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Warum wird darüber geredet?

Ein kürzeres Leben, Herz- und Gefäßerkrankungen, Alzheimer und weitere Leiden – für all das könnte die häufigste Erbgutveränderung, die bei Männern im Lauf des Lebens auftritt, mitverantwortlich sein: der Verlust des Y-Chromosoms.

Im Juli 2022 lieferte eine Studie Hinweise für ursächliche Zusammenhänge mit Herzschwäche. Forscherinnen und Forscher zeigten an Mäusen, wie der Schwund des Y-Chromosoms das Organ schädigen könnte. Was dabei herauskam, erklären die folgenden Grafiken. Professorin Elisabeth Zeisberg vom Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen hält es für wahrscheinlich, dass die ­neuen Daten auf den Menschen übertragbar sind. Denn die krankhaften Prozesse sind ähnlich. Und die Analyse der britischen Biobank ergab: Männer, die in mindestens 40 Prozent ihrer Blutzellen den Y-Schwund aufwiesen, hatten ein um 41 Prozent erhöhtes Risiko, in den folgenden sieben Jahren zu sterben. Der Effekt war besonders groß beim Tod durch Herzleiden. „Männer erkranken deutlich öfter an den häufigsten Herzerkrankungen als Frauen“, so Zeisberg. Der Y-Schwund könne den Unterschied teilweise erklären.

Der Verlust des Y-Chrosoms steigert womöglich das Risiko, Herzschwäche zu erkranken. Die Grafik zeigt, wie Immunzellen krankhafte Prozesse befeuern könnten.

Das könnte eine Folge davon sein

Der Verlust des Y-Chromosoms steigert womöglich das Risiko, an Herzschwäche zu erkranken. Die Grafik zeigt, wie Immunzellen krankhafte Prozesse befeuern könnten.

Was haben die Männer davon?

Aus der Studie ergibt sich ein Ansatz, neuartige Medikamente zu entwickeln. So konnten die krankhaften Veränderungen in den Tieren mit einem experimentellen Wirkstoff zum Teil behoben werden. Und sollte sich erhärten, dass der Y-Schwund bei Männern tatsächlich ein erhöhtes Risiko für Herz- und Gefäßleiden und auch noch weitere Erkrankungen anzeigt, könnten Medizinerinnen und Mediziner ausgewählte Patienten auf diese Erbgutveränderung hin untersuchen und gegebenenfalls intensiver betreuen. Doch das ist Zukunftsmusik.

Für Professor Andreas Zeiher ergibt sich eine naheliegendere Konsequenz. „Nun gilt es zu klären, welche Risikofaktoren zum Verlust des Y-Chromosoms beitragen. Sind das dieselben, die auch Herz- Kreislauf-Erkrankungen begünstigen?“, fragt sich der vorherige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Zeiher denkt da an Bewegungsmangel, Übergewicht, Bluthochdruck und schlechte Blutwerte. An Rauchern wurde bereits gezeigt: Tabakgifte befeuern den Y-Schwund. Je mehr Zigaretten, desto größer der Anteil an Blutzellen mit diesem Schaden. Immerhin: Der Rauch-Stopp kann das rückgängig machen.

Offen bleibt, ob weitere Gewohnheiten ­einen Einfluss auf das Y-Chromosom haben. Falls ja, hätten Männer einen zusätzlichen Anreiz, gesünder zu leben. Sie würden damit auch etwas gegen Erbgutschwund tun.

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Quellen:

  • Miyado M, Fukami M.: Losing maleness: Somatic Y chromosome loss at every stage of a man's life. In: FASEB Bioadv. : 02.04.2019, https://doi.org/...
  • Thompson DJ, Genovese G, Halvardson J et al.: Genetic predisposition to mosaic Y chromosome loss in blood. In: Nature: 20.11.2019, https://doi.org/...
  • Sano S, Horitani K, Ogawa H et al. : Hematopoietic loss of Y chromosome leads to cardiac fibrosis and heart failure mortality. In: Science : 14.07.2022, https://doi.org/...
  • Zeiher A, Braun T.: Mosaic loss of Y chromosome during aging. In: Science: 14.07.2022, https://doi.org/...
  • Dumanski JP, Rasi C, Lönn M, et al. : Mutagenesis. Smoking is associated with mosaic loss of chromosome Y. In: Science: 04.12.2014, https://doi.org/...