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Herr Calmund, auch auf die Gefahr hin, dass Sie das in letzter Zeit ständig hören: Sie sind wirklich kaum wiederzuerkennen.

Ja, das sehe ich auch so. Aber ich habe mich schon an das Bild gewöhnt, muss ich sagen.

Sie haben sich quasi halbiert …

Ich bin jetzt bei etwas über 90 Kilo von ehemals 180. Die Magen-Operation ist jetzt ungefähr zwei Jahre her. Ich habe ein paar Kilo mehr abgenommen, als ich eigentlich wollte. Im letzten Sommer war ich bei etwas über 100 Kilo. Bei der dicken Wampe musste ich die Fettschürze aber noch wegmachen lassen. Da habe ich dann noch mal zehn Kilo verloren.

Ist das jetzt Ihr Wunschgewicht?

Ich bin gar nicht unbedingt davon ausgegangen, dass ich auf diese Kilozahl komme. Ich bin auch nicht ständig auf der Waage. Das kam peu à peu, aber ich war zielstrebig. Ein Vorteil war: Ich habe abgenommen, ­ohne zu hungern. Ich habe weiterhin alles gegessen, was mir geschmeckt hat. Aber es ist natürlich so, dass du durch die Magenverkleinerung ein früheres Sättigungsgefühl bekommst.

Umgestellt haben Sie Ihre Ernährung aber nicht?

Doch schon, ich esse ein bisschen mehr Gemüse und vor allem Fisch. Ich liebe Fisch! Vor allem Seeteufel. Ich esse aber auch weiterhin Süßigkeiten. Ich bin ein süßes Kerlchen, das habe ich auch nicht ganz abgeschafft. Aber ich esse viel weniger. Du kannst nach der Magenverkleinerung auch gar nicht mehr so viel verputzen.

Wie kam es dazu, dass Sie sich zu dem Eingriff entschieden haben?

Ich war 2019 mit voller Gewichtsklasse in Kalifornien bei den dicken Amerikanern. In San Diego am Flughafen beim Check-in schiebt mir plötzlich so einer vom Schalter ungefragt einen Rollstuhl unter den Arsch und schiebt mich bis zum Flugzeug. Das war mir richtig peinlich. Ich habe mich echt geschämt. Aber nach der dritten, vierten Fahrt wurde das richtig bequem und angenehm, sodass ich auch nicht ganz beleidigt war. Aber irgendwann habe ich dann gedacht: So viele wünschen sich, nicht im Rollstuhl zu sitzen und ich könnte es haben.

War das die Initialzündung, dass sich etwas ändern muss?

Da kamen mehrere Dinge zusammen. 2016 hatte ich in Thailand schon eine Lungenembolie. Ich war auf der Intensivstation und die haben mich sogar mit dem Notflieger nach Deutschland gebracht. Gleichzeitig kriegte ich auch noch einen Bandscheibenvorfall. Da war mir schon klar, dass ich abspecken muss. Aber wirklich ausschlaggebend war kurz nach unserem Urlaub in ­Kalifornien ein Treffen mit Uli Hoeneß.

Inwiefern?

Wir waren in München zusammen mittagessen. Und ich hatte meinen Neurologen dabei. Da sagte der Uli: „Calli, du kannst doch mal was für die Plauze tun“ – und hat mir die Adresse von einem Spezialisten gegeben. Da bin ich dann mit meinem Arzt am nächsten Tag hingefahren.

Und der Spezialist hat Ihnen dann zur Magen-OP geraten?

Der hat gesagt: „Herr Calmund, Sie haben keine Chance, Sie müssen die OP machen. Sie werden den Jo-Jo-Effekt nie besiegen.“ Und ich hatte ja sowieso noch ein bisschen Zorn. Zehn Jahre davor war ich beim Abnehm-Marathon mit Joey Kelly im Fernsehen dabei. Da hatte ich 30 Kilo verloren. Und ein paar Monate später waren 40 Kilo wieder drauf. Mann, hab ich mich geärgert!

