Lungenödem
Was ist ein Lungenödem?
Bei einem Lungenödem tritt Flüssigkeit aus den kleinsten Blutgefäßen – den Lungenkapillaren – aus und gelangt in das Lungengewebe. Als Folge wird die Aufnahme von Sauerstoff erschwert. In einer frühen Phase dringt die Flüssigkeit nur in die Zwischenräume der Zellen ein (Interstitium), später dann auch in die Lungenbläschen (Alveolen).
Symptome: Welche Beschwerden bereitet ein Lungenödem?
Hauptsymptom eines Lungenödems ist trotz verstärkter Atmung meist eine plötzlich auftretende Atemnot. Diese ist teilweise so stark, dass die Betroffenen unter Erstickungsängsten leiden. Rasselnden Atemgeräuschen, Hustenattacken und in schweren Fällen auch schaumiger, teils blutiger Auswurf sprechen für eine deutliche Wasseransammlung in den Lungenbläschen. Die Atemnot verschlimmert sich beim Liegen (Orthopnoe). Der durch die Wasseransammlung auftretende Sauerstoffmangel in den Blutgefäßen kann sich durch eine Blaufärbung (Zyanose) von Fingernägeln, Zehen, Nase, Lippen oder Schleimhäuten abzeichnen.
Ursachen: Was führt zu einem Lungenödem?
Die Ursache eines Lungenödems ist entweder ein Anstieg des Drucks innerhalb der Lungengefäße oder eine Zunahme der Durchlässigkeit der Lungengefäßwände. Manchmal liegen auch Kombinationen beider Ursachen vor.
- kardiales Lungenödem
Das kardial (kardial = das Herz betreffend) bedingte Lungenödem ist charakterisiert durch einen Druckanstieg in den kleinen Blutgefäßen, welche die Lungenbläschen umgeben (siehe auch Hintergrundinformation). Aufgrund dieses Druckanstieges kommt es zum Übertritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in den Zwischenraum der Lunge (Interstitium) oder auch in die Lungenbläschen (Alveolen).
Ursache für einen Druckanstieg ist meist eine Herzerkrankung, wie beispielsweise eine neu aufgetretene Rhythmusstörung (Tachyarrhythmie), ein Herzinfarkt, eine Verengung der Herzklappen (Stenosen) oder eine Entzündung des Herzmuskels. Diese Krankheiten schwächen die linke Herzkammer. Als Folge kann diese das von der Lunge bereitgestellte sauerstoffreiche Blut nicht schnell genug in den Körper pumpen. Das Blut staut sich in die Lungenvene zurück. Der Stau erhöht den Druck auf die Blutgefäße. Dadurch tritt Blutflüssigkeit aus den Gefäßen und wird in das Lungengewebe gepresst. Die Wände der Blutgefäße funktionieren dabei wie Filter und lassen nur die Flüssigkeit passieren. Die übrigen Blutbestandteile, wie rote Blutkörperchen oder andere Zellen, werden zurückgehalten. Die Flüssigkeit sammelt sich erst in den Zwischenräumen der Zellen und kann dann bis in das Innere der Lungenbläschen vordringen. Diese können dadurch ihrer Aufgabe zunehmend schlechter nachkommen und die Sauerstoffaufnahme wird immer schwerer.
- Nicht-kardiales Lungenödem
Im Gegensatz zum kardialen Lungenödem entsteht ein nicht-kardiales Lungenödem nicht aufgrund eines höheren Drucks in den Blutgefäßen, sondern aufgrund einer vermehrten Durchlässigkeit (Permeabilität) der Blutgefäße selbst oder aufgrund eines zu geringen Drucks in den Lungenbläschen (Höhenkrankheit).
Erhöhte Membrandurchlässigkeit:
Häufigste Ursache für eine erhöhte Membrandurchlässigkeit der feinen Lungenkapillaren ist ein akutes Lungenversagen (ARDS; Acute Respiratory Distress Syndrome), welchem wiederum viele Ursachen zu Grunde liegen können, wie beispielsweise eine akute Lungenentzündung oder das Einatmen von Reizgasen. Auch schwere Verbrennungen, schwere Verletzungen mit Kreislaufschock oder Blutvergiftung (Sepsis) können ein ARDS auslösen. Seltener kann eine Lungenembolie, eine Überdosierung bei einer Narkose oder ein Schlaganfall die Membrandurchlässigkeit erhöhen.
