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Es beginnt meist mit ein wenig Zahnfleischbluten. Färbt sich der Schaum der Zahnpasta rosa, ist die Ursache eine Entzündung. Hält diese an, lockert sich das eigentlich straffe Zahnfleisch mit der Zeit. Es bildet sogenannte Taschen, in die Bakterien eindringen und sich vermehren. Das Zahnfleisch zieht sich zurück, die Zahnhälse werden freigelegt – und dadurch schmerzempfindlich und anfällig für Karies. Irgendwann geht die Entzündung auf den Kieferknochen über und beginnt, diesen zu zerstören. Zähne lockern sich und fallen aus.

All das kann passieren, wenn eine Parodontitis unbehandelt bleibt. Eine Volkskrankheit, von der jeder zweite Erwachsene in Deutschland betroffen ist. Seit Jahren plädieren Expertinnen und Experten für gezieltere Therapie und bessere Prophylaxe. Im Dezember 2020 hat der Gemeinsame Bundesausschuss reagiert und umfangreichere Kassenleistungen beschlossen.

Applaus für die Reform

„Diese Entscheidung ist ein versorgungspolitischer Meilenstein auf dem Weg zu einer weiteren Verbesserung der Mundgesundheit“, kommentiert Dr. Wolfgang Eßer, der Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung.

So sollen Zahnärztinnen und Zahnärzte jetzt den Grad der Erkrankung samt Therapiebedarf nach vorgegebenen Richtlinien umfassend beurteilen. Auf dieser Basis erstellen sie dann den Heil- und Kostenplan. Wie bislang muss dieser vorab der Kasse zur Genehmigung vorgelegt werden. Je nach Krankheitsstadium beinhaltet die Behandlung neben der vollständigen Entfernung aller Zahnbeläge zum Beispiel Antibiotika-Therapien oder chi­rurgische Eingriffe.

Unterstützende Parodontitistherapie wird Kassenleistung

Neu ist: Die gründliche Diagnose und Reinigung des Zahnhalteapparats im Anschluss an eine Behandlung wird Kassenleistung – die unterstützende Parodontitistherapie (UPT). Die Reinigung erfolgt mit speziellen Instrumenten, die unter den Zahnfleischrand und in vorhandene Taschen reichen – häufig unterstützt durch einen Pulverstrahl und eine anschließende Politur. Wenn nötig, wird auch die Taschentiefe gemessen. Oft endet die Reinigung mit einer Kariesprophylaxe durch Fluorid. Bei einer akuten Entzündung wird zudem das Desinfektionsmittel Chlorhexidin auf die Zähne aufgetragen. Zwei Jahre lang haben Patientinnen und Patienten Anspruch auf die UPT – in Abständen, die ihrem persönlichen Bedarf entsprechen. Eine Verlängerung um weitere sechs Monate ist möglich.

Expertinnen und Experten halten die UPT für einen wichtigen Baustein der Reform. Auch Professorin Nicole Arweiler begrüßt, dass diese Einzug in den Leistungskatalog der Krankenkassen findet. Der geplante Zeitraum sei aber zu kurzfristig gedacht. „Parodontitis ist eine chronische Erkrankung, die wir ein Leben lang im Auge behalten müssen, nicht nur über den Zeitraum von zwei Jahren“, so die Direktorin der Klinik für Parodontologie und periimplantäre Erkrankungen an der Universität Marburg. „Bei uns führen wir diese Behandlung bei Betroffenen alle drei Monate durch – und zwar lebenslang“, sagt Arweiler. Die Kosten allerdings tragen die Behandelten selbst.

Professionelle Zahnreinigung zur Vorsorge muss selbst gezahlt werden

Zur Kasse gebeten werden weiterhin auch diejenigen, die eine sogenannte professionelle Zahnreinigung nur zur Vorsorge durchführen lassen – es sei denn, die Krankenkasse bietet Zuschüsse zu dieser Prophylaxe-Behandlung an. Die Reform bringt hier keine Veränderung. Was aber anders wird: Die Anleitung zur persönlichen Mundhygiene gehört nun fest zur Parodontitis-Behandlung dazu – und wird den Zahnärztinnen und Zahnärzten erstmalig eigens vergütet.

Wie lässt sich einer Parodontitis vorbeugen?

Letztlich ist gute Mundhygiene gar nicht schwer: zweimal täglich Zähne putzen, im Idealfall mit einer elektrischen Zahnbürste. „Mit der richtigen Technik genügt auch eine Handzahnbürste“, sagt Arweiler. „Dann heißt es aber nicht schrubben, sondern am Zahnfleischrand vorsichtig und ohne Druck rütteln.“ Außerdem sollten die Zahnzwischenräume gereinigt werden – mit Zahnseide oder besser noch mit passenden Interdentalbürsten. Über die geeignete Stärke der Bürstchen informiert das Prophylaxeteam der Praxis. Wer das beherzigt und zudem nicht raucht, leistet der Mundgesundheit einen wichtigen Dienst. Denn, wie Arweiler betont: „Der wichtigste Teil der Prophylaxe passiert jeden Tag zu Hause.“

Illustration Parodontose

Parodontitis

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