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Ein „positives“ Ergebnis ist normalerweise ein Grund zur Freude. Nicht jedoch, wenn das Adjektiv auf dem Arztbrief steht. Denn dann hat sich der Verdacht auf eine Erkrankungsursache bestätigt. H.p.-positiv bedeutet etwa, dass der Erreger Helicobacter pylori nachgewiesen wurde, der Auslöser des „Duodenalulkus“, unter dem die Patientin bzw. der Patient leidet.

Befundberichte stecken voller Abkürzungen und Fachbegriffe, die kaum einer begreift. Diese Arztbriefe sollen auch gar nicht laienverständlich sein. Wie der Name schon sagt, richten sie sich an Fachkolleg:innen. Und diese wissen beim Lesen sofort, dass im genannten Beispiel von einem Zwölffingerdarmgeschwür die Rede ist und dieses durch ein bestimmtes Magenbakte­rium verursacht wird. „Natürlich fände ich es gut, wenn auch der Patient etwas Schriftliches in die Hand bekäme, sodass er angemessen über seine Diagnose informiert wird“, sagt Professor Hendrik Berth, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Psycho­soziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften an der Universitätsklinik Dresden. Zumindest bei Diagnosen von einer gewissen Tragweite. Doch Patientenbriefe sind in Deutschland bislang nur bei Beratungen im Zusammenhang mit dem Erbgut üblich.

Befunde übersetzen lassen

Schon seit 2011 gibt es eine Initiative, die das ändern will: Ehrenamtlich tätige Ärzt:innen und Medizinstudierende übersetzen Arztbriefe in eine verständliche Sprache. Dafür schicken die Patient:innen ihren ­Befundbericht an das Internetportal washabich.de, und einige Tage später bekommen sie eine verständliche Version zurück. Sogar das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt die Initiative seit Kurzem finan­ziell. Die Nachfrage nach Übersetzungen ist inzwischen allerdings so immens, dass pro Tag nur eine begrenzte Anzahl von Aufträgen angenommen wird.

Das zeigt: Der Bedarf an einfachen schriftlichen Informationen ist so groß, dass ihn diese Initiative gar nicht decken kann. Übersetzte Befundberichte sind höchstens eine Hilfe, um sich auf das Arztgespräch vorzubereiten, jedoch kein Ersatz dafür. Berth: „Der Arzt steht in der Pflicht, seine Patienten richtig und vollständig aufzuklären und zu informieren.“ Dazu gehört auch, dass er ihm den Befund erklärt. Allerdings kann kein Mediziner wissen, was sein Gegenüber alles von ihm ­hören will. Jeder muss sich also selbst darum bemühen, Fragen beantwortet zu bekommen. Und falls der Ärztin oder dem Arzt gerade die Zeit fehlt, weil noch ein Dutzend Patient:innen im Wartezimmer sitzen, sollte man dafür einen Extra-Termin vereinbaren.

Mit Checkliste in die Arztpraxis gehen

„Viele Menschen scheuen sich, ihr Informationsbedürfnis mit Nachdruck zu vertreten“, sagt Professorin Marie-Luise Dierks. Sie leitet an der Medizinischen Hochschule Hannover die Patientenuniversität – eine Einrichtung für jedermann, um die eigene Gesundheitskompetenz zu verbessern. Auf der Webseite patienten-universitaet.de finden sich etwa Checklisten mit Fragen als Hilfe, um sich vorab zu überlegen, was man unbedingt wissen will. Dierks empfiehlt weiterhin, sich während des Gesprächs die wichtigsten Punkte zu notieren – eine gute Gedächtnisstütze. Denn wie eine Studie ergab, haben die Patient:innen bereits 80 Prozent vergessen, sobald sie die Praxis wieder verlassen. „Auch ich schreibe bei wichtigen Fragen immer mit“, sagt Dierks.

Außerdem hilft es, dabei eine Person des Vertrauens an der Seite zu haben. „Das gibt auch eine emotionale Unterstützung“, erklärt Dierks. Zudem betreffen viele Gesundheitsprobleme den Partner und andere enge Familienangehörige – etwa wenn Diabetes diagnostiziert wurde und man deshalb den Speiseplan verändern sollte. Oder wenn bei angegriffener Leber Alkohol fortan tabu ist.

