine Statistik, in der sie die Zahl der Pilzvergiftungen für den Raum Norddeutschland darstellt.

Aufgrund des trockenen Sommers gab es in 2022 bis einschließlich August vergleichsweise wenig Pilzvergiftungen im Vergleich zu den Vorjahren. Doch dann setzte der Regen ein, die Pilze wuchsen und damit stieg bereits im September und Oktober 2022 die Zahl der Pilzvergiftungen an.

Besteht der Verdacht einer Pilzvergiftung, sollte man den Giftnotruf seiner Region wählen oder den Rettungsdienst (112) rufen.

Auf die Lamellen achten

Doch wie kann man sich schützen? „Man kann es nicht oft genug wiederholen: Bitte nur Pilze sammeln, die man sicher bestimmen kann“, sagt Harry Andersson von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Im Zweifel begutachten ehrenamtliche DGfM-Pilzsachverständige wie er die Pilzfunde.

Schon ein kleines Detail am Pilz - die Farbe der Lamellen etwa - kann den Unterschied zwischen Gift- und Speisepilz ausmachen. Nur wer diese Feinheiten kennt, kann seinen Fund guten Gewissens in die Pfanne werfen.

Die unechte Pilzvergiftung

Doch auch nach dem Verzehr eines Speisepilzes kann es einem ziemlich übel gehen. Ein häufiges Problem sind Pilzvergiftungen durch das Verzehren zu alter Fruchtkörper.

Pilze enthalten Eiweiß und verhalten sich daher in Sachen Haltbarkeit eher wie Fleisch und Fisch - und nicht wie Gemüse. Man spricht dann von einer «unechten Pilzvergiftung», die eine Variante der Lebensmittelvergiftung darstellt.

Die ist zwar im Regelfall nicht so dramatisch wie eine Vergiftung durch Giftpilze. Aber auch eine unechte Pilzvergiftung kann angesichts von Durchfall, Übelkeit und Erbrechen im Krankenhaus enden. Daher: Nur einwandfreie und junge Pilze mitnehmen.

Giftige von essbaren Pilzen unterscheiden - einige Anhaltspunkte.

Giftige von essbaren Pilzen unterscheiden - einige Anhaltspunkte.

Keine alten Pilze essen

Tipp: Bei Röhrlingen wie Rotkappen und Steinpilzen sollte der Hut noch fest sein. Das lässt sich bereits vor Ort im Wald feststellen, indem man mit dem Daumen auf den Hut drückt. Bleibt eine Delle zurück, ist der Pilz zu alt.

Wer zu alte Pilze im Wald lässt, tut übrigens nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern sorgt auch für Nachwuchs in der nächsten Pilzsaison. Alte Fruchtkörper tragen nämlich reife Sporen, also sozusagen die «Samen» der Pilze. Wenn diese reifen Sporen im Wald bleiben, können im Folgejahr wieder junge, knackfrische Exemplare entstehen.

Außerdem zu beachten:

  • Pilze sollten bei mindestens 70 Grad durchgegart werden
  • Pilze in einigen Regionen könnten radioaktiv belastet sein. Mehr dazu erfahren sie hier

Achtung vor radioaktiver Belastung

Fast vier Jahrzehnte nach der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl sind vor allem in Bayern viele Pilze weiterhin mit radioaktivem Cäsium belastet. Betroffen seien vor allem Gebiete im Bayerischen Wald, im Donaumoos nahe Ingolstadt sowie Regionen in den Alpen rund um Mittenwald und im Berchtesgadener Land, teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im August 2023 in Salzgitter mit. In diesen Gebieten hatte sich demnach nach der Katastrophe im Jahr 1986 deutschlandweit am meisten radioaktives Cäsium auf dem Boden abgelagert. Jedoch sei selbst in stark betroffenen Regionen nicht jede Pilzart gleichermaßen betroffen, es gebe große Unterschiede.

Nicht alle Pilze sind gleichermaßen belastet

Hohe Werte wurden bei Schnecklingsarten, in Gelbstieligen Trompetenpfifferlingen, Gemeinen Rotfußröhrlingen, Maronenröhrlingen, Mohrenkopfmilchlingen, Ockertäublingen, Rotbraunen Scheidenstreiflingen, Violetten Lacktrichterlingen und in Ziegenlippen gemessen. Nur geringe Konzentrationen ergaben sich dagegen zum Beispiel beim Beutelstäubling, beim Filzröhrling, beim Hasenröhrling, beim sternschuppigen Riesenschirmling oder auch beim Weißen Büschelrasling.

Grenzwerte werden gemessen

Pilze, die in den Handel gelangen, müssen nach Worten von BfS-Präsidentin Inge Paulini Grenzwerte für radioaktives Cäsium-137 einhalten. „Wer selbst Pilze sammelt, ist nicht von diesem Grenzwertgeschützt.“ Ihr Rat: Vor dem Genuss selbst gesammelter Pilze solle man sich gut informieren und sie auch nur in Maßen verzehren.

„Letztlich ist es eine persönliche Entscheidung: Der gelegentliche Verzehr höher belasteter Pilze führt zwar nur zu einer geringen zusätzlichen Strahlendosis. Sie lässt sich aber leicht vermeiden, wenn man potenziell besonders hoch belastete Pilzarten im Wald stehen lässt.“ Zur Einordnung erläuterte das Bundesamt: Ein erwachsener Mensch, der jede Woche eine Mahlzeit aus 200 Gramm Pilzen mit 2000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm verzehre, bekomme dadurch pro Jahr eine zusätzliche Strahlendosis von 0,27 Millisievert. Das entspreche etwa einer Belastung wie bei 20 Flügen von Frankfurt am Main nach Gran Canaria.

Was ist Cäsium-137?

Cäsium-137 kann sich nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) im Knochengewebe einlagern und dort das Erbgut schädigen. Langfristig kann das zu Knochenkrebs und Leukämie führen. Cäsium-137 ist ein radioaktives Isotop, das nicht in der Natur vorkommt. Es entsteht unter anderem bei der Kernspaltung in Kernkraftwerken. Seine Halbwertszeit beträgt circa 30 Jahre: Die Menge, die 1986 in den Boden gelangt ist, hat sich inzwischen mehr als halbiert. Das BfS untersuchte für seinen jährlichen Pilzbericht insgesamt 165 Pilzarten, die an ausgewählten Standorten in Süddeutschland gesammelt worden waren.