Das heißt, Sie können ein Lied vom ­Jo-Jo-Effekt singen?

Ich habe in meinem Leben bestimmt zehn Kuren gemacht. Dabei habe ich insgesamt 200 Kilogramm abgenommen und nachher wieder 280 Kilogramm zugenommen. Und so wurde das Gewicht von Jahr zu Jahr mehr. Ich hätte die Entscheidung zur OP wesentlich früher treffen müssen.

Zwei Tage nach der OP habe ich schon wieder Bundesliga geguckt!

Hatten Sie denn Angst vor der OP?

Als ich reinkam ins Krankenhaus, hatte ich voll Muffensausen. Wirklich voll Schiss! Aber die Ärzte haben mir versichert: Wenn wir jemanden mit über 70 Jahren operieren, gucken wir nicht nur, ob wir demjenigen helfen können, sondern auch, dass wir ihm nicht schaden. Da war ich schon wesentlich beruhigter. Und als die Anästhesisten gesagt haben, dass sie mich mit meinen Werten sogar ins Weltall schicken würden, da habe ich mich schon fast wieder gefühlt wie Popeye.

Wie ging es Ihnen, als Sie aus der Nar­kose aufgewacht sind?

Mir ging es gut. Ich war eine Nacht auf der Intensivstation. Am nächsten Tag wurde alles abgestöpselt. Und zwei Tage später habe ich schon wieder Bundesliga geguckt.

Wann konnten Sie nach dem Eingriff wieder normal essen?

Ich durfte vier Wochen nur Flüssigkeit und Brei essen. Und Suppen. Aber das hat mir nichts ausgemacht. Ich liebe ja Suppen! Und kurze Zeit später gab’s dann auch schon wieder die erste Kelle Chili con
Carne.

Fühlen Sie sich jetzt wohler als früher?

Ich fühle mich sauwohl. Ich kann spazieren gehen und kriege dabei keine Schnapp­atmung mehr. Ich kann mich bewegen, ich kann meine Schuhe zubinden und mit meiner Tochter Federball im Garten spielen. Ich habe zig Jahre in meinem Haus gewohnt und wusste gar nicht, dass ich von dort in nur zehn Minuten an einem wunderschönen Weiher bin. Jetzt kann ich sogar um den See herumspazieren.

Jetzt mache ich täglich Sport. Egal, ob ich zuhause bin oder auf Kreuzfahrt.

Würden Sie sagen, dass Sie heute insgesamt gesundheitsbewusster leben?

Ja! Ich checke jeden Morgen und Abend meine Werte: Blutdruck, Sauerstoffsättigung. Mit dem Atemtrainer blase ich jeden Tag die Bällchen hoch. Und ich mache Sport: Fitness und Fahrradfahren. Egal, ob ich auf Kreuzfahrt bin oder nicht: ohne Ausnahme. Das ganze Programm.

Das klingt geradezu vorbildlich. Können Sie heute überhaupt noch nachvollziehen, wie es überhaupt zu Ihren 180 Kilo kommen konnte?

Die Formel war einfach, da brauche ich keinen Arzt. Ich habe zu viel gegessen und mich zu wenig bewegt. Dabei war ich als Kind ja sogar ein Hungerhaken. Bis ich 18, 19 war, habe ich Fußball gespielt. Dann ­hatte ich die Sportverletzung und das war’s mit Sport. Da kamen die Kalorien anmarschiert. Als Trainer war ich schon strammer, dann irgendwann pummelig und mit 30 als Manager wurde ich schön dick.

Ihr Gewicht war aber auch all die Jahre Ihr Markenzeichen. War der öffentliche Umgang damit nicht manchmal auch verletzend?

Ich wurde nicht so sehr dafür gehänselt. Und wenn mich so gut aussehende Dressmen gefragt haben: „Herr Calmund, können wir ein Foto machen?“ Dann hab ich mich einfach vor die Kamera gestellt und gesagt: „Hier sehen Sie Dick und Doof. Und Sie können leicht erkennen, dass ich nicht der Doof bin.“