Diagnose Seltene Erkrankung: Was Eltern tun können
Was müssen wir wissen?
Tausend Dinge gehen Eltern durch den Kopf, wenn sie von Ärztin oder Arzt erfahren, dass ihr Kind eine seltene Erkrankung hat. Nach und nach kommen dann konkrete Fragen. Und Eltern beginnen oft selber zu recherchieren. „Aber leider ist das Internet nicht immer die zuverlässigste Quelle“, sagt ACHSE-Beraterin Nicole Heider. „Deswegen freuen wir uns, wenn sich Eltern an uns wenden.“ Sie vernetzt Betroffene und Angehörige mit Patientenselbsthilfe-Organisationen, nennt erste Anlaufstellen. Zu den einzelnen seltenen Erkrankungen selbst berät die ACHSE nicht, dafür gibt es zu viele unterschiedliche Diagnosen.
Wie finden wir andere Betroffene Familien?
Selten heißt in Europa: Weniger als 5 von 10.000 Menschen sind von der Erkrankung betroffen. Geschätzt wird die Zahl der seltenen Erkrankungen auf über 6.000, 80 Prozent davon sind genetisch bedingt. Wie stark die Betroffenen gesundheitlich beeinträchtigt sind, reicht von leicht bis schwerwiegend. Manche Erkrankungen sind so selten, dass es auch für die ACHSE-Beraterin nicht einfach ist, andere Betroffene oder Selbsthilfeorganisationen zu finden. Ist aber ein Kontakt vorhanden, ist er in vielerlei Hinsicht wertvoll. Man bekommt Informationen zur Erkrankung und trifft andere Eltern, die sich in derselben Situation befinden und bereits Erfahrungen mit der Erkrankung gesammelt haben. Sie geben weiter, was ihnen nach der Diagnose geholfen hat oder wie sie den Alltag mit Kind meistern. Und sie können Gedanken nachvollziehen, die Eltern manchmal überkommen, von „Bin ich oder ist mein Partner schuld an der Erkrankung?“ bis hin zu „Was habe ich falsch gemacht, dass ich so gestraft wurde?“.
Wie finden wir ausgewiesene Expertinnen und Experten?
Die ACHSE ist eine krankheitsübergreifende Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige sowie für ratsuchende Ärztinnen und Ärzte. Das medizinische Wissen zu den einzelnen seltenen Erkrankungen findet sich jedoch häufig bei den Patientenorganisationen, die dem Netzwerk der ACHSE angehören. Diese bieten eine „Peer to peer“-Beratung an, also die „Beratung von Betroffenen für Betroffene“. Häufig arbeiten die Mitgliedsorganisationen mit den – oft wenigen – medizinischen Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet zusammen. „Möchten Eltern eine Zweitmeinung oder einfach nur ein intensives Gespräch mit einem Mediziner, empfehle ich wirklich diese Beratung“, betont Heider. Auch Medizinerinnen und Therapeuten suchen Rat bei der ACHSE. Eine ACHSE-Lotsin berät und unterstützt ärztliche Kolleginnen und Kollegen auf der Suche nach qualitätsgesichertem Wissen und informiert über Forschungsaktivitäten zu den seltenen Erkrankungen.
Können internationale Kontakte helfen?
Ländergrenzen sind kein Hindernis, jeder Kontakt zählt. Nicole Heider sucht daher auch nach Selbsthilfeorganisationen weltweit. Und bekommt gleichermaßen Anfragen aus dem Ausland. „Wir haben glücklicherweise Übersetzungsprogramme, da klappt der Austausch ganz gut“, sagt sie. Findet Heider eine Organisation, können die Eltern entscheiden, ob sie Kontakt aufnehmen wollen.
Wie kommen wir an nötige Therapien?
Sich im Gesundheitssystem zu orientieren, kann herausfordernd sein – zumal es viele verschiedene Akteure gibt. Fragen wie: „Wie beantrage ich Therapien?“ oder „Wer übernimmt welche Kosten?“ beantworten ACHSE-Beraterin Nicole Heider und ihre Kollegin. Auch das Thema Pflege ist bei vielen Kindern mit seltenen Diagnosen aktuell. „Da verweise ich dann an die kostenlose Pflegeberatung der Pflegekasse. Den Service kennen viele nicht.“ Auch Patientenorganisationen helfen mit den Erfahrungen ihrer Mitglieder weiter. Etwa wenn es um die Kostenerstattung bei speziellen Therapien geht. „Da kann man fragen, wie andere Eltern, die ein Kind mit derselben Erkrankung haben, mit ihrer Krankenkasse ins Gespräch gegangen sind“, so Heider.
Wer hilft uns Eltern?
Ein krankes Kind zu haben, bedeutet für Eltern oft, sich von Träumen über das Leben mit seinem Kind zu verabschieden. Sich mit der Realität auseinanderzusetzen, ist wichtig: Helfen können Psychologinnen und Psychologen, aber auch Gespräche mit betroffenen Familien.