Ein Recht auf Zweitmeinung

Wer noch weitere Unterstützung benötigt, findet sie beispielsweise bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. Diese Einrichtung wurde vor ein paar Jahren geschaffen, um neutral und kostenfrei Fragen zu allen Gesundheitsbelangen zu beantworten: per Telefon, per E-Mail und in einer von derzeit bundesweit 30 Beratungsstellen. Für Menschen mit Krebs und ihre Angehörigen gibt es bereits seit drei Jahrzehnten den Krebsinformationsdienst.

Darüber hinaus hat jeder Patient das Recht, die Zweitmeinung eines anderen Arztes oder einer Ärztin ein­zuholen. Das ist bei schweren Erkrankungen besonders wichtig, doch auch bei kleineren Gesundheitsproblemen oft ratsam – etwa dann, wenn die Entscheidung ansteht, ob es sich bei einer empfohlenen OP um die individuell richtige Therapie handelt.

Ein „positiver“ Befund wirft also viele Fragen auf. Doch die Mühe lohnt sich, nach passenden Antworten zu suchen. Und es gibt jede Menge Unterstützung auf dem Weg zu diesem Ziel.

Beispiele für einen falsch verstandenen Befund:

Beispiel 1

  • Was Ärzt:innen schreiben: "Positive Laborwerte"
  • Was Patient:innen verstehen: "Positiv hört sich gut an. Ich bin kerngesund."
  • Was es bedeutet: „Bei der Untersuchung der Blutprobe im Labor wurden (zum Beispiel) Krankheitskeime gefunden.“

Beispiel 2

  • Was Ärzt:innen schreiben: „V.a. Wurzel­affektion C6 und C7 R“
  • Was Patient:innen verstehen: „Brauche ich einen Taschenrechner dafür?“
  • Was es bedeutet: „Es besteht der Verdacht (V.a.), dass die Nervenwurzeln auf Höhe des sechsten und siebten Halswirbels (C6, C7) auf der rechten Seite (R) von etwas gereizt oder berührt werden (Wurzelaffektion).“

Beispiel 3

  • Was Ärzt:innen schreiben: „Pulmo: beidseits ­belüftet, keine RGs, keine KS-Dämpfung“
  • Was Patient:innen verstehen: „Bin ich ein Auto? Die Lüftung ist okay, die Stoßdämpfer sind kaputt?“
  • Was es bedeutet:
    Die Lunge (Pulmo) ist beidseits belüftet. Das heißt: In beide Lungenhälften strömt Luft.
    Der Arzt hat keine ­Rasselgeräusche (RGs) gehört. Sie entstünden zum Beispiel, wenn sich die Lunge entzündet oder Wasser in ihr sammelt.
    Der Arzt konnte keine Klopfschall-(KS-)Dämpfung) feststellen. Eine solche würde vorliegen, wenn das Geräusch beim Abklopfen leiser wird. Auch das wäre ein Anzeichen für eine Entzündung oder Wasseransammlung.
    Kurz: Die Lunge wurde abgehorcht und abgeklopft, und alle Befunde waren normal. Das Atemorgan ist also gesund.

Beispiel 4

  • Was Ärzt:innen schreiben: „Corticale Imprimierung des ­Humeruskopfes an der ventralen Zirkumferenz“
  • Was Patient:innen verstehen: „...?“
  • Was es bedeutet: Die Corticalis ist die äußere harte Schicht des Knochens, die das Knochenmark umgibt. An der nach vorne zeigenden (ventralen) Ausdehnung (Zirkum­ferenz) des Oberarmkopfs (Humeruskopf) ist diese Schicht eingedrückt (Imprimierung).

Persönliche Hilfe finden Sie hier

Die Unabhängige Patienten­beratung Deutschland berät bei allen Gesundheitsbelangen:

- Telefon: 08 00/0 11 77 22

Montag bis Freitag 8 bis 22 Uhr, Samstag 8 bis 18 Uhr

- Internet: patientenberatung.de

Der Krebsinformationsdienst beantwortet Fragen zu Krebs­erkrankungen:

- Telefon: 08 00/4 20 30 40

Täglich von 8 bis 20 Uhr

- Internet:

krebsinformationsdienst.de

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