Augentumoren, Tumoren am Auge
Was sind Augentumoren?
Am Auge können sich gutartige (benigne) und bösartige (maligne) Tumoren (Geschwülste, Gewebewucherungen) entwickeln. Gutartige Tumoren wachsen langsam und dringen kaum in das umliegende Gewebe ein. Bösartige Tumoren dagegen vergrößern sich oft schnell, wachsen in das benachbarte Gewebe ein, wodurch sie es nach und nach zerstören, und bilden Metastasen (Tochtergeschwülste).
Ein bösartiger Tumor am Auge kommt im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen selten vor. Der häufigste bösartige Augentumor im Erwachsenenalter ist das Aderhautmelanom. Jährlich wird deutschlandweit von 400 bis 500 Neuerkrankungen ausgegangen. Bei Kindern tritt meist ein Retinoblastom auf. Durchschnittlich erkrankt eins von 18.000 Neugeborenen daran. Deutschlandweit geht man von etwa 60 betroffenen Kindern jährlich aus.
Einteilung der Augentumoren nach betroffener Region:
- Tumoren am Augenlid
Zu den gutartigen Gewebsneubildungen, die das Lid betreffen, gehören unter anderem Hyperkeratosen. Dabei wuchert die Keratinschicht der Lidhaut übermäßig. Auch Warzen am Lid zählen dazu, sie entstehen durch humane Papillomaviren (HPV). Bei Xanthelasmen handelt es sich um Fetteinlagerungen am Lid. Treten sie bei jungen Menschen auf, kann dies ein Hinweis auf eine Fettstoffwechselstörung sein.
Am Lid können sich auch bösartige Tumoren der Haut bilden. Am häufigsten kommt das Basaliom vor, eine Form von hellem Hautkrebs. Deutlich seltener findet sich ein Spinaliom (Plattenepithelkarzinom) oder ein malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs, entartetes "Muttermal").
- Tumoren der Bindehaut
Auch an der Bindehaut kann sich ein malignes Melanom entwickeln. Auch Plattenepithelkarzinome kommen an der Bindehaut vor, haben eine große Bandbreite und entstehen häufig an der Grenze zwischen Bindehaut und Hornhaut.
Weitaus häufiger kommen jedoch gutartige Bindehauttumoren vor, zum Beispiel der Bindehautnävus (Nävus = Muttermal). Da hier aber in seltenen Fällen auch eine Entartung in einen bösartigen Tumor möglich ist, ist eine regelmäßige augenärztliche Kontrolle dringend notwendig. Weitere gutartige Tumore sind das sogenannte Limbusdermoid (eine weißliche runde Hautausstülpung auf der Bindehaut), das Lipodermoid (durch Fettzellen hervorgerufene Bindehautgeschwulst) und Bindehautpapillome (durch humane Papillomaviren, HPV, ausgelöst). Auch ein Flügelfell (Pterygium conjunktivae), eine gefäßhaltige Wucherung der Bindehaut, welche über die Hornhaut wachsen kann zählt zu den gutartigen Veränderungen.
- Tumoren der Aderhaut
Das maligne Aderhautmelanom (Uveamelanom) ist bei Erwachsenen der häufigste bösartige Tumor am Auge. Es entsteht aus Pigmentzellen in der Aderhaut, die sich unkontrolliert vermehren. Aderhautmelanome unterscheiden sich biologisch deutlich von den Hautmelanomen. Dies zeigt sich auch in der Chromosomenanalyse (Zytogenetik) des Tumors: Bei Aderhautmelanomen finden sich bei einem Teil der Betroffenen Veränderungen (Mutationen) bestimmter Gene wie Mutation im GNAQ-Gen, GNA11-Mutation oder ein Verlust eines Chromosoms 3 (Monosomie 3). Weist der Tumor bestimmte Geneigenschaften auf, wirkt sich das auf die Prognose aus (siehe unten).
- Tumoren der Netzhaut
Das Retinoblastom ist der häufigste bösartige Augentumor im Kindesalter. Er betrifft die Netzhaut und entwickelt sich durch eine Genveränderung. Manchmal tragen Eltern die Genmutation schon in sich und geben sie an ihr Kind weiter. Diese erbliche Form des Retinoblastoms kommt jedoch nur in etwa zehn Prozent der Fälle vor. In 90 Prozent der Fälle tritt der Gendefekt jedoch neu (spontan) auf. Das Retinoblastom tritt praktisch immer vor dem fünften Lebensjahr auf, da es von unreifen Netzhautzellen ausgeht. Ausführlichere Informationen finden sie auf unserer Seite: Retinoblastom.
Ursachen: Wie entstehen Augentumoren und welche Risikofaktoren gibt es?
Die Ursachen für die Entstehung von Augentumoren ist häufig unklar.
Bei den Tumoren der Haut (Augenlid) gilt als Risikofaktor die UV-Strahlung, insbesondere bei hoher UV-Belastung wie durch Solarien oder beim Bogenschweißen. Auch das sogenannte "UV-Lebenszeitkonto" ist ein entscheidender Faktor bei der Entstehung von Hautkrebs. Experten vermuten, dass hellhäutige Menschen, die viele Jahre ungeschützt dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, eher an Hautkrebs erkranken.
