Kehldeckelentzündung (Epiglottitis)
Was ist eine Epiglottitis?
Eine Entzündung des Kehldeckels (Epiglottis) tritt oft bei Kleinkindern auf, kann aber genauso auch ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreffen. Auslöser sind üblicherweise Bakterien, typisch ist besonders der Keim Haemophilus influenzae Typ B.
Im Rahmen der Entzündung schwillt der Kehldeckel an, sodass er den Rachen und den Eingang zum Kehlkopf einengen kann. Dadurch kann es zu Schwierigkeiten und Schmerzen beim Schlucken kommen. Die Atmung kann ebenfalls beeinträchtigt oder sogar stark eingeschränkt sein. Innerhalb kurzer Zeit kann durch die rasch zunehmende Entzündung der Kehlkopfeingang so stark eingeengt werden, dass der Erstickungstod droht.
Seit der Einführung einer Impfung gegen Haemophilus influenzae B ist die Zahl der Erkrankungen mit dem Bakterium kontinuierlich zurückgegangen. Die ständigen Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für alle Kinder.
Symptome
Typische Symptome einer Kehldeckelentzündung sind:
- hohes Fieber
- Schmerzen beim Schlucken
- kloßige Aussprache
- im weiteren Verlauf zunehmende Atemnot
- eventuell pfeifendes Geräusch beim Einatmen (inspiratorischer Stridor)
Die Betroffenen können zum Teil aufgrund der Schmerzen und des geschwollenen Kehldeckels nicht einmal ihren eigenen Speichel schlucken, weshalb er ihnen manchmal aus dem Mund rinnt. Die Erkrankung nimmt oft einen raschen Verlauf, der Zustand des Betroffenen kann sich innerhalb kürzester Zeit merklich verschlechtern. Dies trifft vor allem bei Kindern zu.

Haemophilus influenzae: Ein typischer Erreger der Kehldeckelentzündung
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Ursachen und Risikofaktoren
Hinter einer Epiglottitis steckt praktisch immer eine Infektion mit Bakterien. Ein typischer Erreger, insbesondere bei Kleinkindern, ist Haemophilus influenzae Typ B (HiB). Die Ansteckung mit dem Bakterium erfolgt über Tröpfchen, die von Infizierten zum Beispiel ausgehustet und von anderen Personen über die Schleimhäute aufgenommen werden (Tröpfcheninfektion). Im Rahmen der Infektion entzündet sich der Kehldeckel. Dabei schwillt die Schleimhaut in diesem Bereich an, so dass der Kehldeckel mehr Raum als sonst einnimmt. Dadurch kann sowohl das Schlucken als auch das Luftholen beeinträchtigt werden. Bei Erwachsenen können auch beispielsweise Pneumokokken und Streptokokken eine Epiglottitis auslösen.
Besonders häufig sind Kinder bis zum siebten Lebensjahr von einer Epiglottitis betroffen, 50 Prozent der erkrankten Kinder sind zwischen zwei und vier Jahren alt. Bei ihnen führen die engen anatomischen Verhältnisse im Rachenbereich dazu, dass die Schwellung des Kehldeckels sich besonders rasch negativ auf die Atmung und das Schlucken auswirkt.
Diagnose
Ein schneller Krankheitsbeginn mit hohem Fieber, Schluckbeschwerden und kloßiger Aussprache sowie im weiteren Verlauf pfeifendem Atemgeräusch beim Einatmen (inspiratorischers Stridor) und Atemnot, ist typisch für eine Epiglottitis. Der herbeigerufene Arzt wird bei entsprechenden Krankheitszeichen sofort an eine Kehldeckelentzündung denken.
Die Diagnose lässt sich mit einem Blick in den Rachen klären. Doch dabei ist absolute Vorsicht geboten: Bei einer Kehldeckelentzündung ist die Atmung durch die Schwellung der Schleimhaut erschwert. Ein zusätzlicher Reiz, wie zum Beispiel durch eine Rachenuntersuchung, bei der mit einem Spatel auf die Zunge gedrückt wird, kann dann bereits eine vollständige Atemwegsverlegung (Laryngospasmus) zur Folge haben. Daher sollte eine Untersuchung des Rachens nur stattfinden, wenn die Möglichkeit einer Sicherung der Luftzufuhr durch das Einführen eines Schlauches in die Luftröhre (Intubation) besteht.
