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Die FDP-Politikerin Katrin Helling-Plahr möchte einen Gruppenantrag zur Legalisierung der Eizellspende in den Bundestag einbringen und dafür noch in diesem Sommer Kontakt zu den anderen demokratischen Fraktionen aufnehmen. So äußerte sich die Politikerin vor Kurzem gegenüber Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Begründung für das Verbot gilt als überholt

Das ist eine gute Nachricht – vor allem für ungewollt Kinderlose. Kann ein Paar keine Kinder bekommen, gibt es verschiedene Wege nachzuhelfen. Einer davon ist die Eizellspende. Eine Frau wird nicht mit ihren eigenen Eizellen schwanger, sondern mit denen einer anderen – einer Eizellspenderin. Das ist in Deutschland im Embryonenschutzgesetz verboten.

Tatsächlich wird dieses Verbot aber längst umgangen. Denn Paare reisen ins Ausland, wo die Eizellspende möglich ist.

Auch die sogenannte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin[1] nennt die ursprüngliche Begründung für das Verbot überholt. Damals hieß es, das Kindeswohl könnte gefährdet sein, wenn die gebärende, soziale Mutter nicht die genetische Mutter ist. Man sprach von einer „gespaltenen Mutterschaft“. Die Expertinnen und Experten der Kommission waren von der Bundesregierung unter anderem damit beauftragt worden, eine mögliche Legalisierung der Eizellspende zu prüfen. Eine Freigabe ist demnach möglich, sofern sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleisten[2].

Ungleiche Möglichkeiten für Männer und Frauen

Viele Argumente sprechen für eine solche geregelte Zulassung. Zum Beispiel verstärkt das deutsche Verbot Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern: Unfruchtbare Männer können auf eine Samenspende ausweichen. Was den körperlichen Einsatz und die Risiken angeht, lassen sich Samen- und Eizellspende zwar nicht gleichsetzen. Das rechtfertigt allerdings nicht, unfruchtbaren Frauen diese Möglichkeit grundsätzlich zu verwehren.

Sie sollten vielmehr gut darüber aufgeklärt sein, um abwägen zu können, ob sie diese Risiken eingehen möchten. Zum Beispiel benötigen Spenderinnen vor der Eizellentnahme eine hormonelle Stimulation, als Komplikation kann ein Überstimulationssyndrom auftreten. Das Risiko dafür stuft die Kommission aber als sehr gering ein, wenn sich an entsprechende Protokolle gehalten wird. Um die Eizellen zu entnehmen, ist ein kleiner operativer Eingriff nötig – oft in kurzer Vollnarkose. Risiken sind hier etwa Verletzungen, Blutungen oder Infektionen.

Auf Seiten der Eizellempfängerin sind die Risiken während der Schwangerschaft erhöht, zum Beispiel für eine Präeklampsie oder dafür, dass die Kinder in einer früheren Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Gerade unabhängige und neutrale Informationen für Spenderinnen und Empfängerinnen sind wichtig. Auch die Kommission stellt hierzu Bedingungen auf: Zum Beispiel muss eine zusätzliche unabhängige Beratung vor der Behandlung angeboten werden und eine öffentlich-rechtliche Institution muss leicht zugängliche Informationen über das Verfahren der Eizellspende bereitstellen.

Behandlung im europäischen Ausland

Offizielle Zahlen, wie viele kinderlose Paare für eine Behandlung ins Ausland gehen, gibt es nicht. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland pro Jahr 5000 bis 6000 Kinder geboren werden, die durch eine Eizellspende entstanden sind. Wer sich eine Behandlung leisten kann, geht zum Beispiel nach Spanien oder Tschechien. Dort finden etwas mehr als die Hälfte aller in Europa durchgeführten Eizellspende-Behandlungen statt.