Bei den Tumoren der Bindehaut oder der Aderhaut kann ein vorbestehender Leberfleck (Bindehaut- oder Aderhautnävus) und eine sogennante Melanose, bei der sich Pigmentzellen übermäßig vermehren, ursächlich sein. Beim Plattenepithelkarzinom der Bindehaut gelten UV-Strahlung, HIV und humanen Papillomaviren-Infektionen (HPV) als Risikofaktoren. Beim Retinoblastom gelten Genveränderungen als Ursache, das heißt, es wird sozusagen vererbt.
Symptome: Welche Beschwerden bereiten Augentumoren?
Welche Symptome auftreten, hängt unter anderem von der Art, der Lage und der Größe des Tumors ab. Bösartige Augentumoren wachsen oft lange unbemerkt und rufen erst in späteren Stadien Beschwerden hervor.
Treten die Gewebsneubildungen an der Bindehaut, am Lid oder an der Regenbogenhaut auf, fallen sie häufig auf. Verfärben sich dort Stellen, bilden sich Flecken, Knötchen oder andere Hautwucherungen, kann dies auf einen gut- oder bösartigen Tumor hinweisen. Die Sehfähigkeit wird dabei meist nicht beeinträchtigt. Ein Basaliom am Lid betrifft in den meisten Fällen das Unterlid und kann sich durch ein geflecktes Knötchen äußern, das manchmal verkrustet ist und leicht blutet.
Bilden sich die Tumoren am hinteren Augenabschnitt, lässt sich dies von außen kaum erkennen. Rufen sie dann auch noch lange Zeit keine Symptome hervor, werden sie entweder zufällig beim Augenarzt entdeckt oder erst in fortgeschritteneren Stadien. So macht sich ein malignes Aderhautmelanom erst relativ spät durch Sehstörungen bemerkbar.
Das Retinoblastom tritt vorwiegend bei Säuglingen und Kleinkindern auf und weist ein auffälliges Symptom auf: Scheint Licht auf die Pupille, erscheint sie weißlich. Ärzte sprechen von einer Leukokorie. So sieht die Pupille, zum Beispiel auf Fotos die mit einem Blitz entstanden sind, nicht rötlich oder schwarz aus, sondern milchig. Zweites Symptom: Das Baby oder Kleinkind schielt plötzlich. Meist liegt hier jedoch ein ungefährlicher Sehfehler vor, der sich mit einer entsprechenden Brille gut beheben lässt.
Diagnose: Wie werden Augentumoren festgestellt?
Eine gut- oder bösartige Gewebewucherung, die sich an den Lidern, an der Binde- oder der Regenbogenhaut befindet, kann der Augenarzt meist schon mit bloßem Auge erkennen. Vermutet er dagegen, dass im Augeninneren ein Tumor vorliegt, muss er den Augenhintergrund untersuchen. Nur so lässt sich beispielsweise ein Aderhautmelanom oder ein Retinoblastom feststellen.
Um den Augenhintergrund zu begutachten, bedarf es einer Augenspiegelung, medizinisch als Ophthalmoskopie bezeichnet. Dazu bekommt der Patient zunächst pupillenerweiternde Tropfen verabreicht. Anschließend leuchtet der Augenarzt mit einer Lupe und einer Lichtquelle durch die Pupille auf den Augenhintergrund. Auf diese Weise kann er Veränderungen der Aderhaut, der Netzhaut und des Sehnervs erkennen.
Besteht der Verdacht, dass sich im Augeninneren ein Tumor befindet, nimmt der Arzt weitere Untersuchungen vor. Mit einem Ultraschallgerät kann er den möglichen Tumor genauer von anderen Krankheiten abgrenzen. Zusätzlich kommen – je nach Fall – andere bildgebende Verfahren zum Einsatz, zum Beispiel eine Magnetresonanz-Tomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) oder eine Fluoreszenz- beziehungsweise Indozyaningrün-Angiografie. Letztere stellt Gefäße bildlich dar und kann dadurch zeigen, ob der Tumor bereits eigene Blutgefäße gebildet hat. Auch eine Gewebeprobe (histologische Untersuchung) kann zur Bestimmung der Tumorart notwendig werden.
Therapie: Wie werden Augentumoren behandelt?
Gutartige Tumoren am Auge
Gutartige Augentumoren müssen nicht zwingend ärztlich behandelt werden, wenn sie keine Beschwerden verursachen. Vergrößern sie sich, können sie allerdings kosmetisch stören. Dann nimmt der Augenarzt in den meisten Fällen eine Exzision vor. Das heißt, er entfernt das gewucherte Gewebe unter örtlicher Betäubung mit einem Skalpell.
