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Statistisch tritt bei einem von 18.000 Kindern ein Retinoblastom auf. Es kann angeboren sein oder meist im Säuglings- oder Kleinkindalter auftreten. Bei über 80 Prozent der betroffenen Kinder stellt man die Erkrankung vor dem vierten Lebensjahr fest. Bei frühzeitiger Therapie sind die Heilungsaussichten gut.

Welche Symptome verursacht ein Retinoblastom?

Solange die Tumoren klein sind, bereiten sie keine Beschwerden.  Häufig fällt als erstes Symptom unter bestimmten Lichteinflüssen ein  weißer Lichtreflex auf der Pupille auf (zum Beispiel auf Fotos). Wenn  Retinoblastome das Netzhautzentrum beeinträchtigen, fangen die Kinder an  zu schielen.  Tritt eines dieser beiden Symptome auf, muss kurzfristig ein Augenarzt  aufgesucht werden, um ein Retinoblastom auszuschließen. Hinter diesen  Symptomen können aber auch andere, teils ebenfalls bedrohliche  Augenerkrankungen stecken.

Retinoblastom: Was sind die Ursachen?

Das Retinoblastom gehört zu den embryonalen Tumoren. Das bedeutet: Der Tumor geht von sehr unreifen Zellen aus, sogenannten Stammzellen in der Netzhaut des Auges. Diese Zellen heißen Retinoblasten. Aus diesen Zellen bildet sich der Augentumor.

Voraussetzung für die Erkrankung ist eine Veränderung in der Erbsubstanz, den Genen. Genauer gesagt: Es tritt eine Veränderung im sogenannten Retinoblastom-Gen auf. Jeder Mensch besitzt zwei Kopien dieses Gens. Damit der Augentumor entstehen kann, müssen beide Gen-Kopien verändert sein. Das kann auf unterschiedlichem Weg geschehen:

  • Erbliche Form: Bei der erblichen Form ist eine der beiden Genveränderungen bereits in der Erbanlage vorhanden. Eine Genkopie trägt also das veränderte Gen. Das kann entweder von den Eltern ererbt sein (familiäre Form). Dann sind in der Familie oft noch weitere Personen betroffen. Oder die Genveränderung ist in den Keimzellen – also Eizelle, Samenzelle – neu entstanden. Dann finden sich in der Familiengeschichte meist keine anderen Betroffenen. In beiden Fällen tragen alle Zellen im Körper des Kindes die (eine) veränderte Erbinformation.

    Kommt nun in einer Netzhautzelle des Auges noch die zweite Genveränderung hinzu, entsteht das Retinoblastom. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt,  ist bei der erblichen Form relativ hoch. Unter solchen Umständen  entstehen daher häufig mehrere Tumoren. Es sind überwiegend beide Augen betroffen (bilaterales Retinoblastom) oder in einem Auge sind mehrere  Tumoren vorhanden (unilateral mulitfokales Retinoblastom). Ein gewisses  Erkrankungsrisiko wird bei der erblichen Form an die Nachkommen weitergegeben.
  • Nicht-erbliche Form: Die zwei Genveränderungen, die zu einem Retinoblastom führen, können auch beide spontan – also nicht erblich – auftreten. Im Unterschied zur erblichen Form gehen die zwei Veränderungen in diesem Fall von einer einzigen Netzhautzelle des Auges aus. Aus dieser veränderten Zelle entwickelt sich der Tumor. Anders ausgedrückt: Die genetischen Veränderungen sind nur in den Tumorzellen vorhanden, nicht in den übrigen Körperzellen. Bei der nicht-erblichen entsteht in der Regel nur ein einziger Tumor. Für die Nachkommen ist das Erkrankungsrisiko üblicherweise nicht erhöht.

60 Prozent der Retinoblastome betreffen beide Augen, 40 Prozent sind auf ein Auge beschränkt. In der Regel sind beidseitige Retinoblastome erblich. In seltenen Fällen kann das aber auch bei einseitigen Retinoblastomen der Fall sein. Welche Form des Tumors vorliegt – erblich oder nicht-erblich – kann meist mit Hilfe genetischer Untersuchungen ermittelt werden.

Wie wird ein Retinoblastom festgestellt?

