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„Wenn ich eine volle Miete zahlen müsste, würde das Geld nicht reichen“, erzählt Rheumapatientin Sandra K., die schon vor ihrer Erkrankung sehr günstig in einer Eigentumswohnung ihrer Eltern wohnte. Seit sie nicht mehr als Floristin arbeiten kann, muss sie jeden Cent umdrehen, denn als ehemalige Geringverdienerin erhält sie sehr niedrige Leistungen. Besonders belastend: „Wegen der unterschiedlichen Bearbeitungszeiten der Krankschreibungen wusste ich anfangs nie, wann das Krankengeld überwiesen wird.“

Nach einem Gespräch mit ihrer Krankenkasse wurde die Auszahlung auf einen monatlichen Rhythmus umgestellt, sodass sie besser planen konnte. „Wenn man immer wieder nachfragt und offen kommuniziert, dann geht zwar nicht alles, aber vieles“, so K.s Erfahrung. Auch Gutverdienerin Yvonne H. erlebte aufgrund ihrer chronischen Nierenerkrankung und einer Krebsdiagnose drastische finanzielle Einbußen.

Die frühere Vertriebsleiterin arbeitete als Sachbearbeiterin und verdiente rund vierzig Prozent weniger als zuvor: „Die erste Gehaltsabrechnung war ein Schock.“ Inzwischen hat sie Erwerbsminderungsrente beantragt. Ihre Eigentumswohnung kann die Diplom-Betriebswirtin nur halten, weil ihr Partner sie finanziell unterstützt: „Ich musste erst lernen, Hilfe anzunehmen, denn ich wollte alles alleine schaffen.“ Ein Auto war nicht mehr drin, wichtige Versicherungen musste sie beitragsfrei stellen, und Annehmlichkeiten wie Urlaub oder Shoppen kann sie sich kaum mehr leisten: „Heute führe ich ein Haushaltsbuch und überlege bei jeder Ausgabe zweimal.“

Langfristig denken und planen

Die Betriebswirtin denkt langfristig, denn ihr ist völlig klar, dass sich ihre Gesundheit im Laufe der Jahre verschlechtern wird: „Ich weiß, was in etwa auf mich zukommt, und stelle mich jetzt schon darauf ein.“ Sie empfiehlt jedem chronisch kranken Menschen, nach der Diagnose sämtliche Kosten schnellstmöglich konsequent auf den Prüfstand zu stellen, den Lebensstandard entsprechend abzusenken und einen Notgroschen anzusparen: „Man hat durch die Krankheit auch Zusatzkosten, die ganz schön ins Geld gehen.“ Ständig ist etwas zu bezahlen: Zuzahlungen zu Medikamenten und Klinikaufenthalten oder Fahrtkosten.

Yvonne H. und Sandra K. sind keine Einzelfälle. „Die soziale Sicherung im Krankheitsfall hängt größtenteils vom vorherigen Einkommen ab und reicht bei einem niedrigen Ausgangsgehalt oft nicht aus“, sagt Frank Weniger, Referent für Gesundheitspolitik beim Sozialverband VdK Deutschland. Anfangs sind die Einbußen häufig noch halbwegs verkraftbar, doch auf Dauer wird es meist eng. Wie es im Einzelnen weitergeht, hängt von der individuellen gesundheitlichen Situation und von den im bisherigen Berufsleben erarbeiteten Ansprüchen ab.

Möglichst lange arbeiten

„Man kann nur jeder und jedem chronisch Kranken empfehlen, so lange wie irgend möglich im Erwerbsleben zu bleiben“, rät der Experte. Je früher man vollständig aus dem Arbeitsleben ausscheidet, desto höher ist das Risiko, zeitlebens auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Frank Weniger empfiehlt deshalb, alle Hilfen zu nutzen, um die eigene Arbeitsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten: beispielsweise Reha-Maßnahmen oder Umschulungen. Der Haken an der Sache: Diese Leistungen und Hilfen fließen keineswegs automatisch.

„Man muss für alles einen Antrag stellen und immer wieder Belege einreichen“, erklärt der Experte. Selbst wenn Erkrankte eigentlich einen glasklaren Anspruch auf eine bestimmte Leistung haben, wird diese oft erst nach einem endlosen Hin und Her genehmigt, so die Erfahrungen aus zahllosen VdK-Beratungsgesprächen. „Man muss oft kämpfen, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen – und diese Energie hat nicht jeder.“

Nichts überstürzen – denn Fehlentscheidungen kosten Geld

Allzu oft lassen sich überforderte Betroffene zu Fehlentscheidungen verleiten, kündigen beispielsweise auf eigene Faust ihren Job oder stellen zu früh einen Rentenantrag. Solche Fehler kosten leicht sehr viel Geld. Deshalb rät Weniger, sich weder telefonisch noch im direkten persönlichen Gespräch mit den verschiedenen Kostenträgern endgültig festzulegen. Besser ist es, anstehende Dinge grundsätzlich schriftlich zu regeln, alle Unterlagen in Ruhe zu prüfen und sich vor der Unterschrift beraten zu lassen.

Wie anstrengend das ist, erlebte auch Sandra K. am eigenen Leib: „Die meisten Sachbearbeiter waren zwar nett und hilfsbereit, aber trotzdem war es sehr schwierig.“ Die 31-Jährige kann gar nicht mehr zählen, wie viele Anträge sie in den letzten Jahren ausgefüllt, wie viele Stunden sie mit Nachfragen und Beratungsgesprächen verbracht hat: „Ich war oft total überfordert und habe überhaupt nicht verstanden, worum es eigentlich geht.“

Hilfe holen – und alles dokumentieren

Sie empfiehlt allen Betroffenen, sich Hilfe zu holen und bei den zuständigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern immer wieder und so lange nachzufragen, bis wirklich alles klar ist. „Die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter machen auch nur ihren Job“, sagt sie – auch wenn sie sich oft genug geärgert hat, dass sie viele Anträge mehrfach ausfüllen und immer wieder dieselben Unterlagen einreichen musste.

Ihr Tipp: Alles kopieren oder fotografieren, damit man im Antrags-Wirrwarr nicht den Überblick verliert: „Es ist sehr anstrengend, aber es ist machbar.“ Der Aufwand hat sich für sie gelohnt, sie schaut positiv in die Zukunft: „Als Arbeitspädagogin verdient man sogar mehr als früher als Floristin.“


Quellen: