Krebs: Bedürfnis selbst etwas zu tun
Frau Hübner, Sie beraten Krebspatienten, die nicht nur auf Schulmedizin setzen wollen. Mit welchen Fragen kommen sie?
Ein Teil der Patienten sucht Möglichkeiten, sich selbst und das Immunsystem zu stärken. Andere haben konkrete Anliegen, weil ihnen Nebenwirkungen zu schaffen machen. Die dritte Gruppe hofft auf eine Wunderwaffe gegen den Krebs.
Sie haben kürzlich Studien zur Komplementärmedizin bei Krebs gesichtet. Wie realistisch sind die Erwartungen Ihrer Patienten?
Die Erwartungen unterscheiden sich sehr. Teilweise sind sie unrealistisch. Manche wünschen sich etwa, den Tumor damit zu heilen. Da müssen wir ehrlich sein: Studiendaten gibt es hierzu nicht. Komplementärmedizin kann unterstützen, die Lebensqualität bessern und die Therapie begleiten.
Sport etwa hat positive Effekte.
Sport ist tatsächlich das Beste und zwar für jeden Patienten in jeder Situation. In jeder Beratung, in jedem Patientenvortrag spreche ich zuerst über Bewegung und ausgewogene Ernährung und darüber, wie sehr Krebspatienten davon profitieren. Beides verbessert nachweislich die Lebensqualität und auch die Prognose.
Es geht also auch um das eigene Wohlbefinden?
Das ist ganz entscheidend. Komplementärmedizin unterstützt den Patienten in seinem Bedürfnis, selber aktiv zu werden und etwas gegen seine Erkrankung zu tun. Einzelne Maßnahmen sind auch geeignet, Nebenwirkungen der Therapie zu lindern.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Mein Lieblingsbeispiel ist der Ingwer. Ein Tee aus frischer Ingwerwurzel ersetzt nicht die Medikamente gegen Übelkeit vom Onkologen, kann aber oft zusätzlich eingesetzt werden. Ingwer passt nicht zu jedem Übelkeitsmedikament. Deshalb ist es gut, vorher den Onkologen zu fragen.
Viele denken: Was sanft und natürlich ist, schadet nicht.
Das ist ein Denkfehler, den nicht nur Patienten machen, sondern auch viele Ärzte. Alles, was etwas mit dem Körper macht, kann auch Schaden anrichten.
Was raten Sie Krebspatienten?
Sie sollten sich gut informieren! Und vorher den Onkologen fragen, ob das komplementärmedizinische Verfahren parallel zu ihrer Tumortherapie möglich ist. Wenn man das Gefühl hat, dass der Onkologe das nicht richtig zur Kenntnis nimmt, kann man auch den Apotheker fragen.
Wie erkennen Patienten seriöse Angebote?
Erstens: Unseriös ist, wer behauptet, „Das Mittel ist ganz sanft, hat keine Nebenwirkungen, wirkt in jeder Tumorsituation und heilt nebenbei Aids, Rheuma und Diabetes.“
Zweitens: Verdächtig ist auch, wenn man gebeten wird, keinesfalls mit seinem Arzt darüber zu sprechen.
Und drittens: Wenn Sie unterschreiben sollen, dass Sie aufgeklärt sind, dass die vorgeschlagene Therapie nicht dem Standard oder den Leitlinien entspricht, und Sie das ausdrücklich wünschen und auch privat bezahlen.