Therapie
Beim Verdacht auf eine Epiglottitis möglichst schnell einen Arzt alarmieren, bei Atemnot unbedingt den Notarzt rufen. Zu langes Abwarten kann riskant sein: Eine Epiglottitis ist eine mitunter lebensbedrohliche Erkrankung. Die größte Gefahr geht von der Möglichkeit aus, dass sich der Kehlkopf vollständig verschließt und keine ausreichende Sauerstoffversorgung mehr gewährleistet ist. Notfalls muss der an einer Kehldeckelentzündung Erkrankte über einen Schlauch künstlich beatmet werden. Steht diese Möglichkeit nicht rasch genug zur Verfügung kann ein Luftröhrenschnitt (Koniotomie) unter Umständen lebensrettend sein.
Kinder und Erwachsene mit Epiglottitis sollten sich nicht hinlegen, sondern sitzen bleiben. Im Liegen fällt der Kehldeckel nämlich zurück und kann den Kehlkopfeingang damit noch leichter verschließen.
Die Behandlung einer Epiglottitis erfolgt üblicherweise im Krankenhaus. Gegen Haemophilus influenzae B und andere Bakterien, die eine Epiglottitis hervorrufen können, helfen Antibiotika, welche die Vermehrung der Keime hemmen oder diese sogar abtöten. Die Gabe des Antibiotikums sollte zumindest die ersten Tage über die Vene erfolgen. Abschwellend auf den Kehldeckel wirkt auch Kortison, das in hoher Dosierung verabreicht werden muss.
Vorbeugen
Ist die erkrankte Person ausreichend medizinisch versorgt, sollten alle Mitglieder des Haushalts vorbeugend mit Antibiotika behandelt werden, um eine Verbreitung der Kehldeckelentzündung auszuschließen. Zudem sollten alle Kleinkinder, die engen Kontakt zu dem Erkrankten gepflegt haben, vorbeugend Antibiotika erhalten.
Eine Impfung gegen Haemophilus infleunzae B ist möglich. Das Bakterium kann neben einer Epiglottitis unter anderem auch eine Hirnhautentzündung (Meningitis) hervorrufen. Die ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung gegen Haemophilus infleunzae B für alle Säuglinge ab dem dritten Lebensmonat. Erfolge sind bereits sichtbar: Die Zahl der Erkrankungen ist seit der Einführung der Impfung im Jahr 1990 deutlich zurück gegangen.

Unser Experte: Professor Friedrich Bootz
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Beratender Experte
Professor Dr. Friedrich Bootz ist Hals-Nasen-Ohrenarzt. Er war von 1987 bis 1989 als Oberarzt und von 1989 bis 1995 als leitender Oberarzt an der Universitäts-HNO-Klinik in Tübingen tätig. 1991 habilitierte er sich. Ab 1995 war er Universitätsprofessor und Klinikdirektor in Leipzig und anschließend ab 2002 an der Universität Bonn. Im Jahre 2007 war er Präsident und von 2009 bis 2012 war er Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. 2010 wurde ihm von der Universität Timisoara in Rumänien die Ehrendoktorwürde verliehen, seither hat er dort auch eine Gastprofessur inne.
Wichtiger Hinweis:
Diagnose und Behandlung eines Patienten sind dem Arzt vorbehalten. Diese Informationen können den Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen. Sie können aber ergänzende Hinweise liefern und Sie bei der Vorbereitung auf den Arzttermin unterstützen. Die medizinische Wissenschaft entwickelt sich ständig weiter und führt zu neuen Erkenntnissen in Diagnostik und Therapie. Die hier gemachten Angaben entsprechen dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Die Beantwortung individuell eingesandter Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.