In beiden Ländern allerdings erfolgt die Spende der Eizellen anonym, ähnlich wie in einigen anderen Staaten auch. Für das Kind wird es dann schwierig, irgendwann herauszufinden, von wem es genetisch abstammt. Bei Spenden in Deutschland könnten Regelungen analog zur Samenspende helfen, das Recht der Kinder auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu sichern. So wird es auch von den Expertinnen und Experten der Kommission empfohlen.

Berechtigte Kritik

Kritikerinnen und Kritiker der Eizellspende führen eine mögliche Ausbeutung der Spenderinnen ins Feld. Denn diese müssen eine Therapie mit Hormonen durchlaufen und eine OP, bei der die Eizellen aus den Eierstöcken entnommen werden. Nicht alle geben ihre Eizellen aus dem Wunsch heraus ab, anderen zu helfen: Für eine Studie wurden etwas mehr als 1400 Spenderinnen aus elf verschiedenen europäischen Ländern befragt. Etwa ein Drittel spendeten zusätzlich aus finanziellen Gründen und knapp elf Prozent ausschließlich deshalb. Welchen Betrag sie erhielten, variierte je Land. Insgesamt scheinen altruistische Motive (wenngleich teilweise gepaart mit finanziellen) bei den Spenderinnen allerdings zu überwiegen. Das zumindest hält die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission in ihrem Abschlussbericht[3] mit Verweis auf zahlreiche Übersichtsarbeiten fest.

Bedingungen besser selbst gestalten

Deutschland könnte sich bei der Ausgestaltung der Eizellspende an Ländern orientieren, in denen wenige Frauen finanziell motiviert spenden. Dadurch könnte man die Gefahr der Ausbeutung klein halten. Gleichzeitig würden weniger Frauen mangels Alternativen im eigenen Land zur Nachfrage nach Eizellen in Staaten beitragen, wo finanzielle Aspekte vielleicht eine größere Rolle spielen.

Mit dem Bericht der Kommission hat der Bundestag nun eine gute Grundlage zu diskutieren und die Regierung Empfehlungen, wie sich die Legalisierung gestalten ließe. Denn es ist überfällig, die Interessen von Kindern, Spenderinnen und Empfängerinnen ehrlich abzuwägen und die Realität von Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch nicht länger zu ignorieren. Sie werden wohl auch ohne Legalisierung weiterhin tun, was (im Nachbarland) möglich ist, um sich ihren Traum zu erfüllen. Die Bedingungen dafür geben dann jedoch andere vor.

Mehr zum Thema:


Quellen:

  • [1] Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sachverständigenkommission legt Abschlussbericht vor. https://www.bmfsfj.de/... (Abgerufen am 13.08.2024)
  • [2] Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin: Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, Kurzbericht. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 13.08.2024)
  • [3] Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin: Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 13.08.2024)
  • Wyns C, De Geyter C, Calhaz-Jorge C et al.: ART in Europe, 2018: results generated from European registries by ESHRE. In: Human Reproduction Open: 05.07.2022, https://doi.org/...
  • Fertility Europe: European Atlas of Fertility Treatment Policies. https://fertilityeurope.eu/... (Abgerufen am 22.12.2022)
  • Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina: Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung. https://www.leopoldina.org/... (Abgerufen am 22.12.2022)
  • Bundesministerium für Gesundheit: Samenspenderregister. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 22.12.2022)
  • American Society for Reproductive Medicine: Third-party Reproduction: Sperm, Egg, and Embryo Donation and Surrogacy. https://www.reproductivefacts.org/... (Abgerufen am 22.12.2022)
  • Bundesminister der Justiz: Gesetz zum Schutz von Embryonen. https://www.gesetze-im-internet.de/... (Abgerufen am 22.12.2022)
  • Thorn P: Aktuelle Bestandsaufnahme der psychosozialen Kinderwunschberatung in Deutschland. In: Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 01.01.2020, 17-6: 266-271
  • Pennings G, de Mouzon J, Shenfield F et al.: Socio-demographic and fertility-related characteristics and motivations of oocyte donors in eleven European countries. In: Human Reproduction: 05.05.2014, https://doi.org/...