Bösartige Tumoren am Auge
Zur Behandlung bösartiger Tumore am Auge gibt es die Möglichkeit der operativen Entfernung des Tumors oder des Auges. Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind die Anwendung einer lokalen Strahlentherapie (Brachytherapie) oder ein Bestrahlung mit einem Linearbeschleuniger oder mit Protonen. Welches Verfahren zum Einsatz kommt hängt unter anderem von der Größe und der Lokalisation des Tumors ab sowie davon, ob der Tumor bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) gebildet hat.
- Bösartige Tumore an Lid und Bindehaut
Hellen Hautkrebs, der sich am Lid oder auf der Bindehaut entwickelt hat, entfernt der Augenarzt normalerweise durch einen chirurgischen Eingriff. Wie groß dieser ist, hängt auch hier davon ab, in welchem Stadium der Tumor bereits ist und wo er sich genau befindet. Manchmal kommt alternativ oder zusätzlich eine Chemotherapie oder eine Vereisung (Kryotherapie) infrage.
- Aderhautmelanom
Ein Aderhautmelanom behandeln Ärzte üblicherweise durch eine Bestrahlung. Ziel der Strahlentherapie ist es, den Tumor zu zerstören, das Auge jedoch zu erhalten. Ist das Melanom noch klein, kann der Arzt den Tumor lokal (Wirkung nur vor Ort, nicht in benachbartem Gewebe) bestrahlen. Dazu näht der Chirurg einen winzigen Strahlenträger auf die Lederhaut, und zwar genau über der Stelle, an der sich der Tumor weiter innen im Auge befindet. Der Strahlenträger besteht aus einem Metallgehäuse und enthält auf der dem Tumor zugewandten Seite eine Substanz, die radioaktive Strahlen abgibt. Die Operation findet unter Vollnarkose oder unter örtlicher Betäubung statt. Bei sehr kleinen Tumoren kann der Arzt versuchen, das Tumorgewebe durch Hitze- oder Kälteeinwirkung zu beseitigen.
Hat die Geschwulst eine bestimmte Größe überschritten oder liegt der Tumor für eine örtliche Bestrahlung ungünstig, kommt eine Bestrahlung mit einem Linearbeschleuniger oder eine Protonentherapie infrage. Diese Behandlungen können nur spezialisierte Zentren durchführen, die über entsprechende Großgeräte verfügen. Welche Therapieform gewählt wird, müssen Arzt und Patient von Fall zu Fall individuell entscheiden.
- Retinoblastom
Wird das Retinoblastom frühzeitig erkannt und therapiert, stehen die Heilungschancen sehr gut. Liegt die nicht-erbliche Form vor, können die Heilungsraten bei bis zu 90 Prozent liegen. Die erbliche Form neigt eher zu Metastasen, weshalb die Prognose dort weniger gut ist.
Ist nur ein Auge von dem Tumor betroffen, findet meistens eine Enukleation statt. Das bedeutet, ein Chirurg entfernt den gesamten Augapfel. Anschließend setzt er einen künstlichen Platzhalter ein. Dieses Implantat trägt der Patient dauerhaft. Hat sich in beiden Augen ein Retinoblastom entwickelt, kommen verschiedene Therapieverfahren zum Einsatz: Der Augenarzt muss zunächst feststellen, wie groß die Tumoren jeweils sind. Dann kann er zusammen mit dem Patienten und dessen Familie entscheiden, welche Behandlung am sinnvollsten erscheint. Ziel ist, zumindest an einem Auge die Sehfähigkeit zu erhalten.
Ist die Geschwulst noch klein, eignen sich lokal, also vor Ort wirkende Methoden. Hierzu kann der Arzt Hitze (Thermotherapie mit einem Laser) oder Kälte (Kryotherapie) auf das entartete Gewebe einwirken lassen. Eine Chemotherapie kann den Tumor verkleinern bevor dieser dann mit anderen Methoden vollständig zerstört wird. Auch eine Bestrahlung (Brachytherapie oder perkutane Strahlentherapie) kann beim Retinoblastom zum Einsatz kommen. Das Auge, an dem das Retinoblastom bereits weiter fortgeschritten ist, muss ein Operateur in der Regel operativ entfernen (Enukleation).
Prognose: Wie sind die Heilungschancen bei Augentumoren?
Entscheidend für die Prognose bei bösartigen Tumoren ist, wann sie entdeckt werden. Ist der Tumor noch klein und hat noch keine Tochtergeschwülste (Metastasen) gesetzt sind die Heilungschancen deutlich besser. Neben der Größe, Lokalisation und Metastasierung des Tumors enscheiden unter anderem auch bestimmte genetische Veränderungen über die Prognose. Beim Aderhautmelanom finden sich deutlich bessere Heilungschancen, wenn keine Genmutation vorliegt.
Unser beratender Experte:
Professor Dr. med. Dr. hc. Arthur Mueller ist Facharzt für Augenheilkunde und Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Klinikum Augsburg. Er ist Mitglied in zahlreichen Fachgesellschaften. Sein beruflicher Schwerpunkt sind mikrochirurgische Eingriffe am hinteren (Netzhaut, Aderhaut, Glaskörper) sowie vorderen Augenabschnitt (Katarakt, Glaukom, Keratoplastik).
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.