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Rund 60 bis 80 Prozent der Menschen, so schätzt die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, haben vor dem Zahnarztbesuch ein mulmiges Gefühl. Etwa fünf Prozent haben so viel Angst, dass sie den Termin komplett vermeiden. Sie leiden unter der sogenannten Zahnbehandlungsphobie. Erst wenn die Schmerzen unerträglich werden oder die Zähne sichtbar beschädigt sind, sehen viele Betroffene ein, dass sie den Praxisbesuch nicht länger aufschieben können.

Unwohlsein beim Zahnarzt

Einige Praxen bieten spezielle Behandlungen für Betroffene an. So soll Hypnose die Patientinnen und Patienten in einen Entspannungszustand versetzen und die Angst während der Zahnbehandlung reduzieren. Manche Menschen hätten aber eine falsche Vorstellung davon, wie eine zahnärztliche Hypnose ablaufe, sagt Professor Thomas Wolf, der selbst Hypnosen durchführt. Er ist Oberarzt an der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin an der Universität Bern und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose. So werde niemand während der Hypnose willenlos gemacht. Die Patientinnen und Patienten bekommen jedes Wort mit. „Auch ein Pendel, wie man es zum Beispiel aus Shows kennt, kommt bei der medizinischen Hypnose normalerweise nicht vor“, sagt Wolf.

Ziel ist es vielmehr, in den Köpfen der Betroffenen positive Bilder entstehen zu lassen und so die Aufmerksamkeit von der Behandlung wegzuführen. Deshalb werden Patientinnen und Patienten zu Beginn der Hypnose oft nach drei Wörtern gefragt, die sie mit Entspannung in Verbindung bringen. Diese Wörter fließen dann in die Hypnose mit ein. Manche sind in Gedanken im geliebten Ferienhaus, andere am Strand oder bei einer Bergtour.

So läuft eine Hypnose ab

„Im Grunde ist die Hypnose eine Art Selbsthypnose. Ich leite nur an“, sagt Thomas Wolf. Bei der zweiten Behandlung würden die Einführungsworte manchmal schon ausreichen, um entspannter durch die Behandlung zu kommen. Die Methode käme für sehr viele infrage. Wichtig sei eine gute Vorstellungskraft und Konzentrationsfähigkeit. Dennoch räumt Wolf ein: „Eine zahnärztliche Hypnose ist entspannend, aber keine Wellnessbehandlung. Wenn die Angst sehr groß ist, überweise ich bei Bedarf auch an einen Psychotherapeuten.“

Ob eine Hypnose hilft, hängt davon ab, ob die oder der Betroffene nur etwas ängstlich ist oder unter einer behandlungsbedürf­tigen Phobie leide, sagt Professor Hans-Peter Jöhren, Leiter der Zahnklinik an der Augusta-­Kranken-Anstalt in Bochum und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde: „Bei Patienten mit leichter Angst ist es einen Versuch wert, weil es dazu beitragen kann, die Behandlung angenehmer zu gestalten.“

Bislang konnte laut aktueller Studienlage nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass die Hypnose wirkt. Die Leitlinie zur Zahnbehandlungsangst rät Menschen mit einer Phobie von einer zahnärztlichen Hypnose ab. So ist nach derzeitigem Wissensstand etwa unklar, ob Betroffene nach einer Hypnose den nächsten Termin tatsächlich wahrnehmen oder doch eher vermeiden. Hinzu kommt, dass Hypnose nicht die Ur­sache der Angst behandelt.

Oft hilfreicher: kognitive Verhaltenstherapie

Es gibt jedoch andere Therapieverfahren, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Den größten Erfolg erzielen Betroffene mit einer kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei geht es unter anderem darum, die Ursache der Phobie zu ermitteln und negative Gedankenspiralen zu durchbrechen. In der Regel umfasst die Verhaltenstherapie bei Zahnbehandlungsangst nicht mehr als drei bis fünf Sitzungen. Für rund 70 Prozent der Betroffenen ist es danach möglich, eine Zahnbehandlung abzuschließen. Die Krankenkassen kommen in der Regel für die Kosten auf.

Studien deuten darauf hin, dass Menschen mit einer Zahnbehandlungsphobie oft auch weitere Angsterkrankungen haben. „Die Behandlung der Zähne ist das eine, die Behandlung der Angststörung das andere“, sagt Jöhren. Deshalb gehöre eine Phobie unbedingt in die Hände von Expertinnen und Experten.

Diese Tipps erleichtern die Zahnbehandlung:

  • Am besten eine Zahnarztpraxis suchen, die auf Patientinnen und Patienten mit Angst spezialisiert ist.
  • Bereits bei der Terminvereinbarung darauf hinweisen, dass man Angst hat.
  • Beim ersten Termin sollte man nur ein Beratungsgespräch führen. Ein Angstfragebogen kann helfen, den individuellen Angstgrad zu ermitteln.
  • Legen Sie ein Zeichen fest, bei dem die Behandlung sofort unterbrochen wird – etwa Handheben.
  • Entspannende Musik kann die Angst und auch das Schmerzempfinden reduzieren.

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Quellen:

  • Arbeitskreis Psychologie und Psychosomatik in der DGZMK (AKPP), Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK): Zahnbehandlungsangst beim Erwachsenen, S3-Leitlinie (Langversion). Online: https://secure.owidi.de/... (Abgerufen am 15.02.2023)
  • Wolf T, Schläppi S, Benz C et al.: Efficacy of Hypnosis on Dental Anxiety and Phobia: A Systematic Review and Meta-Analysis. National Library of Medicine: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 17.02.2023)
  • Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose e.V.: Hypnose in der Zahnmedizin. Online: https://dgzh.de/... (Abgerufen am 13.02.2023)
  • R+V: Die Angst vor dem Zahnarzt in den Griff bekommen . Online: https://www.ruv.de/... (Abgerufen am 27.02.2023)
  • Universitätsmedizin Greifswald: Angebote für Angstpatienten. Online: https://www.dental.uni-greifswald.de/... (Abgerufen am 23.02.2023)
  • Hans-Peter Jöhren: Die alte Angst vor der Zahnmedizin. Das Dentale, Quintessenz Verlags-GmbH: https://www.zahnklinik-bochum.de/... (Abgerufen am 01.03.2023)