Die wichtigste Maßnahme ist die Untersuchung des Auges mit weitgetropfter Pupille durch einen erfahrenen Augenarzt. Um optimale Untersuchungsbedingungen zu schaffen ist eine Narkose notwendig. Findet der Arzt tatsächlich ein Retinoblastom, sind bildgebende Untersuchungen wie eine Ultraschalluntersuchung oder eine Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) erforderlich. Sie zeigen, wie weit sich der Tumor ausgebreitet hat. Daneben sucht der Arzt nach der Ursache der Erkrankung. Handelt es sich um ein erbliches Retinoblastom, ist auch eine augenärztliche Untersuchung der Geschwister des betroffenen Kindes wichtig.

Wie behandelt man ein Retinoblastom?

Unbehandelt führen Retinoblastome zur Erblindung. Durch Ausbreitung und Streuung von Tumorzellen werden sie zur lebensbedrohlichen Erkrankung. Ziel der Therapie ist die Heilung des betroffenen Kindes. Gleichzeitig möchte man die Sehkraft so gut wie möglich erhalten.

Es gibt zahlreiche Verfahren, ein Retinoblastom zu behandeln. Infrage kommt eine Entfernung des betroffenen Augapfels (Enukleation), insbesondere wenn nur ein Auge betroffen ist. Weitere Möglichkeiten sind Behandlung mit Laser oder Kälte (Photokoagulation oder Kryotherapie), radioaktive Implantate (Brachytherapie), Strahlentherapie und Chemotherapie.

Beratender Experte: Professor Dr. Norbert Bornfeld, Zentrum für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Essen, Direktor der Abteilung für Erkrankungen des hinteren Augenabschnitts

Beratender Experte: Professor Dr. Norbert Bornfeld, Zentrum für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Essen, Direktor der Abteilung für Erkrankungen des hinteren Augenabschnitts

Die Auswahl des Verfahrens hängt neben der Ursache, Größe und Ausbreitung  des Retinoblastoms davon ab, ob ein oder beide Augen betroffen sind und  wie viel Sehvermögen an einem betroffenen Auge noch erhalten ist.  Häufig kommen in Therapiekonzepten verschiedene Verfahren zur Anwendung.

Welche Prognose hat ein Retinoblastom?

Wie die meisten bösartigen Erkrankungen im Kindesalter können auch  Retinoblastome schnell wachsen. Die Prognose ist umso besser, je früher  die Behandlung beginnt.

Ohne Therapie ist die Erkrankung lebensbedrohlich. Dank moderner  Diagnose- und Therapieverfahren ist jedoch bei über 95 Prozent der  betroffenen Kinder eine langfristige Heilung möglich.

Kinder mit einem erblichen Retinoblastom können nach einem – zunächst  – einseitigen Retinoblastom innerhalb einiger Monate auch noch ein  Retinoblastom auf am andern Auge bekommen. Entsprechende  Kontrolluntersuchungen sind daher notwendig. Außerdem tragen diese  Kinder auch ein erhöhtes Risiko, an manchen anderen Tumoren wie zum Beispiel einem  Knochentumor (Osteosarkom) zu erkranken.

Quellen:

Ge­sell­schaft für Päd­ia­tri­sche On­ko­lo­gie und Hä­ma­to­lo­gie (GPOH) und Kom­petenz­net­z Päd­ia­tri­sche On­ko­lo­gie und Hä­ma­to­lo­gie (KPOH): Retinoblastom. Online: http://www.kinderkrebsinfo.de/erkrankungen/weitere_solide_tumoren/pohretino_patinfo120120611/pohretino_patinfokurz120120611/index_ger.html (Abgerufen am 06.08.2013)

Universitätsklinikum Essen: Retinoblastom – Ein Leitfaden für Eltern und Betroffene. Online: http://www.uk-essen.de/augenklinik/retinoblastom.html (Abgerufen am 07.08.2013)

Leitlinien für die Diagnostik und Therapie in der Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie: Grundlagen der Therapie von Tumoren und malignen Systemerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, Leitlinie 09/2010. Online: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/025-001_S1_Prinzipien_der_Paediatrischen_Onkologie_06-2005_06-2010.pdf (Abgerufen am 06.08.2013)

Koletzko B: Kinder- und Jugendmedizin, 14. Auflage, Berlin Heidelberg Springer Verlag 2013

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.