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Das Gehirn kann bis ins hohe Alter Nervenverbindungen neu verknüpfen und stärken – wenn sie genutzt werden. Studien zeigen, dass bestimmte Trainingsprogramme das Arbeitsgedächtnis und die Konzentration verbessern können. In diesen Programmen muss man beispielsweise am Bildschirm rasch mehrere gleiche Formen entdecken oder sich an Memory-Karten erinnern, die zu einem Überbegriff passen.

Kleine bis mittlere Effekte zu beobachten

Dr. Anja Ophey erforscht, ob solche Trainings tatsächlich einen Effekt haben. Bisher konzentrierte sie sich auf die Wirksamkeit für Menschen mit Parkinson und gesund Alternde. „Wir können durch das kognitive Training kleine bis mittlere Effekte auf die Kognition beobachten“, sagt die Psychologin vom Uniklinikum Köln. „Dafür wird eine Trainingszeit von mindestens zehn Stunden empfohlen, die auf mehrere Sitzungen über einige Wochen verteilt werden.“

Prof. Daniela Roesch Ely, Leiterin der Ambulanz für Kognitives Training am Uniklinikum Heidelberg, versucht, diese Effekte zu verstärken. Sie arbeitet mit Menschen, die an psychischen Krankheiten leiden. Neben der laufenden Behandlung trainieren diese ihre Hirnfunktionen. „Zusätzlich üben sie mit uns, wie sie ihre Schwächen kompensieren können, beispielsweise mit Gedächtnistechniken. Und wie sie das Gelernte in den Alltag übertragen.“

Kein Wundermittel

Viele Behandelte sind froh, dass es das Training gibt. Roesch Ely erinnert sich an eine Patientin mit einer depressiven Episode, die ein fünfwöchiges kognitives Training absolvierte. Anfangs konnte sie sich beim Lesen nur eine halbe Stunde lang konzentrieren, sie vergaß Details aus Gesprächen und schilderte auch Schwierigkeiten im Beruf. Nach dem kognitiven Training sagte sie: „Die Konzentration ist wieder da und ich kann mir Dinge wieder viel besser merken.“

Sowohl Ophey als auch Roesch Ely erleben, dass einige Menschen nur mäßig und manche gar nicht von den Trainings profitieren. „Manche verschlechtern sich gar während der Trainingszeiträume“, sagt Ophey. Zwar ist nicht anzunehmen, dass das Training direkt schadet, laufende Abbauprozesse kann es aber nicht immer aufhalten.

Das richtige Programm finden

Besonders wahrscheinlich wird man enttäuscht, wenn man von vornherein ein ungeeignetes Programm verwendet. Denn der Markt für Gehirnjogging-Programme wuchert, neben seriösen Angeboten gibt es viele, die reine Geld- und Zeitverschwendung sind. „Ich würde immer prüfen, ob es sich bei dem Angebot um ein wissenschaftlich fundiertes Programm handelt“, rät Ophey. Unseriöse Programme verraten sich oft durch hanebüchene Versprechen wie etwa eine enorme Intelligenzsteigerung.

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Auch sehr wenige, einseitige Übungen sind ein negatives Zeichen. Roesch Ely rät ohnehin davon ab, auf eigene Faust nach einem Programm zu suchen, wenn man das Gefühl hat, geistig rascher abzubauen als Altersgenossen. Darüber solle man unbedingt mit einer Ärztin oder einem Arzt sprechen. Denn dahinter könnten auch ein Nährstoffmangel, eine Durchblutungs-störung oder andere Probleme stecken, die man dringend medizinisch behandeln sollte.

Apps auf Kassenkosten

Wenn Fachpersonen dann zu dem Schluss kommen, dass tatsächlich kognitive Einschränkungen bestehen, können sie eine passende App sogar auf Kassenkosten verschreiben und Rat geben, was dem Gehirn sonst noch guttut. Die besten Effekte zeigten kognitive Trainings in Studien nämlich, wenn sie mit anderen Therapien kombiniert wurden. Bewegung, genügend Schlaf und eine Ernährungsberatung sind wichtige zusätzliche Bausteine.