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Jedes Kind kostet die Mutter einen Zahn – bloß eine Redensart, oder? Fakt ist: Zähne und Zahnfleisch haben während einer Schwangerschaft einiges auszustehen und werden dadurch nicht gerade gesünder. Aber: Wer regelmäßig zur Zahnärztin oder zum Zahnarzt geht und seine Zähne zu Hause gut pflegt, kann die typischen Probleme verhindern. Darum geht’s:

Schwangere haben häufiger Zahnfleischbluten

„Die hormonellen Umstellungen des Körpers in der Schwangerschaft wirken sich auch auf die Mundhöhle aus“, betont Professor Dr. Dietmar Oesterreich, Zahnarzt in Stavenhagen. Das Zahnfleisch wird aufgelockert und stärker durchblutet. Damit der Körper der Mutter das Baby nicht abstößt, wird außerdem die Immunabwehr ein wenig herabgesetzt. Viren und Bakterien haben so ein etwas leichteres Spiel. Zudem ändert sich die Zusammensetzung der Bakte­rien in der Mundhöhle, die sogenannte Mundflora. Diese ganzen Veränderungen begünstigen Entzündungen und können sich vor allem am Zahnfleisch bemerkbar machen, wie Professorin Dr. Bettina Dannewitz erklärt. Sie ist Oberärztin an der Poliklinik für Parodontologie der Goe­the-Universität in Frankfurt am Main.

Viele werdende Mütter haben eine sogenannte Schwangerschaftsgingivitis – eine Entzündung des Zahnfleischs. „Normalerweise umschließt das Zahnfleisch den Zahn wie eine Manschette und verhindert, dass Bakterien in die Tiefe wandern“, erklärt Dannewitz. Bei einer Gingivitis, die auch unabhängig von der Schwangerschaft häufig vorkommt, ist das Zahnfleisch geschwollen, gerötet und blutet leicht. „Das ist nicht harmlos, lässt sich aber umkehren“, so die Zahnärztin. Ohne Behandlung kann aber eine Parodontitis die Folge sein: Dabei werden die Zahnhaltefasern und der Kieferknochen als Folge der Entzündung zerstört. Zähne werden locker und können sogar ausfallen. Und die Entzündung kann sich über die Mundhöhle hinaus im Körper ausbreiten.

Karies weiterhin gut vorbeugen

Auch Karies kann zum Problem für werdende Mütter werden. Ein Grund: die Heißhungerattacken auf Süßes, die manche Schwangere entwickeln. Der Zucker in Schokolade, Gummibärchen und Co. greift aber nun mal die Zähne an. Hinzu kommt noch ein anderes Problem: Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft. Wenn Magensäure in den Mund gelangt, lösen die Säuren Mineralstoffe aus den Zähnen heraus. Der durch die Schwangerschaft veränderte Speichel kann dem schlechter entgegenwirken – das alles begünstigt Karies. Zahnarzt Dietmar Oesterreich rät: „Nach dem Erbrechen den Mund mit Wasser ausspülen und frühestens nach ­einer halben Stunde die Zähne putzen. Das ist am schonendsten.“

Manchen Schwangeren ist so übel, dass sogar die Zahnbürste im Mund einen Brechreiz auslöst. Ihnen empfiehlt Bettina Dannewitz, mit ­ihrer Zahnärztin oder ihrem Zahnarzt darüber zu sprechen. Als Übergangslösung gibt es zum Beispiel Mundspülungen.

Regelmäßig die Zähne kontrollieren lassen

Besondere Vorsorgeuntersuchungen sind während der Schwangerschaft nicht vorgesehen. Aber die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen weiterhin zweimal jährlich die Kosten für die Kontrolle beim Zahnarzt. Empfehlenswert sei eine Untersuchung zu Beginn der Schwangerschaft oder wenn möglich schon vor der Schwangerschaft, sagt Dannewitz. Einen weiteren Termin planen schwangere Frauen möglichst zum Ende des zweiten Trimesters ein. Dann klärt die Zahnärztin oder der Zahnarzt auch über Mundgesundheit und Zahnpflege beim Kind auf. In vielen Fällen sei auch eine professionelle Zahnreinigung ratsam. Aber: In aller Regel bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen diese nicht, bezuschussen sie aber oft – am besten bei der eigenen Versicherung nachfragen.

