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Frau Dellert, wenn die Louisa von 2013 heute Ihr Instagram-Profil sehen würde, was würde sie denken?

Die würde denken: Schön, dass du dich weiterentwickelt hast! Sie wäre positiv.

Damals waren Sie Mitte 20, erfolgreiche Fitness-Influencerin, haben exzessiv Sport getrieben. Ein Alter, in dem sich viele für unverwundbar halten. Ging es Ihnen auch so?

Ja! Ich dachte, das, was ich erreichen will, das schaffe ich auch. Sonst wäre ich ja nie so mit meinem Körper umgegangen. Ich habe mich super-unverwundbar gefühlt. Ich dachte, ich kann alles rocken.

Damals begannen Ihre Herzprobleme. Wie haben die sich angekündigt?

Erst mal gar nicht. Ich habe sehr viel abgenommen und wirklich viel zu viel Sport gemacht. Dreimal am Tag, ohne Pause. Meinem Körper hat das nicht gutgetan, aber ich habe es einfach nicht gemerkt. Bis ich im Fitness-Studio umgekippt bin. Nicht nur einmal, sondern dreimal. Letztlich haben mein Vater und mein damaliger Freund gesagt: Wir haben das lange genug mitgemacht, jetzt gehst du zum Arzt. So habe ich auch gemerkt: Irgendetwas stimmt nicht. Aber ich wäre nicht darauf gekommen, dass es mit meinem Herzen zu tun hat.

Kaum ein Gedanke erscheint einem mit Mitte 20 ferner. Ich dachte, der Arzt sagt: Machen Sie mal ein bisschen Pause und dann geht das wieder. Bis mir der Kardiologe eröffnete, dass ich ein Loch in der Herzklappe habe.

Welche Gefühle hat diese Diagnose in Ihnen ausgelöst?

Ich konnte gar nicht damit umgehen. Ich bin aus der Praxis raus und habe heulend meinen Vater angerufen. Drei Wochen später wurde ich operiert. Ich hatte große Angst vor der Operation. Ich war vorher nie im Krankenhaus gewesen. Und plötzlich führt man Gespräche über die Risiken einer Narkose. Das war alles zu viel für mich.

Und nach der OP?

Das Schlimmste ist überstanden, aber das Verarbeiten dieser Erfahrung fängt ja erst an. Die ersten Tage lag ich einfach nur auf meinem Zimmer und musste erst mal klarkommen. Ich konnte mich nicht bewegen, weil der Brustkorb aufgeschnitten worden war. Es war klar, ich würde länger keinen Sport machen können. Zu Hause habe ich angefangen zu begreifen, was das bedeutet. Nämlich, dass ich mein Leben umstellen muss. Das war ein Scheiß-Gefühl.

Hat jemand – Arzt, Familie, Freunde – gesagt: Das lag am exzessiven Sport?

Der Kardiologe hat betont: Das Loch war schon da. Man kann nicht sagen, dass es durch meine Fitness-Sucht entstanden ist – aber er sagte schon, der exzessive Sport wird begünstigt haben, dass es so groß wurde. Das ist mir auch wichtig zu sagen: Meine Herzklappe wurde nicht durch den exzessiven Sport beschädigt. Nein, das Loch war schon vorher da. Es war Glück im Unglück, dass es sich bemerkbar gemacht hat.

Hätten Sie Ihren Lebensstil auch ohne diesen Einschnitt geändert?

Das werde ich oft gefragt. Ich würde behaupten: nein. Ich glaube, ich hätte weitergemacht. Ich war so von mir selbst überzeugt und dem, was ich mache. Selbst Freunde und Familie konnten da nichts sagen. Ich weiß nicht, wozu das geführt hätte.

Was hat Ihnen nach der OP geholfen?

Mit Freunden darüber zu sprechen und eine Therapie, die ich angefangen habe. Ich kann gar nicht sagen, warum, aber diese Herz-OP hat emotional sehr viel bei mir aufgewühlt, auch aus der Kindheit. Auf einmal habe ich über Sachen nachgedacht und geweint, von denen ich gar nicht wusste: Wo kommt das her? Die Therapie hat mir dabei sehr geholfen.

War die Fitness-Sucht in der Therapie ein Thema?

Klar, aber gar nicht mal so lange, weil ich relativ schnell akzeptiert habe, dass ich keinen Sport mehr machen kann. Und das hat sich gut angefühlt. Nicht mehr diesen Druck zu spüren, trainierte Bauchmuskeln zu haben und jeden Tag gut auszusehen.

Das klingt, als wäre es ganz gut gewesen, dass sozusagen eine höhere Macht auf die Bremse getreten ist und Sport erst mal nicht möglich war.

Ja, aber ich möchte da nicht falsch verstanden werden: Rückblickend war die Herz-OP das Beste, was mir passiert ist. Weil ich verstanden habe, dass mein Lebensstil nicht gesund war. Aber ich würde niemandem empfehlen: Steh mal eine Herz-OP durch, damit du keine Sportsucht mehr hast. Nach der OP war ich echt dankbar, dass ich noch hier bin. Das alles hat dazu geführt, dass Sport bei mir kein Thema mehr war.

Sie zeigen Ihre OP-Narbe auch offen auf Instagram. Hatten Sie von Anfang an so wenig Berührungsängste?

Nein. Ich habe mich davor geekelt, meine Narbe anzufassen. Ich habe auch immer Gänsehaut gekriegt, wenn mein Freund die Narbe berührt hat. Das war ganz schlimm. Heute macht mir das gar nichts mehr. Inzwischen möchte ich die Narbe nicht mehr missen. Sie gehört zu mir, sie erzählt eine Geschichte. Ich fände es komisch, wenn sie nicht da wäre.

Wie haben Ihre Follower auf die Geschichte Ihrer Herz-OP und die Fotos Ihrer Narbe reagiert?

Durchweg positiv. Viele waren auch dankbar, dass ich mit allem so offen umgehe: nicht nur mit der Narbe, sondern auch mit meiner Sportsucht vor der OP. Ich habe viel Zuspruch bekommen, vor allem Frauen haben geschrieben: Hey Lou, ging mir ähnlich, gut, dass du das ansprichst.

Wie sorgen Sie heute für ich selbst?

Im Moment zu wenig. Ich belaste meinen Körper, schlafe zu wenig, arbeite zu viel. Ich müsste wirklich mehr für mich und meinen Körper sorgen. Mir mehr Zeit für mich nehmen, es nicht allen recht machen wollen. Ich muss besser für mich sorgen, da befinde ich mich gerade im Lernprozess.

Und haben Sie schon etwas gelernt?

Dass Menschen, wenn ich einmal Nein sage, irritiert sind, weil sie das so gar nicht von mir kennen. Weil ich sonst immer zusage, auf alle Anfragen eingehe. Vor allem im Beruflichen. Doch Nein sagen zu können ist wichtig. Aber das ist wohl ein lebenslanger Lernprozess.

Wenn Sie sich heute Bilder von der Louisa von damals anschauen, vor der Herz-Operation, was möchten Sie Ihr sagen?

Gar nichts. Denn nur, weil es so passiert ist, wie es nun mal passiert ist, konnte ich diese Erfahrungen sammeln. Jetzt kann ich da reflektiert drüberschauen. Ich möchte im Nachhinein nichts ändern. Alles ist so gekommen, wie es gekommen ist, und ich glaube, nur so bin ich daran gewachsen und zu der geworden, die ich heute bin.

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