Zu einer glücklichen Partnerschaft gehört Sex, viel Sex – auch in ­einer langjährigen Beziehung. Und möglichst nicht nur im Bett und möglichst oft. Kinofilme, Internet und soziale Medien reden uns ein, wie ein erfülltes Sexleben auszusehen hat. Selten entspricht das der Realität. Alltag, Stress und Routine sind Lustkiller. Vor allem aber verändern sich Liebes­­beziehungen mit der Zeit.

Prioritäten in langen Partnerschaften

Meist hört das Gefühl der Verliebtheit nach zwei bis fünf Jahren auf. Und damit auch das Verlangen nach ganz viel Sex und körperlicher Intimität. Aus dem Verrücktsein nach dem anderen und dem Wunsch, über Sex Nähe und Innigkeit herzustellen, wird eine Partnerschaft, in der allmählich andere Dinge in den Vordergrund ­rücken. Eine völlig normale Entwicklung, betonen Experten.

Wie häufig Paare intim sind, hängt denn auch nicht vom Lebensalter ab – sondern vielmehr von der Dauer ihrer Beziehung. Christiane Jurgelucks, Sexual- und Paartherapeutin in Hamburg: "Partner zum Beispiel, die sich mit 60 Jahren kennenlernen, haben deutlich mehr Sex als Dreißigjährige, die seit zehn Jahren zusammen sind. Auch Achtzigjährige können durchaus ein aktives Sexleben haben."

Je länger eine Partnerschaft dauert, desto stärker gewinnen andere Aspekte an Bedeutung. Die Erziehung der Kinder etwa oder ein Hausbau. Man entdeckt gemeinsam neue Hobbys, reist zusammen, kümmert sich um die Enkel. Viele Beziehungen entwickeln sich im Lauf der Jahre zu guten Freundschaften, deren Basis nicht unbedingt Lust und Leidenschaft sind – und das ist nichts Schlechtes.

Individuelle Liebesbeweise

Es erwächst eine immens starke Bindung, die für die Liebenden häufig den größten Halt im Leben darstellt. In langen Beziehungen herrscht häufig eine große Vertrautheit. Und zärtliche Berührungen, Küssen und Kuscheln sowie gemeinsames Lachen – das ist laut der aktu­ellen Studie einer Online-Partnerschaftsvermittlung für fast jeden zweiten Deutschen ohnehin der größte Liebesbeweis.

Kein Sex, wenig Sex oder täglich Sex? Dafür gibt es keine Norm und keinen Standard. Jeder muss sich selbst zusammen mit dem Partner darüber klar werden, was beide glück­lich macht. Die Antwort hängt stark vom individuellen Empfinden ab. Man sollte sich dabei frei machen von der Vorstellung, was im Bett angeblich normal ist und seine eigene Partnerschaft nicht mit anderen vergleichen.

Selten oder auch gar nicht miteinander zu schlafen ist ebenso in Ordnung, zumindest solange es beiden Partnern gut damit geht. Zu Stress in der Beziehung kommt es immer dann, wenn einer von beiden sich über einen längeren Zeitraum mehr oder anderen Sex wünscht – und der andere sich überhaupt nicht danach sehnt.

Hilfe durch Gespräche

Mitunter sucht einer der Partner dann Befriedigung in fremden Betten. Nach einer Studie im Deutschen Ärzteblatt gehen 21 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen in einer festen Beziehung fremd.

Was also tun, wenn die sexuellen Bedürfnisse auseinanderdriften, man an der Liebesbeziehung aber festhalten möchte? Experten empfehlen, das ­­Gespräch zu suchen. Lassen Sie Ihren Partner wissen, was Ihnen fehlt und was Sie sich wünschen. In festgefahrenen Situationen kann es helfen, einzeln oder als Paar die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch zu nehmen.

Anregend kann es zudem sein, spielerisch mit dem Thema Körperkontakt umzugehen. Zum Beispiel, indem man gemeinsam einen Salsakurs besucht. Das Frau- und Mann-Sein so zelebriert, wie man es am Anfang der Beziehung getan hat.

Spaß am Sex wieder neu entdecken

Die gute Nachricht: Lust lässt sich entfachen. "Aber dafür muss man bereit sein, sich gedanklich mit dem Thema zu beschäftigen. Sonst passiert nichts", sagt Sexualexpertin Jurgelucks.

Flauten im Bett, auch solche, die lange dauern, kommen in fast jeder Partnerschaft vor. Man kann den Spaß am Sex aber wieder neu entdecken – unabhängig von der Beziehungs- und auch Lebensphase. Jurgelucks: "Die erotischen Fähigkeiten werden mit zunehmendem Alter sogar besser."