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Wahrscheinlich hat sich jeder von uns schon einmal damit infiziert: Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Atemwegserkrankungen – also ein klassisches Erkältungsvirus.

Bei Säuglingen und Kleinkindern sowie bei älteren Menschen kann es schwere Infektionen der unteren Atemwege verursachen. „Laut internationalen Daten, etwa aus Schweden, Großbritannien oder den USA, erkrankt knapp ein Prozent der Menschen über 65 jährlich an RSV. Einer von tausend in dieser Altersgruppe muss aufgrund seiner RSV-Infektion im Krankenhaus behandelt werden – einer von zehntausend verstirbt“, erklärt Professor Klaus Überla, Direktor des Virologischen Instituts am Universitätsklinikum Erlangen und Sprecher der RSV-Arbeitsgruppe der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut.

Bei Kindern ist eine Infektion mit RSV einer der häufigsten Gründe für eine Behandlung im Krankenhaus und kann auch tödlich sein. Bisher gibt es keine gut gegen das Virus wirkende Therapie. Und es war zunächst lediglich ein passiver Impfstoff aus Antikörpern verfügbar – etwa für Säuglinge, die zu bestimmten Risikogruppen gehören. Dieser musste während der Erkältungssaison gespritzt werden.

Zwei aktive Impfstoffe gegen RSV

Die ersten Impfstoffe für Erwachsene wurden vergangenes Jahr in der Europäischen Union zugelassen. Bereits Anfang Juni 2023 bekam ein Impfstoff die Zulassung für Menschen ab 60 Jahren. Er schützt zu rund 82,6 Prozent davor, an RSV zu erkranken und zu 94,1 Prozent vor einem schweren Verlauf. Die Impfung ist inzwischen in Deutschland erhältlich.

„Zum Vergleich: Eine Impfung gegen Grippe schützt Personen ab 65 Jahren nur zu circa 30 bis 70 Prozent vor einem schweren Verlauf“, sagt Professor Überla. „Das liegt daran, dass sich das Grippevirus verändert und der Impfstoff im Vorfeld aufgrund von Schätzungen für die nächste Saison angepasst wird.“ Das RSV-Virus komme als Subtyp A und B vor, die ziemlich stabil seien. „Zudem machen weiterentwickelte Techniken die RSV-Impfstoff-Kandidaten immunogener. Sie aktivieren die Körperabwehr also wirkungsvoller und gezielter als die Grippe-Impfstoffe.“

Ende August 2023 folgte dann die Zulassung eines weiteren Impfstoffes ebenfalls für Erwachsene ab 60 Jahren – sowie auch für Schwangere, um ihrem Baby bis sechs Monate nach der Geburt einen Nestschutz zu bieten. Der Impfstoff wurde an 3.695 Schwangeren sowie an 18.488 über 60-Jährigen getestet – mit jeweils einer ähnlich großen Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt. Die Ergebnisse: Bei den Säuglingen der geimpften Schwangeren waren bis 180 Tage nach der Geburt schwere RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege reduziert. Der Schutz lag nach drei Monaten bei 81,8 Prozent, nach sechs Monaten bei 69,4 Prozent. Bei den älteren Erwachsenen reduzierte der Impfstoff Atemwegserkrankungen mit zwei oder mehr Symptomen zu 66,7 Prozent und mit drei oder mehr Symptomen zu 85,7 Prozent.

Erster mRNA-Impfstoff zugelassen

Ende August 2024 hat die Europäische Kommission den mRNA-Impfstoff von Moderna gegen RSV für Erwachsene über 60 Jahren zugelassen. Die Marktzulassung basiert auf den Daten der klinischen Phase-3-Studie ConquerRSV, einer Studie, die in 22 Ländern an rund 37.000 Erwachsenen im Alter von 60 Jahren oder älter durchgeführt wurde.

Es handelt sich dabei um den ersten mRNA-Impfstoff, der in der EU für eine andere Krankheit als Covid-19 zugelassen wurde.

Impf-Empfehlung der Stiko auch für Ältere

Die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts empfiehlt seit August 2024 nun auch für die Risikogruppe der Älteren eine einmalige Impfung vor der RSV-Saison als Standardimpfung mit den Wirkstoffen Arexvy und Abrysvo. Im Juni hatte die Stiko bereits für Säuglinge einen Antikörper-Wirkstoff zum Schutz vor RSV empfohlen.

Ziel sei die Verringerung von Atemwegsinfektionen mit RS-Viren nun auch bei Menschen ab 75 Jahren sowie bei Menschen ab 60 Jahren, die in Pflegeeinrichtungen sind oder ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Dazu zählen Menschen mit schweren Formen chronischer Erkrankungen der Atmungsorgane, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie bestimmten Tumorerkrankungen, chronischen neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus mit Komplikationen oder schweren Immundefizienzen. Leichte oder durch Medikamente gut kontrollierte Formen dieser Behandlungen gehen nach dem Stand der Wissenschaft nicht mit einem schweren RSV-Krankheitsverlauf einher.

Die RSV-Impfung sei keine jährliche Impfung, heißt es in der Veröffentlichung. Es könne noch keine Aussage zur Notwendigkeit von Wiederholungsimpfungen getroffen werden. Die RSV-Impfung könne gleichzeitig mit der saisonalen Grippe-Impfung verabreicht werden. Für einen optimalen Schutz in der RSV-Saison sollte die Impfung im Spätsommer oder Herbst erfolgen.

„In den Studien für die Zulassung zeigt eine einzige Impfdosis einen Immunschutz vor schweren Verläufen für mindestens ein Jahr“, erklärt Professor Überla. „Die gemessenen Antikörperspiegel nach der Impfung sind aber zehnfach höher als die Antikörperspiegel nach einer RSV-Infektion ohne Impfung.“ Deshalb könne man vermuten, dass der Immunschutz durch die Impfung deutlich länger als ein Jahr anhält.

Empfehlung für Schwangere steht weiterhin aus

Säuglinge können unabhängig von Vorerkrankungen eine Atemwegserkrankung durch RSV bekommen. „Deshalb wäre es für alle Schwangeren sinnvoll, sich impfen zu lassen“, so Schwarz. Überla ist da noch vorsichtiger: „Zur RSV-Impfung in der Schwangerschaft sind die Daten für eine abschließende Nutzen-Risiko-Bewertung noch nicht ausreichend, sodass es aus meiner persönlichen Sicht zu früh für konkrete Empfehlungen ist.“

Solange keine Stiko-Empfehlung vorliegt, sollten sich Schwangere deshalb von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu Nutzen und Risiken beraten lassen und individuell entscheiden, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht.


Quellen:

  • Ärzteblatt: EU-Kommission lässt mRNA-Impfstoff gegen respiratorisches Synzytial-Virus zu. Ärzteblatt: https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 26.08.2024)