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Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch bestimmen schon lange, was ungewollt Schwangere und Arzt oder Ärztin tun müssen, um für den Abbruch nicht bestraft zu werden: Zum Beispiel müssen Fristen eingehalten werden und ein Beratungsgespräch durch eine anerkannte Beratungsstelle stattgefunden haben.

Gebündelte Information für eine gute Versorgung

Gefehlt hat das, was es für viele andere Behandlungen gibt – eine medizinische Leitlinie: Fachgesellschaften und Verbände empfehlen auf Basis von Studien und Experteneinschätzungen, welche Abbruchmethode wann geeignet ist und was Ärztinnen und Ärzte zu Vor- und Nachuntersuchungen wissen sollten.

Gut, dass es jetzt auch in Deutschland eine solche Leitlinie gibt – herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Während Ärztinnen und Ärzte bisher vor allem internationale Empfehlungen zum Schwangerschaftsabbruch[1] nutzen konnten, geht die Leitlinie auch auf die Situation in Deutschland ein[2]. Das hilft, die Betroffenen gut zu versorgen. Vielleicht sind nun mehr Ärztinnen und Ärzte bereit, Abbrüche durchzuführen.

Beratung ja, Bevormundung nein

Die Leitlinie empfiehlt entweder einen rein medikamentösen Abbruch oder einen operativen Eingriff bevorzugt mittels Vakuumaspiration, einer Absaugung des Schwangerschaftsgewebes. Beide Methoden haben unterschiedliche Vor- und Nachteile sowie Risiken. Ärztinnen und Ärzte sollten diese erklären, aber die Wahl der Methode der Schwangeren überlassen.[2] Damit stärkt die Leitlinie Frauen selbstbestimmt im Rahmen des rechtlich sowie medizinisch möglichen und sinnvollen mitzuentscheiden.

Elf Prozent[3] der Abbrüche werden in Deutschland aber noch mit der Metallkürettage durchgeführt, einer anderen operativen Methode. Das Schwangerschaftsgewebe wird dabei aus der Gebärmutter geschabt statt gesaugt. Die Leitlinie beschreibt sie zwar als sichere Methode, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird. Dennoch sollten Ärztinnen und Ärzte sie übereinstimmend mit internationalen Empfehlungen nicht anwenden.[2] Vielleicht trägt die Leitlinie dazu bei, dass Metallkürettagen künftig noch seltener durchgeführt werden.

Leitlinie erinnert an wertneutrale Haltung

Laut Leitlinie brauche die schwangere Frau zudem bereits bei Feststellung ihrer Schwangerschaft Informationen – beispielsweise über die Abbruchmethoden. Das bedeutet, dass auch Ärztinnen und Ärzte, die keine Abbrüche durchführen, sich mit dem Thema beschäftigen müssen und ungewollt Schwangere zumindest zu Beginn betreuen. Es wird klar empfohlen, dies stets respektvoll und nicht wertend zu machen.[2] Außerdem macht es noch einmal bewusst: Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der medizinischen Versorgung.

Das sollten alle tun: Frauen nicht verurteilen

Wie spreche ich mit ungewollt Schwangeren? Verurteile ich sie insgeheim, verhalte ich mich ablehnend? Die neue Leitlinie richtet sich zwar vor allem an medizinisches Personal sowie Beraterinnen und Berater. Die Empfehlung, Betroffenen respektvoll und wertneutral zu begegnen, sollte aber jede und jeder von uns beherzigen. Wir sollten uns klar machen, dass sich ungewollt Schwangere in einer Notsituation befinden. Aus der sie alleine nicht herauskommen.

Denn: Auch wenn sie sich an alle Vorgaben halten und nicht bestraft werden, bleibt ein Abbruch nach bisheriger Gesetzgebung rechtswidrig – wenn kein medizinischer oder kriminologischer Grund vorliegt.[4] Das schürt die Angst vor Ablehnung. Sie ist emotional belastend und kann dazu führen, dass Betroffene gehemmt sind, mit anderen, auch mit Freundinnen und Freunden, offen über ihren Konflikt zu sprechen.

Zudem sitzt den Frauen die Zeit im Nacken. Denn der Abbruch im Rahmen der „Beratungsregelung“ ist nur bis zu zwölf Wochen nach der Empfängnis straffrei möglich[4]. In dieser schwierigen Situation braucht es einen besonders sensiblen Umgang mit der Schwangeren – ganz egal, ob man ihre Entscheidung richtig findet. Es ist ihre eigene.

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Quellen:

  • [1] World Health Organization: Abortion care guideline. https://apps.who.int/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • [2] Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon. Leitlinie: 2023. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 01.02.2023)

  • [3] Statistisches Bundesamt: Gesundheit, Schwangerschaftsabbrüche. https://www.destatis.de/... (Abgerufen am 02.02.2023)
  • [4] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Schwangerschaftsberatung § 218, Informationen über das Schwangerschaftskonfliktgesetz und gesetzliche Regelungen im Kontext des § 218 Strafgesetzbuch. https://www.bmfsfj.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)