Familienplanung per App: Kann das funktionieren?
Die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis liegt in jedem Menstruationszyklus zwischen 15 und 25 Prozent. Zwei Drittel der Frauen, die schwanger werden wollen, können demnach innerhalb eines Jahres damit rechnen, dass es klappt. Schneller geht es möglicherweise mit einer Kinderwunsch-App. Die Software soll helfen, den Eisprung zu errechnen, um damit die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen, wenn das Paar an diesen fruchtbaren Tagen Geschlechtsverkehr hat. Doch lässt sich die Natur wirklich so leicht in die Karten schauen?
NFP als Berechnungsgrundlage
Das grundlegende Prinzip ist nicht neu. Es heißt Natürliche Familienplanung (NFP) und funktioniert für viele Frauen und Paare seit Langem sehr gut: Es ordnet Anzeichen ein, die auf fruchtbare Tage hindeuten. Nun soll eine Software auf einem Smartphone oder dem Tablet diese Aufgabe übernehmen. Die Person gibt dazu in die App unterschiedlichste Daten ein. Die App errechnet daraus den Zeitraum, in dem die Chance auf Empfängnis besonders groß ist. Kurz: das Fruchtbarkeitsfenster.
Unterschiede bei der Berechnung des Eisprungs
Das Angebot an Kinderwunsch-Apps ist bereits groß. Bei manchen ist die Nutzung kostenlos, bei anderen müssen Sie ein Abo abschließen, das bis zu 50 Euro oder mehr im Monat kosten kann. Bei der Auswahl sollten Sie darauf achten, welche Berechnungsmethode die App benutzt:
- Prognose- oder Kalender-Apps errechnen das Fruchtbarkeitsfenster aufgrund von Daten vorangegangener Menstruationszyklen. Dabei berücksichtigt die App nicht, dass der normale Zyklus bei zwei Dritteln aller Frauen um mehr als sieben Tage schwankt. Das Ergebnis ist deshalb nur eine mehr oder weniger genaue Prognose.
Temperatur-Apps bestimmen das Fruchtbarkeitsfenster über die symptothermale Methode. Sie erfassen den Verlauf der Basaltemperatur, also der Temperatur direkt nach dem Aufwachen. Zusätzlich müssen die Nutzerinnen täglich den Schleim im Gebärmutterhals untersuchen und oft auch Stimmungsschwankungen, Stress und Schlafqualität angeben. Diese Apps entsprechen am ehesten der natürlichen Familienplanung und wurden in einer Studie als noch am zuverlässigsten beurteilt.
- Hormon-Apps sollen es ermöglichen, das Fruchtbarkeitsfenster über die Konzentration von Schwangerschaftshormonen im Urin oder im Speichel vorherzusagen. Dazu messen die Nutzerinnen mittels Teststreifen selbst den LH-Wert und geben diesen in die App ein. Diese Apps bergen für die Zukunft zwar viel Potenzial – ausgereift sind sie noch nicht.
Die Schwachstelle aller Apps: Es gibt keinen Messwert, mit dem sich das Fruchtbarkeitsfenster so zuverlässig vorhersagen ließe, wie es für eine erfolgreiche Familienplanung nötig wäre. Weicht das errechnete vom tatsächlichen Fenster ab, findet der geplante Geschlechtsverkehr möglicherweise an unfruchtbaren Tagen statt, und die Schwangerschaft bleibt aus.
Datenschutz ungeklärt
Ungenaue Fruchtbarkeitsfenster sind aber nur ein großer Nachteil vieler Kinderwunsch-Apps – ein weiterer ist die Datensicherheit. Einige App-Anbieter verwenden für ihre Berechnungen die Daten anderer Nutzer, die sie über eingebaute Social-Plug-ins gewonnen haben.
Zudem speichern viele Apps die eingegebenen Daten in einer Cloud, wobei unklar ist, in welchem Land diese liegt und welche Datenschutzgesetze dort gelten. Diese Daten könnten die App-Betreiber dann wie bei anderen Gesundheits-Apps für Marketingzwecke einsetzen – etwa um Windeln und Babynahrung zu bewerben.
Kinderwunsch-Apps eher zur Dokumentation geeignet
Fazit: Kinderwunsch-Apps eignen sich gut, um den Zyklus nach dem Prinzip der Natürlichen Familienplanung zu dokumentieren. Für Paare, die durch digitale Hilfe auf eine baldige Schwangerschaft hoffen, sind Kinderwunsch-Apps wegen der noch mangelnden Genauigkeit derzeit nur eingeschränkt zu empfehlen.
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