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Meine Kunden kommen oft mit solchen Anliegen: „Guten Tag Frau Hundertmark! Ich habe gelesen, dass von diesem Mittel meine Gelenksentzündungen verschwinden. Es scheint keine Nebenwirkun- gen zu haben und deshalb würde ich es gerne kaufen. Oder: Ein junger Vater betritt im Notdienst aufgeregt meine Apotheke: „Mein Sohn hustet fürchterlich. Meine Frau und ich haben die halbe Nacht nicht geschlafen. Gibt es da vielleicht etwas Natürliches? Zum Beispiel Globuli?“

Vielleicht kennen Sie das aus eigener Erfahrung: Sie haben eine vielversprechende Werbung gesehen und das vom Hersteller angepriesene Mittel suggeriert Ihnen Hoffnung auf nebenwirkungsfreie, erfolgsversprechende Wirkung. Oder eine vertraute Person empfiehlt etwas. Und Sie selber wissen nicht so recht.

Objektive und unabhängige Beratung

Was erwarten Sie in diesen Situationen? Sie wollen von einem Arzneimittelprofi ehrlich und auf Grundlage wissenschaftlich anerkannter Studien beraten werden, erwarten auch, dass er von etwas vielleicht Fraglichem abrät und eine seriöse Alternative anbietet. Und, dass er Sie im Zweifel an einen Arzt verweist. Apotheker sind von keiner Firma und keinem Hersteller abhängig. Wir handeln in Eigenverantwortung und zum Wohle unserer Kunden.

Wie berate ich Sie? Zunächst höre ich meinem Kunden intensiv und konzentriert zu, um zu verstehen, um was es in seinem individuellen Fall geht.

Nicht alle Medikamente erbringen die versprochene Wirksamkeit

Im Laufe des Gespräches registriere ich häufig, dass bei näherer Betrachtung des gewünschten Mittels eine nachgewiesene pharmakologische Wirkung nicht gegeben sein kann, weil z.B. keine Wirkstoffe in den Arzneimitteln enthalten sind oder meinem Kunden Fehl- bzw. Falschinformationen durch Dritte vorliegen.

Denn: Nicht alle Hersteller sind von Gesetzes wegen in der Pflicht für ihre Medikamente – selbst wenn sie offiziell den Status Arzneimittel tragen – einen durch klinische Studien belegten Wirksamkeitsnachweis zu erbringen. Ich als Apothekerin weiß das. Sie als Laie nicht immer.

Natürlich heißt nicht gleich Naturheilkunde

Außerdem fällt mir im Gespräch häufig auf, dass viele Mittel, nur weil sie ‚natürlich‘ klingen oft mit Naturheilkunde verwechselt werden. Das betrifft z.B. Mittel der sogenannten besonderen Therapierichtungen wie Homöopathika, Bachblüten und anthroposophische Mittel.

Dann kommt es zu Dialogen wie diesen: “Frau Hundertmark, auf diesem Globuli-Fläschchen steht Arnica! Ist da kein Arnica drin?“ „Leider nein. Ich würde Ihnen diesen Sachverhalt gerne erklären. Darf ich?“ „Ja, sehr gerne!“

Objektive Information für informierte Kaufentscheidung

Den effizienten Nutzen dieser Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen hinterfrage ich stets und kommuniziere ihn gegenüber meinem Kunden, damit er seine persönlich richtige Kaufentscheidung treffen kann, denn nur ein objektiv informierter Kunde hat die Möglichkeit, dies zu tun.

Im Grunde genommen ist es zu einer meiner Kernaufgaben als Apothekerin geworden, meine Kunden durch den verworrenen Dschungel der unübersichtlichen und vielversprechenden Arzneimittelangebote zu führen.

Was wirkt? Was kann weg? Ich weiß das als Arzneimittelfachfrau und sortiere es für Sie aus. Evident, ehrlich und kompetent. Vor drei Jahren habe ich mich dazu entschlossen einen von Evidenz geprägten Weg für meine Apotheke zu gehen.

Mehr Platz in den Regalen

Ich habe sämtliche Präparate der Homöopathie aus meinem Sorti­ment entfernt. Diesen Schritt habe ich mir lange überlegt. Welche Konse­quenz würde diese Entscheidung für mich als selbständige Apothekerin ha­ ben? Könnten mich meine Kunden, die mir vertrauen, missverstehen? Die Homöopathie ist ein explosives The­ma und hat viel mit Gefühlen und Glauben zu tun. Im Sommer 2018 war ich dann mutig genug, meine Regale homöopathiefrei zu räumen. Ich habe keine Globuli mehr auf Lager, weil sie keine bewiesene Wirkung über den Placeboeffekt hinaus haben. Wer sie verlangt, dem bestelle ich sie – nach Aufklärung.

Durch meine einsame Entscheidung habe ich keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Im Gegenteil. Es kommt viel Zuspruch. Manchmal stei­ gen sogar Leute auf der Durchreise mit dem Zug in Weilheim aus, um mein Team und mich zu besuchen und kurz „Hallo! (Toll und weiter so!)“ zu sagen. Das bedeutet mir sehr viel.

Mehr zum Thema evidenzbasierte Medizin können Sie in der Ausgabe unseres Magazins lesen, die ab 1. September 2021 in den Apotheken ausliegt.

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Evidenzbasierte Medizin: Wissen, was wirkt

Warum wissenschaftliche Erkenntnisse bei der Suche nach der bestmöglichen Behandlung so wichtig sind, und wie heutzutage evidenzbasierte Studien durchgeführt werden zum Artikel