Kraft, Beweglichkeit, Entlastung: Gut zu Fuß mit Diabetes
Pipppi Langstrumpf legt sich am liebsten mit den Füßen auf dem Kopfkissen schlafen – weil sie so nachts gut mit den Zehen wackeln kann. Mal ehrlich: Kennen Sie ältere Menschen, die öfter mit ihren Zehen wackeln? Eher nicht. Als Erwachsene betrachten wir unsere Füße meist als reine Werkzeuge: zum Stehen, Gehen, Laufen. Sie haben zu funktionieren. Dass wir dafür mit zunehmendem Alter etwas tun müssen, vergessen wir oft. „Bindegewebe, Sehnen und Bänder büßen Geschmeidigkeit ein, die Muskeln bauen ab“, erklärt Dr. Jan-Peter Goldmann, Experte für Biomechanik und Orthopädie von der Deutschen Sporthochschule Köln.
Die eigenen Füße beobachten
Wir müssen also aktiv werden, um Kraft und Beweglichkeit zu erhalten. Sonst werden wir unsicher beim Gehen und riskieren Stürze. Was tun? Pippi mit ihrem Zehenwackeln ist ein Vorbild: Sie bewegt ihre Füße und schaut, was passiert. Experte Goldmann rät: „Setzen Sie sich auf einen Stuhl. Beugen, strecken und spreizen Sie Ihre Zehen. Beobachten Sie dabei, wie die Bewegungen aussehen.“ Sie merken schnell, was gut geht und was nicht.
Mit Druck für mehr Kraft
Am dringendsten benötigen viele ältere Füße mehr Kraft. Goldmanns Top-Übung für Anfänger: aufrecht stehen, die Füße hüftbreit auseinander. Zehen fünf Sekunden lang fest in den Boden drücken, dabei nicht krallen. Kurz entlasten, wieder drücken. Fünfmal wiederholen. In einer weiteren Runde versuchen Sie nun, die Fußinnenränder zu heben, während Sie die Zehen nach unten drücken. Das kräftigt die Muskeln für das Fußgewölbe.
Die Zehen bewusst überstrecken
Wer Diabetes hat, muss besonders dann viel für die Füße tun, wenn Nerven und Gefäße geschädigt sind. Denn diese Veränderungen schwächen unter anderem die Fußmuskeln, so dass häufig Krallenzehen entstehen. Eine gute Ausgleichsübung ist, die Zehen bewusst zu überstrecken. So geht’s: die Zehen im Sitzen so weit wie möglich nach oben ziehen. Die Bewegungen der Zehen dabei genau beobachten“, empfiehlt Goldmann.
Ohne Schuhe unterwegs
Auch barfuß zu gehen tut gut. Bevor Sie loslaufen, nutzen Sie jedoch die Diabetes-Vorsorgetermine, bei denen Ärztin oder Arzt prüfen, ob Nerven und Gefäße intakt sind. Falls ja, können Sie die Schuhe auch mal ausziehen.
Füße profitieren von bequemen, atmungsaktiven Modellen: breit genug am Vorderfuß und etwa einen Zentimeter länger als der Fuß. Vorteilhaft ist außerdem eine weiche und flexible Sohle. Sportexperte Goldmann erklärt: „Die Füße können so natürlich abrollen und sich selbst stützen.“ Das hält sie kräftig. Bei Diabetes kann spezielles Schuhwerk nötig sein. Besprechen Sie das mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.
Mit dem Ball gegen dicke Beine
Auch zu Hause können Sie Ihre Füße fit halten. Legen Sie einen Tennisball oder eine Flasche unter Ihre Füße und rollen Sie ihre Sohlen darüber aus, auch die Innen- und Außenkanten. Das hilft, Sehnen, Bänder und Bindegewebe geschmeidig zu halten. „Zudem regt es den Lymphfluss von der Basis her an“, erklärt Podologin Ruth Trenkler aus Regensburg. Vor allem im Sommer ist das eine Wohltat gegen geschwollene Füße.
Wer mehr tun möchte, dem rät Trenkler: Füllen Sie eine flache Kiste mit runden und glatten Steinen und stellen Sie diese vors Waschbecken. Während des morgendlichen Zähneputzens barfuß hineinsteigen, auf der Stelle treten und die wohltuende Massage genießen.
Hautpflege nach Maß
Zum Rundum-Wohlfühlpaket gehört auch eine gute Fußpflege. Gesunde Haut ist widerstandsfähiger gegen Pilz- und andere Infektionen. Im Alter wird die Haut trockener. Daran angepasste Produkte müssen also her. Inhaltsstoffe wie Urea (Harnstoff) helfen der Haut, Feuchtigkeit zu speichern. Ein insgesamt höherer Fettgehalt unterstützt trockene Haut ebenfalls. Bei Diabetes ein Muss: Inspizieren Sie Ihre Füße täglich und gehen Sie bei Auffälligkeiten sofort zum Arzt.
Lassen Sie sich bei der Wahl der Pflegeprodukte in der Apotheke oder von medizinischen Fußpflegerinnen beraten, die Ihren Hautzustand beurteilen können. „Nicht jedes Produkt ist für jeden gleich gut“, betont Podologin Trenkler. Nicht vergessen: Ihre Füße tragen Sie durchs Leben. Deshalb senden Sie ihnen doch mal ein kleines Zeichen Ihrer Wertschätzung: Wackeln Sie mit den Zehen!
Quellen:
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG): Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2-Diabetes: Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen. https://ag-fuss-ddg.de/... (Abgerufen am 05.04.2023)
- International Working Group of the Diabetic Foot: IWGDF Guidelines on the prevention and management of diabetic foot disease, (Deutsche Übersetzung). https://ag-fuss-ddg.de/... (Abgerufen am 05.04.2023)