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Den GAU haben die Substanzen schon hinter sich: Ein Röntgen-Kontrastmittel, das als harmlos gegolten hatte, verursachte bei Patienten reihenweise Leberkrebs. Das ist allerdings 80 Jahre her. Seit 1950 ist das Mittel verboten.

Neue Standards

Auch heute sind die Substanzen, die bei verschiedenen Abbildungstech­niken viele Strukturen erst sichtbar machen, immer mal wieder im Gerede. Doch moderne Kontrastmittel sind besser untersucht, Ärzte benützen kleinere Mengen und beachten diverse Sicherheitskriterien, die Zulassungsbehörden sind wachsamer.

So sind bestimmte Werte bei der Funktion der Nieren die Voraussetzung für die Anwendung bestimmter Kontrastmittel, weil diese die Organe sonst schädigen könnten. Bestimmte Mittel wurden komplett verboten, weil sie sich im Körper ablagern – obwohl unklar ist, ob sie dabei gesundheit­liche Schäden verursachen.

Überblick: Wichtige Kontrastmittel und ihre Funktion

Kontrastmittel sind beim Röntgen und bei der Computer- und Magnetresonanztomografie oft unentbehrlich, um kaum oder gar nicht erkennbare Strukturen darzustellen. Für bestimmte Patienten kommen sie allerdings nicht infrage:

Kontrastmittel für die Com­putertomografie und das Röntgen enthalten meist Jod. Sie können bei eingeschränkter Nierenfunktion schädlich sein, deshalb sollte diese vorher überprüft ­werden. Weil jodhaltige Kontrastmittel eine Überproduktion jodhaltiger Schilddrüsenhormone verur­sachen können, kommen sie bei Patienten mit Schilddrüsen-­Überfunktion nur unter besonderen Vorkehrungen in Betracht.

Eine Nebenwirkung jodhaltiger Kontrastmittel sind allergische Reaktionen. Eine Untersuchung von fast 200 000 ­Patienten in Südkorea ergab: 1192 Patienten (0,6 %) hatten leichte Symptome. Bei 224 Menschen fiel die Allergie schwerer aus, bei 17 Patienten war sie lebensbedrohlich. Todesfälle traten aber nicht auf.

Bei der Magnetresonanztomografie ist der zentrale Bestandteil meist das Metall Gadolinium, das an andere Moleküle gebunden ist. Es kann in seltenen Fällen bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion Fibrosen verursachen, die tödlich enden können. Dabei wird gesundes Gewebe durch Bindegewebe ersetzt. Deshalb muss auch hier die Nierenfunktion vorher überprüft werden. Gadolinium kann sich im Körper ablagern, ­allerdings sind die Folgen noch unklar. Das Risiko gilt als gering, da instabile Kontrastmittel verboten wurden.

Professor Henrik Michaely ist Mitglied einer Arbeitsgruppe, die für die Deutsche Röntgengesellschaft die Sicherheit von Kontrastmitteln bewertet

Professor Henrik Michaely ist Mitglied einer Arbeitsgruppe, die für die Deutsche Röntgengesellschaft die Sicherheit von Kontrastmitteln bewertet

Interview mit Professor Michaely zu Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln

Herr Michaely, Ärzte haben Gadolinium aus Kontrastmitteln im Gehirn und in anderen Körperregionen entdeckt. Wie konnte das passieren?

Gadolinium wird in Kontrastmitteln an Moleküle gebunden. Davon gibt es zwei verschiedene Gruppen. Offenbar bindet eine der beiden Gruppen das Gadolinium nicht immer stabil genug.

Wie gefährlich ist das?

Das kann man nicht endgültig sagen. Manche Menschen etwa mit Kopfweh, Glieder- oder ­Nervenschmerzen führen ihre Beschwerden auf Gadolinium zurück. Es ist nicht beweisbar, dass Gadolinium wirklich die ­Ursache ihrer Beschwerden ist. Ich will es aber auch nicht völlig ausschließen.

Was ist die Konsequenz?

Die Amerikaner halten die ­Gefahr für so unwahrscheinlich, dass sie sämtliche Gadolinium-Kontrastmittel weiterhin einsetzen. Die Zulassungsbehörde in Europa hingegen ist vorsichtiger, sie hat fast alle Mittel der unstabilen Gruppe verboten. Diese Maßnahme mag vielleicht etwas übertrieben sein, aus Sicht der Patienten kann man sie aber ­begrüßen.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin warnt Patienten davor, aus überzogener Angst die Kontrastmittel­gabe zu verweigern. Der Nutzen überwiegt das Risiko, wenn bestimmte Vorgaben eingehalten werden.

Der typische Weg eines ­Kontrastmittels durch den Körper

In diesem Beispiel weist eine Computertomografie mit Kontrastmittel auf eine Krebs-Metastase in der Leber hin. Das CT-Bild ermöglicht zur Abklärung zudem eine gezielte Biopsie, ehe das Kontrastmittel wieder ausgeschieden wird.

Über eine Vene wird dem Patienten Kontrastmittel injiziert.

Es gelangt mit dem Blut schnell in die Leber. Dort reichert es sich an und macht im CT einen verdächtigen Herd (weißer Fleck) sichtbar.

Das Kontrastmittel gelangt, zum Teil über die Lymph-Flüssigkeit, wieder ins Blut, das zum Herzen abfließt.

Das Herz pumpt einen großen Teil des Bluts durch die Nieren. Dort wird das Kontrastmittel ausgefiltert.

Über den Harn wird das Kontrastmittel ausgeschieden.

Fazit

Kontrastmittel bergen Risiken und sollten nur eingesetzt werden, wenn sie für eine Diagnose oder die Therapiesteuerung eindeutig benötigt werden. Ein Verzicht darauf kann jedoch oft gefährlicher sein als die Mittel selbst, wenn zum Beispiel ein Tumor oder eine behandelbare Metastase nicht erkannt wird.