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Die Stärkung der Pflege scheint der Ampelkoalition ein Anliegen zu sein, hat doch die Corona-Pandemie gezeigt, welche Schwächen das Gesundheitswesen hat und wie unabkömmlich gut ausgebildete Pflegekräfte sind: „Wir wollen einen Aufbruch in eine moderne sektorübergreifende Gesundheits- und Pflegepolitik und ziehen Lehren aus der Pandemie, die uns die Verletzlichkeit unseres Gesundheitssystems vor Augen geführt hat“, bekräftigen die Koalitionäre in ihrem Papier. Weiter versprechen sie: „Wir verbessern die Arbeitsbedingungen der Gesundheitsberufe und Pflegekräfte.“

Der Senioren Ratgeber hat sich den Koalitionsvertrag angeschaut und gibt einen Überblick darüber, was die zukünftige Regierung anpacken will:

Pflegekräfte in der Corona-Pandemie

Als Anerkennung für ihre „herausragende Leistung“ während der Pandemie sollen Pflegekräfte in Krankenhäusern, Heimen und anderen Einrichtungen vom Bund eine Milliarde Euro erhalten. Bis zu 3000 Euro pro Person wird der Corona-Bonus auch steuerfrei bleiben.

Bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege

Für Pflegekräfte, durch die Pandemie extrem belastet, sollen sich „schnell und spürbar die Arbeitsbedingungen verbessern.“ Die Koalition plant nicht nur in Kliniken verbindliche Personalbemessungen. Auch für Pflegeheime sollen sie entwickelt werden. Die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2,0) – von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Deutschen Pflegerat und der Gewerkschaft Verdi entwickelt – soll kurzfristig als Übergangsinstrument eingeführt werden. Nach ersten Schätzungen stünden damit rein rechnerisch pro Patient rund acht Prozent mehr Pflegezeit zur Verfügung.

Gerechtere Bezahlung und familienfreundliche Arbeitszeiten

Außerdem versprechen die Koalitionäre, Pflegekräfte in der Altenpflege besser zu bezahlen. Das zukünftige Bündnis will die „Gehaltslücke zwischen Kranken- und Altenpflege“ schließen. Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, möchte es auch Zuschläge steuerfrei zahlen und einen Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten einführen.

Vergütung für Pflegefachkräfte in der Ausbildung

Die akademische Pflegeausbildung soll gemeinsam mit den Bundesländern gestärkt werden. „Dort, wo Pflegefachkräfte in Ausbildung oder Studium bisher keine Ausbildungsvergütung erhalten, schließen wir Regelungslücken“, steht im Koalitionsvertrag.

Zudem soll es einen neuen, nicht näher beschriebenen akademischen Pflegeberuf geben: die "Community Health Nurse" – übersetzt Gemeindekrankenschwester.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, wollen die Koalitionäre die Gewinnung von ausländischen Fachkräften vereinfachen und beschleunigen. Auch die Anerkennung von im Ausland erworbener Berufsabschlüsse soll künftig schneller gehen.

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#RettetDiePflege

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Eigenanteile für Heime sollen begrenzt werden

Den finanziell immer stärker zur Kasse gebetenen Heimbewohnern soll mittelfristig nicht nur mit Zuschüssen, sondern mit einer Deckelung geholfen werden: „Wir werden in der stationären Pflege die Eigenanteile begrenzen und planbar machen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Die zum 1. Januar 2022 in Kraft tretende Regelung zu prozentualen Zuschüssen zu den Eigenanteilen soll beobachtet werden. Zudem will die Ampel prüfen, wie der Eigenanteil weiter abgesenkt werden kann.

Neue Wohnformen

Die Ampelparteien haben sich auch darauf verständigt, das Sozialgesetzbuch XI um „innovative quartiernahe Wohnformen“ zu erweitern und gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen eine Förderung zu ermöglichen. Es wird nicht näher darauf eingegangen, was damit gemeint ist. Denkbar sind zum Beispiel neue Modelle von betreutem Wohnen. Zudem wollen die künftig Regierenden den bedarfsgerechten Ausbau der Tages- und Nachtpflege sowie insbesondere der Kurzzeitpflege unterstützen.

Pflegeversicherung auf dem Prüfstand

Den Beitrag zur Pflegeversicherung planen die künftig Regierenden „moderat“ anzuheben. Das Ampelbündnis will prüfen, „die soziale Pflegeversicherung um eine freiwillige, paritätisch finanzierte Vollversicherung zu ergänzen, die die Übernahme der vollständigen Pflegekosten umfassend absichert“. Dazu soll eine Expertenkommission bis 2023 konkrete und „generationengerechte“ Vorschläge machen. Die private Pflegeversicherung soll „vergleichbare Möglichkeiten“ erhalten. Dass es tatsächlich zu einer konkreten Umsetzung kommt, ist in dieser Legislaturperiode mit der FDP als Koalitionspartner nicht zu erwarten. Da aber sowohl SPD als auch die Grünen die Pflege-Bürgerversicherung in ihren Wahlprogrammen stehen hatten, bleiben sie am Thema dran.

Pflegegeld soll erhöht werden

Die Ampelparteien planen, dass das Pflegegeld den Preissteigerungen angepasst wird. „Wir dynamisieren das Pflegegeld ab 2022 regelhaft“, steht im Papier. Plus: „Wir entwickeln die Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetze weiter und ermöglichen pflegenden Angehörigen und Nahestehenden mehr Zeitsouveränität, auch durch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten.“

Entlastungsbudget soll kommen

Leistungen wie die Kurzzeit- und Verhinderungspflege sollen in einem flexiblen Entlastungsbudget mit Nachweispflicht zusammengefasst werden. Hierdurch soll die häusliche Pflege gestärkt und auch Familien von Kindern mit Behinderung sollen einbezogen werden.

Behandlungspflege wandert in Krankenversicherung

Menschen in Intensivpflege müssen auch künftig nicht ins Heim, sondern dürfen weiter frei über ihren Wohnort entscheiden, versprechen die Koalitionspartner. Die sogenannte Behandlungspflege wandert von der Pflege- in die Krankenversicherung.

Digitalisierung – auch im Pflegebereich

Einen Schwerpunkt setzt die zukünftige Bundesregierung auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Auch die Pflege soll in Zukunft stärker eingebunden sein. Die Digitalisierung könne unter anderem „zur Entlastung bei der Dokumentation, zur Förderung sozialer Teilhabe und für therapeutische Anwendungen“ genutzt werden, heißt es in dem Papier.

Mehr Einfluss im Gemeinsamen Bundesausschuss

Die Koalitionäre wollen mit einer bundesweiten Befragung aller professionell Pflegenden Erkenntnisse darüber gewinnen, wie die Selbstverwaltung der Pflege in Zukunft organisiert werden kann. Zudem soll der Deutsche Pflegerat als Stimme der Pflege im Gemeinsamen Bundesausschuss und anderen Gremien gestärkt werden. Für diese Aufgabe soll er eine finanzielle Unterstützung erhalten. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das mächtigste Gremium im Gesundheitswesen: Hier wird unter anderem entschieden, welche Therapien Kassenleistungen sind, und welche Qualitätsanforderungen Einrichtungen des Gesundheitswesens erfüllen müssen.

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