Gespräch mit einer Zahnseide: „Selbst Affen setzen auf mich“

Nachdem ich von Ihrer Kollegin, der Zahnbürste, schon viel Über­raschendes gelernt habe, freue ich mich heute auf eine Fortsetzung.

Gerne. Aber was fummeln Sie denn ständig mit Ihrer Zunge an den Zähnen herum?

Ach, nur ein hartnäckiges Stückchen Apfelschale vom Frühstück. Ich brauche einen Zahnstocher.

Wenn Sie unbedingt auf ein derart grobes Hilfsmittel setzen wollen, aber passen Sie auf, dass Sie sich damit nicht das Zahnfleisch verletzen – oder sogar die Zähne. Wäre nichts Neues. Archäologen haben überall auf der Welt fossile Zähne ausgebuddelt, in denen sie Rillen entdeckten. Die ­ältesten waren 1,84 Millionen Jahre alt. Die Ursache? Vermutlich Zahn­stocher. Obwohl es auch Theorien gibt, dass Vorfahren von mir die Verursacher der Rillen waren.

Es gab vor fast zwei Millionen Jahren bereits Zahnseide?

Sie müssen schon genau zuhören: Ich sprach von meinen frühen Vorfahren. In der Wissenschaft wird ja bekanntlich alles Mögliche erforscht. Eine findige Forscherin machte den Test: Sie reinigte Zähne mit Grashalmen. Und siehe da: Wenn man das über drei bis acht Stunden machte, entstanden Rillen, die ganz ähnlich aussahen wie die in den uralten Zähnen.

Ich will aber keine Rillen in den Zähnen. Ich glaube, ich verzichte doch lieber auf Zahnseide.

Wenn Sie unbedingt Löcher in Ihren Zähnen haben wollen! Schließlich kommen Sie mit der Bürste nur an ­etwa zwei Drittel der Zahnoberfläche ran. Es kommt aber auch auf die Zwischenräume an. Und hierfür bin ich Expertin. Auch bestehe ich ja nicht mehr aus Gras, das Kieselsäure enthält – daher die Rillen.

Und seit wann verwendet man Seide zum Zähneputzen?

Seit dem Jahr 1815. Damals hat der amerikanische Zahnarzt Levi Spear Parmly seinen Patientinnen und Patienten empfohlen, ihre Zähne mit Seidenfäden zu reinigen. Für mich müssen heute allerdings keine Seidenraupen mehr sterben. Ich bestehe aus Kunstseide, etwa aus Nylon. Eine nützliche Alternative zu Gras haben übrigens auch Ihre engsten Verwandten im Tierreich entdeckt.

Sie wollen jetzt nicht sagen, dass Affen Zahnseide benutzen?

Sie denken wohl, nur Menschen besitzen Erfindergeist! Japanische Forscher haben in Thailand Makaken ­dabei beobachtet, wie sie menschliche Haare zwischen ihren Zähnen durchzogen. Ganz offenbar, um diese zu ­reinigen. Und wie Menschen ihrem Nachwuchs das richtige Zähneputzen beibringen, tun das offenbar auch die Affenmütter. Sie zogen sich viel öfter Haare durch die Zähne, wenn ihre Kinder zuguckten.

Unglaublich. Ich putze meinem Hund ja schon mal die Zähne. Von sich aus käme er nie auf die Idee. Ich hoffe, die Affen nutzen die richtige Putztechnik.

Soweit ich weiß, gibt es noch etwas Optimierungsbedarf. Sie wissen, wie Sie es richtig machen?

Ich habe es mir mal von meiner Zahnärztin zeigen lassen. C-förmig straff um einen Zahn führen.

Richtig, Zahn um Zahn. Und für jeden ein neues sauberes Stückchen verwenden. Dann vorsichtig auf und ab bewegen. Und wenn es etwas blutet, obwohl Sie vorsichtig sind, wissen Sie, dass das Zahnfleisch schon entzündet ist. Dann ist gute Zahnhygiene besonders wichtig. Zähne zusammenbeißen, täglich weitermachen und dazu noch ein Mundwasser verwenden. Damit kriegen Sie das sicher schnell in den Griff.

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