Aufgrund der Membrandurchlässigkeit kommt es zum Verlust der Barrierefunktion, Blutflüssigkeit kann zusammen mit kleineren Zellbestandteilen in das Gewebe der Lunge eindringen. Je effektiver die Lymphgefäße die überschüssige Flüssigkeit anfangs noch entfernen können, umso langsamer entwickeln sich Symptome.
Höhenlungenödem:
Eine Besonderheit des Lungenödems stellt das sogenannte Höhenlungenödem dar. Es wird beim Bergsteigen in großer Höhe (ab 3000 Metern, selten darunter) in den ersten zwei bis vier Tagen durch eine Kombination von Sauerstoffmangel und niedrigem Luftdruck ausgelöst. Bedingt durch den Sauerstoffmangel (Hypoxie) kommt es unter anderem zur Verengung der Lungenblutgefäße (Vasokonstriktion) und damit zum Druckanstieg im Gefäßsystem, was zu einer Barierrestörung der Membran führt und es kommt zum Übertritt von Flüssigkeit in die Lungenbläschen.
Lungenödem bei Niereninsuffizienz:
Auch eine verminderte Nierenfunktion (Niereninsuffizienz) kann zu einem Lungenödem führen. Grund hierfür ist ein Absinken von Albumin - einem bestimmten Bluteiweiß - im Blutkreislauf. Durch den Mangel an Eiweiß, kann die Blutflüssigkeit nicht in der notwendigen Menge in den Blutgefäßen gehalten werden und gelangt so in den Zellzwischenraum nach außen.
Diagnose: Wie stellt der Arzt ein Lungenödem fest?
Für die Diagnose stellt der Arzt Fragen zu Grund- und Begleiterkrankungen des Herzens, der Lunge und anderer Organe. Beim Abhorchen der Lunge mit dem Stethoskop fallen rasselnde Geräusche auf, die manchmal auch schon mit dem bloßen Ohr hörbar sind. Mit einer Röntgenuntersuchung lässt sich feststellen, ob tatsächlich Wasser in der Lunge ist. Wichtige Hinweise, die für ein Lungenödem sprechen, sind eine beschleunigte Atmung, eine erhöhte Herzfrequenz und eine Blaufärbung von Haut und Schleimhäuten. Ein EKG, eine Echokardiografie und andere Untersuchungen zielen auf die zugrundeliegende Ursache ab.
Therapie: Wie wird ein Lungenödem behandelt?
Ein Lungenödem ist eine schwere, unter Umständen, lebensbedrohliche Erkrankung und erfordert eine intensive medizinische Behandlung. Betroffene sollten so schnell wie möglich ins Krankenhaus transportiert werden. Als erste Maßnahme sind eine Hochlagerung des Oberkörpers und das Tieflagern der Beine hilfreich. Dadurch kommt es zu einer Druckminderung in den Lungengefäßen.
Die Atmung kann durch die Zufuhr von Sauerstoff über eine Nasensonde oder eine Maske unterstützt werden. In einem fortgeschrittenen Stadium ist eine Überdruckbeatmung, in manchen Fällen eine künstliche Beatmung notwendig. Meist werden Patienten mit Schmerz- und Beruhigungsmitteln versorgt, da Atemnot große Angstgefühle auslöst.
Entwässernde Medikamente (Diuretika) sorgen für eine Ausschwemmung des Wassers aus dem Gewebe. Dies verbessert nicht nur den Sauerstoffaustausch an den Lungenbläschen, sondern entlastet über die Senkung des Flüssigkeitsvolumens auch den Blutdruck und vermindert so die Belastung für das Herz. Medikamente (wie Nitroglycerin), welche die Gefäße erweitern, senken ebenfalls den Druck auf das Herz und vermindern den Rückstau, sodass sich die Sauerstoffversorgung verbessert.
Alle weiteren Maßnahmen richten sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Bei einem Höhenlungenödem sollten Betroffene so schnell wie möglich absteigen. Darüber hinaus können Sauerstoffgabe, gefäßerweiternde Arzneimittel und eine Überdruckbeatmung helfen.
Unser beratender Experte:
Dr. Peter Haidl ist Chefarzt der Abteilung für Pneumonologie II (Allgemeine Pneumologie und Innere Medizin) und ärztlicher Direktor des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.