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Eher durchsichtig, meist etwas gelblich und recht spärlich fließen die zähflüssigen Tröpfchen anfangs aus der Brust. Manchmal ist es auch gar nicht so leicht, ihr diese erste Milch, das Kolostrum, überhaupt zu entlocken. Auf den ersten Blick mag es erstaunen, dass so ein bisschen Milch dem Baby genügt. „Der Magen eines Neugeborenen ist am ersten Tag so groß wie eine Kirsche“, klärt jedoch Maria Flothkötter auf, Geschäftsführerin des Netzwerkes „Gesund ins Leben“ in Bonn.

Am dritten Tag hat er ­etwa die Größe ­einer Walnuss, nach einer Woche die einer Aprikose. An ihrem ersten Tag auf der Welt nehmen Neugeborene etwa fünf bis sieben Milli­liter Kolostrum pro Mahlzeit auf, sagt die Expertin. Und sie werden ungefähr acht- bis zwölfmal angelegt – bei Bedarf auch öfter. So bleibt Babys Bäuchlein immer gut gefüllt. Eltern können also unbesorgt sein. „Das Kolostrum enthält genau das, was ein Baby braucht, wenn es auf die Welt kommt“, erklärt Monika Jahnke, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laktationsberaterinnen in Laatzen.

Stärkung für das Immunsystem

Was genau drinsteckt, lässt sich nicht pauschal angeben. „Die Zusammensetzung hängt von vielen Faktoren ab und unterscheidet sich von Mutter zu Mutter“, erklärt Maria Floth­kötter. So hat etwa ihre Ernährung Einfluss. Kolostrum enthält zum Beispiel Eiweiße und Zellen, die helfen, das Immunsystem des Neugeborenen aufzubauen.

„Das Kind nimmt über die erste Milch Immunstoffe der Mutter auf und ist dadurch in den ersten Wochen und Monaten vor vielen Krankheiten geschützt, gegen die auch die Mutter immun ist“, erklärt Floth­kötter. Hinzu kommen Vitamine und Mineral­stoffe in hoher Konzentration. Komplexe Kohlenhydrate sorgen vor allem dafür, dass sich gute Bakterien im Darm ansiedeln.

Geringeres Risiko für Gelbsucht

Ein weiterer Vorteil für Babys: „Das Kolostrum wirkt abführend“, sagt Monika Jahnke. Warum das in diesem Fall gut ist, erklärt die Expertin so: Nach der Geburt baut der Körper des Babys überschüssige rote Blutkörperchen ab. Dabei entsteht ein Abbauprodukt, das Bilirubin heißt. Es sammelt sich an, bis es mit dem ersten Stuhlgang ausgeschieden wird.

Verbleibt es zu lange im Körper, kann das Baby eine Neugeborenengelbsucht bekommen. In vielen Fällen ist diese harmlos, manchmal muss sie aber behandelt werden, damit das Nervengewebe im Gehirn keinen Schaden nimmt. „Je schneller das Kind ausscheidet, desto geringer ist das Risiko, eine Neugeborenengelbsucht zu bekommen“, so Jahnke. Das Kolostrum sorgt ­also dafür, dass das Bilirubin möglichst schnell mit dem Stuhlgang aus dem Körper herausgelangt.

Kolostrum unabhängig vom Stillen füttern

Die Gesundheit des Babys profitiert von dieser ersten Milch so sehr, dass auch Müttern, die nicht stillen möchten, empfohlen wird, ihr Neugeborenes damit zu füttern. „An die Brust müssen die Frauen ihr Baby dafür nicht legen, wenn sie das nicht möchten“, sagt Monika Jahnke. Eine Milchpumpe eignet sich für die kleinen Kolostrum-Mengen nicht. Aber: „Die Brust kann von Hand entleert werden. Wie das geht, zeigt die Hebamme in der Geburts­klinik.“ Das Baby bekommt das Kolos­trum dann mit einer kleinen Spritze oder von einem Löffel. „Einzelne Tröpfchen können die Frauen auch vom Baby ablecken lassen oder ihm auf die Lippen geben.“

Mütter, die nicht stillen möchten, müssen nicht fürchten, dass sie dadurch die weitere Milchbildung anregen. Bereits ab der 16. Schwangerschaftswoche wird das Ko­lostrum gebildet. „Wenn eine Mutter ihr ­Baby zum Beispiel in den ersten 24 Stunden anlegt oder die Brust von Hand entleert und erst danach abstillt, ist das problemlos möglich“, meint Jahnke. „Jeder Tropfen der ersten Milch ist wichtig und wertvoll.“

Reife Frauenmilch bildet sich ab dem 10. bis 14. Tag

Und die reich­liche Bildung der Frauenmilch ­beginnt frühestens nach 36 bis 48 Stunden, meist sogar erst nach 72 Stunden. Auch das weitere Stillen mit der reifen Frauenmilch, die sich ab dem 10. bis 14. Tag bildet, lohnt sich. Gestillte Kinder haben etwa ein geringeres Risiko, übergewichtig zu werden und Herz-Kreislauf-Er­kran­kungen oder Diabetes zu bekommen.

Die Nationale Stillkommission empfiehlt daher: Säuglinge am besten das erste halbe Jahr, jedoch mindestens bis zum Beginn des fünften Lebensmonats, ausschließlich mit Muttermilch ernähren. Mit Beginn der Beikost zwischen dem fünften und dem siebten Monat dann weiterstillen, so lange wie Mutter und Kind das möchten.

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