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Die gute Nachricht gleich vorweg: Meist hören Tics von ganz allein wieder auf. Klar macht man sich Sorgen, wenn das Kind auf einmal nervös mit den Augen zwinkert oder den Mund ständig verzieht: Es ist im Grunde nicht möglich, das Zwinkern oder Zucken mal eben schnell zu stoppen. Das Beste, was Eltern in der ­Situation tun können: „Liebevoll weggucken, wenn das Kind seinen Tic zeigt“, rät der Kinderneurologe Professor Florian Heinen. Er ist Ärztlicher Direktor des Integrierten Sozialpädiatrischen Zentrums im Dr. von Haunerschen Kinderspital München: „Dafür ist es wichtig zu verstehen, auch wenn der Tic manchmal bizarr aussieht, ist er ein Verhalten, das das Kind selbst nicht bewusst steuern kann.“ Es handelt sich dabei um eine biologische Störung, angesiedelt zwischen Neuro­logie und Psychiatrie.

Wann treten Tics auf und wie äußern sie sich?

In den meisten Fällen treten Tics erstmals zwischen sechs und acht Jahren auf, sie können sich aber auch schon im Kleinkindalter oder deutlich später entwickeln. Man unterscheidet zwischen motorischen und vokalen Tics. Als motorischer Tic gilt zum Beispiel Zwinkern oder den Mund zu verziehen. Also unwillkürliche, ganz plötzlich einsetzende Bewegungen, die keinen Zweck haben. Räus­pern oder Hüsteln zählen hingegen zu den vokalen Tics. Beide Formen können einfach oder komplex sein: So ist Blinzeln ein einfacher moto­rischer Tic. Ganze Bewegungsabläufe wie etwa Hüpfen oder Stampfen gelten als komplexer Tic. Es gibt die Kombination aus motorischen und vokalen Tics. Wie oft die Tics auftreten, kann ganz unterschiedlich sein – von mehrmals in der Minute bis zu wenige Male am Tag ist alles möglich.

Warum sollte man Tics ärztlich abklären lassen?

Bemerken Eltern bei ihrem Kind solche unwillkürlichen Bewegungen oder Laute, sollten sie das in einer kinderärztlichen Praxis abklären lassen. So können sie sicher sein, dass es sich tatsächlich um einen harmlosen Tic und nicht um eine andere Bewegungs- oder eine psychische Störung handelt. Eine große Hilfe bei der Einschätzung: „Mit der Handykamera filmen, wenn das Kind seinen Tic zeigt“, rät Heinen. Dann sieht die Kinderärztin oder der Kinderarzt genau, um welche Symptome es geht. Denn ge­rade unwillkürliche Bewegungen zu beschreiben fällt Eltern oft schwer. Gut zu wissen: Harmlose Tics müssen in der Regel nicht ärztlich behandelt werden.

Wenn die Beschwerden weniger als zwölf Monate anhalten, sprechen Fachleute von einer vorübergehenden Tic-Störung. Dauern sie länger, gelten sie als chronisch. Das ist allerdings nur eine grobe Orientierung. „Viele harmlose Tics dauern auch mal länger als ein Jahr und verschwinden dann trotzdem von selbst wieder“, beruhigt Kinderneurologe Heinen. Schätzungen zufolge sind bis zu 15 Prozent aller Grundschulkinder davon betroffen. Tics haben auch nichts mit einer Zwangsstörung zu tun, bei der Kinder zum Beispiel den Drang haben, sich ständig die Hände zu ­waschen.

Wie und wieso entstehen Tics?

Warum manche Kinder einen Tic entwickeln, ist wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt. Vererbung scheint eine Rolle zu spielen. Außerdem wurde diskutiert, ob Tics als ­Folge einer Infektion mit Streptokokken entstehen können. Das sind Bakterien, die zum Beispiel Scharlach oder Mandelentzündungen auslösen. Aber: „Neuere Studien zeigen, dass Streptokokken-Infekte keine Tics auslösen“, sagt Professor Veit Roessner, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden.

Unterdrücken können gerade jüngere Kinder die unwillkürlichen Bewegungen und Laute nicht. „Das ist vergleichbar mit einem Schluckauf. Die Kinder haben kein Vorgefühl und können es nicht beeinflussen“, erklärt Roessner.

Wie sollten Eltern auf Tics reagieren?

Deshalb sollten Eltern auch nicht meckern. „Ständig am Kind herrumzumäkeln ist schädlich für die Familienatmosphäre und für das Kind. Es bekommt das Gefühl, dass es nicht okay ist, wie es ist“, warnt Kinder- und Jugendpsychiater Roessner.

Sind die Tics harmlos, sollten Eltern ihnen keine allzu große Aufmerksamkeit schenken. Es kann auch sinnvoll sein, Verwandte oder die ­Kita zu informieren. Das erleichtert allen Beteiligten den Umgang. Machen Sie sich immer bewusst, dass Ihr Kind die Tics nicht steuern kann. Und dass das Zwinkern oder Räuspern in den allermeisten Fällen von allein verschwindet.

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