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Krankenhausessen – allein der Begriff löst bei vielen Unbehagen aus. Ob fade, wässrig oder geschmacklos, nur selten loben Patientinnen und Patienten das Essen in der Klinik. Doch nicht nur der Geschmack lässt zu wünschen übrig. Woran es liegt, was sich ändern müsste.

Warum gibt es oft kein hochwertiges Krankenhausessen?

Fünf Euro für einen ganzen Tag – so viel Geld steht den Kliniken für das Patientenessen zur Verfügung. „Ein winziger Betrag“, sagt Prof. Dr. Matthias Pirlich, Internist und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin. „In Anbetracht dessen kann man die Küchenteams sogar bewundern, was sie überhaupt alles zubereiten.“ Es fehlt also an Geld, um den Patientinnen und Patienten überhaupt ein qualitativ hochwertigeres Essen anzubieten.

Ein weiteres Problem: Der Ernährungszustand der Patientinnen und Patienten wird nicht berücksichtigt. „Viele kommen schon mangelernährt ins Krankenhaus, oder können nicht selbständig essen“, sagt Pirlich. Ihm zufolge reiche die Energiedichte der Mahlzeiten nicht aus und die Pflegekräfte haben keine Zeit, die Patienten beim Essen zu unterstützen.

Wie könnte Krankenhausessen besser werden?

Experten wie Matthias Pirlich und medizinische Fachgesellschaften fordern: Ernährung in Kliniken muss besser organisiert werden. Krankenhäuser in Deutschland sind nicht verpflichtet, beim Essen bestimmte Qualitätsstandards einzuhalten, oder den Ernährungszustand der Patientinnen und Patienten zu erfassen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Kliniken zwar zum Beispiel, saisonale Lebensmittel aus der Region zu verwenden, verpflichtend sind die Empfehlungen aber nicht. Offenbar halten nur vier Prozent aller Kliniken die Leitlinien der DGE ein.

Wie verbessert sich also die Ernährung im Krankenhaus? Laut Pirlich müssen Kliniken die Pflegekräfte ernährungsmedizinisch schulen. Sie sollen in der Lage sein, den Ernährungsstatus neuer Patienten direkt aufzunehmen. „Das benötigt nur wenige Minuten und wird in etlichen Einrichtungen bereits erfolgreich umgesetzt“, so Pirlich. Im Anschluss könne man mangelernährten Patienten gezielt helfen. Außerdem müsse der Betrag von fünf Euro pro Patient am Tag erhöht werden. Nur so können die Küchen die Qualität des Essens steigern.

Wird eine Mangelernährung behandelt, verkürzt sich die Liegezeit der Patienten.

Wie profitieren auch die Kliniken von besserem Essen?

Schulungen für Pflegekräfte, hochwertigere Lebensmittel – all das kostet Geld, das laut Pirlich an anderer Stelle wieder gespart wird: „Wenn eine Mangelernährung in der Klinik behandelt wird, verkürzt sich in den allermeisten Fällen auch die Liegezeit der Patienten.“ Die Gesundheit der Patienten verbessert sich.

Eine großangelegte Studie aus der Schweiz mit mehr als 2000 stationären Patienten zeigt: Die Todesrate nach 30 Tagen Klinik-Aufenthalt war bei Patienten rund ein Drittel niedriger, wenn Sie einen Speiseplan von Ernährungsfachleuten bekommen haben. „Durch den besseren klinischen Verlauf und die geringeren Behandlungskosten können die Kosten sogar insgesamt gesenkt werden“, betont Pirlich.

Sollte der Staat eingreifen?

Obwohl das Problem schon länger bekannt ist, tut sich wenig beim Krankenhausessen. Deshalb fordert die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin mit anderen großen Fachgesellschaften in einer Stellungnahme, dass der Staat eingreift. Die Politik solle verbindlich regeln, wie deutsche Kliniken die Ernährung der Patienten managen sollen. Pirlich hält den Zeitpunkt der Forderung für richtig: „Die aktuell laufende Krankenhausreform ist eine gute Gelegenheit, um verbindliche Qualitätsstandards für ein Ernährungsmanagement in den Kliniken zu schaffen.“

Ob die Patienten-Ernährung bald besser organisiert wird, oder der Staat eingreift, das werden die kommenden Monate und Jahre zeigen. Fest steht: Ernährung soll zentraler Teil im klinischen Alltag werden. „Davon profitieren besonders die Schwerkranken, die länger im Krankenhaus liegen“, sagt Pirlich.


Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE: DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kliniken. https://www.station-ernaehrung.de/... (Abgerufen am 15.01.2024)
  • Schuetz P, Fehr R, Baechli V et al.: Individualised nutritional support in medical inpatients at nutritional risk: a randomised clinical trial. THE LANCET: https://www.thelancet.com/... (Abgerufen am 15.01.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM): Ernährungsmedizin im Krankenhaus stärken. https://www.dgem.de/... (Abgerufen am 15.01.2024)