Was Bettina Dannewitz wichtig ist: „Viele denken, dass man während der Schwangerschaft nicht zum Zahnarzt gehen sollte. Das stimmt nicht, so werden Probleme verschleppt.“ Vielmehr gehe es darum, Nutzen und Risiken von Behandlungen während der Schwangerschaft besonders gut abzuwägen.

Zähneputzen mit System

Das Wichtigste, um Problemen vorzubeugen oder eine Zahnfleischentzündung zu stoppen, ist eine gute Mundhygiene. Das heißt: morgens und abends Zähneputzen, jeweils mindestens zwei Minuten. Im Idealfall mit System – dann vergisst man keinen Bereich. Zum Beispiel mit der KAI-Technik: Dabei werden zuerst die Kauflächen, dann die Außenflächen und danach die Innenseiten der Zähne gereinigt. Bitte nicht stark schrubben – das schadet den Zähnen auf Dauer. Besser: die Zahnbürste im 45-Grad-Winkel am Zahnfleischrand ansetzen und leicht rütteln. Die Zahnpasta sollte 1000 bis 1500 ppm Fluorid enthalten. Übrigens: „Knapp 40 Prozent der Zahnflächen liegen in den Zwischenräumen – da kommt man mit der Zahnbürste nicht hin“, betont Bettina Dannewitz. „Man braucht also zusätzliche Hilfsmittel wie Zahnseide oder Zahn­zwischenraumbürsten.“

Zahnzwischenräume richtig pflegen

Für die Reinigung der Zahnzwischenräume gibt es Zahnseide oder sogenannte Inter­dentalbürsten. Vorteil von Zahnseide: Bei eng stehenden Zähnen lassen sich mit ihr auch die Kontaktpunkte, wo die Zähne aneinanderstoßen, reinigen. Zur passenden Interdentalbürste lassen Sie sich am besten in der Zahnarztpraxis beraten, denn es gibt verschiedene Größen. Ist das Bürstchen zu klein, reinigt es nicht ausreichend. Ist es zu groß, kann man sich damit verletzen.

Und was hat es nun mit dem Sprichwort auf sich, dass jedes Kind die Mutter einen Zahn kostet? „Statistisch gesehen ist da etwas dran“, sagt Dannewitz. Das ergab etwa eine Studie mit gut 34 000 Teilnehmenden aus 14 europäischen Ländern und Israel. Kurz zusammengefasst: Je mehr Kinder die Frauen hatten, desto größer das Risiko, dass sie im Laufe ihres Lebens ­Zähne verlieren. Väter hatten dieses Risiko nicht.

Deshalb rät Professorin Bettina Dannewitz: „Frauen sollten sich während und nach der Schwangerschaft auch um sich selbst kümmern – damit ist auch die Mundgesundheit gemeint.“


Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Parodontologie: Gesund im Mund / Schwangerschaft. https://dgparo.de/... (Abgerufen am 26.01.2023)
  • Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung: Zahngesundheit während der Schwangerschaft. https://www.kzbv.de/... (Abgerufen am 26.01.2023)
  • Initiative proDente: Zahnpasta. https://www.prodente.de/... (Abgerufen am 26.01.2023)
  • Deutsche Gesellschaft für Parodontologie: Parodontitis. https://dgparo.de/... (Abgerufen am 26.01.2023)
  • Gabel F, Jürges H, Kruk K et al.: Gain a child, lose a tooth? Using natural experiments to distinguish between fact and fiction. Journal of Epidemiology & Community Health: https://jech.bmj.com/... (Abgerufen am 26.01.2023)