Barfußschuhe - bringt das was?

Können Sie die Finger spreizen? Wahrscheinlich schon, doch wie sieht es mit den Zehen aus? Schwierig, oder? Unsere Fußmuskulatur wird im Alltag kaum trainiert. Grund dafür: unser Schuhwerk. Ein handelsüblicher Schuh drückt den Fuß zusammen und die Sohle federt die Kräfte ab. Anatomisch sind unsere Füße darauf ausgelegt, ohne eine drei Zentimeter dicke Sohle zu funktionieren.

Schuhe mit dicker Sohle: unnatürlich

„Je härter und dicker die Sohle, desto weiter sind wir von der natür­lichen Situation weg“, sagt die Münchner Orthopädin Professorin Dr. Sandra Utzschneider. „Und leider kaufen wir oft zu kleine, enge Schuhe.“ ­Eigentlich ist unser Fuß fähig, die Kräfte beim Gehen und Laufen über die Muskulatur abzufedern. Doch die Muskeln verabschieden sich in den vorübergehenden Ruhestand, weil die Schuhe ihnen den Job abnehmen. „Ein Leben lang Fäustlinge an den Händen tragen – das ist ungefähr das, was wir von Kindesbeinen an mit Schuhen bei unseren Füßen machen“, so der Orthopäde und Sportmediziner Dr. Markus Klingenberg aus Bonn. „Die Bewegungsvielfalt im Fuß haben fast alle Menschen verlernt.“

Barfußschuhe können hier ansetzen und die Fußmuskulatur trainieren. Sie ersetzen zwar nicht die Barfuß-Situation, fördern aber die Fußmuskulatur. Wer keine Fehlstellung oder sonstige Fußbeschwerden hat, kann behutsam auf Barfußschuhe wechseln. Je älter man ist, desto länger ­dauert die Umstellung. Der Fuß hat sich an die jahrelange Bewegung in den Schuhen angepasst.

Für wen sie geeignet sind - und für wen nicht

Sehr geeignet seien die Barfuß-Treter für Kinder, sagen Utzschneider und Klingenberg. Die Muskulatur ist in jungen Jahren unausgereift und formbar. Werden die Fußmuskeln früh gestärkt, beugt das späteren Fehlstellungen vor. „Wenn wir im Kindes­alter nicht die Chance ergreifen, die Musku­latur aufzubauen, wann dann? Barfußlaufen im Kindesalter ist top!“, so Klingenberg.

Die Schuhe sind nicht für jeden geeignet. Menschen mit Diabetes etwa, die eine gestörte Sensibilität an den Füßen haben und Schmerzen nicht gut wahrnehmen, sollten sie nicht tragen. Gleiches gilt für Personen mit einer Fußfehlstellung. Wer seit längerer Zeit orthopädisch verschriebene Einlagen in seinen Schuhen verwendet, sollte genauso vorsichtig sein. „Die Einlagen kompensieren schließlich das, was unsere Fußmuskulatur eigentlich leisten sollte“, erklärt Markus Klingenberg.

Außerdem gibt es bislang kaum Studien über die Effekte von Barfußschuhen. Es ist zum Beispiel nicht gut untersucht, ob die Minimalschuhe das Risiko für Verletzungen erhöhen könnten. Daher sollte man gerade am Anfang darauf achten, die Füße nicht zu überlasten. „Wenn man unvorsichtig ist und mit Fehlstellung auf einen Barfußschuh übergeht, kann man den Fuß so überstrapazieren, dass es im schlimmsten Fall zu ­einem Spontanbruch kommt“, warnt Utzschneider.

Barfußschuhe testen

Deshalb: erstmal kürzere Strecken damit laufen und sich gemächlich steigern, ohne die Füße zu stark zu belasten. Lassen Sie sich beim Kauf der ersten Barfußschuhe ausführlich beraten. Die Minimalschuhe sollten trotz der dünnen Sohle gut vor Steinen oder spitzen Gegenständen schützen. Auf keinen Fall die Schuhe sofort zum Sport tragen. Erst wenn das Gehen gut funktioniert, kann man sich langsam an das Laufen herantasten. Wer sich auf die Minimalschuhe vorbereiten möchte, kann zu Hause regelmäßig barfuß laufen.

Unabhängig von den Spezialschuhen ist es grundsätzlich sehr wertvoll, barfuß zu laufen. Allgemein vernachlässigen die meisten Menschen ihre Füße im Training. Dabei wirkt sich regelmäßige Fußgymnastik positiv aus. „Beim Zähneputzen auf einem Bein stehen, dann nur auf den Zehen oder auf den Fersen gehen. Wer täglich seine Fußmuskulatur trainiert, beugt Fehlstellungen am Fuß vor“, sagt Markus Klingenberg (­siehe auch Grafik oben). Wenn Sie regelmäßig Schmerzen im Fußbereich haben, suchen Sie eine Orthopädin oder einen Orthopäden auf.

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