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Senioren Ratgeber: Frau Ruge, Sie haben Biologie auf Lehramt studiert. Wie verändert das Wissen um naturwissenschaftliche Zusammenhänge den Blick auf den eigenen Körper?

Nina Ruge: Ganz stark. Allerdings bin ich ja eine aus der Generation 80er-Jahre-Studium. Die Wunder, die in den 40 Jahren danach in der Biologie entdeckt wurden, habe ich damals nicht kennengelernt. Die Recherche für mein neues Buch übers Altern hat mir daher einen noch größeren Kniefall vor der körpereigenen Intelligenz abgerungen.

Für Ihr Buch sind Sie tief in die Zellbiologie eingetaucht ...

... und habe entdeckt, was für ein fantastisches Universum der menschliche Körper ist! Das Wissen um die schier unglaubliche Erneuerungsfähigkeit des Körpers macht einen demütig. Und je tiefer man in die verschiedenen Regelkreise einsteigt, was uns lebendig hält und auch immer wieder heilt, desto faszinierter ist man von diesem Wunderwerk.

Wer hat Ihre Liebe zur Biologie geweckt? Ihre Eltern?

Mein Vater war Professor für Maschinenbau und wollte unbedingt, dass ich Maschinenbauingenieurin werde. Und weil ich keine rebellische Teenagerin war, habe ich seinen Rat befolgt und in der Schule Mathematik und Physik als Leistungskurse gewählt. Mein Vater hat mich auch früh in sein Institut mitgenommen. Und mir alles immer spannend gemacht, indem er mir zum Beispiel ein Fliegenauge im Elektronenmikroskop gezeigt hat. Maschinenbau habe ich dann nicht studiert, aber immerhin Biologie.

Nina Ruge:

  • geboren am 24. August 1956 in München
  • Beruf: Journalistin
  • Studierte Germanistik und Biologie auf Lehramt. Die bekannte TV-Moderatorin ist auch eine erfolgreiche Buchautorin, zuletzt mit ihrem Buch über das Alter.
  • Privat: Seit 2001 mit Wirtschaftsmanager Wolfgang Reitzle verheiratet. Das Paar lebt in Hamburg.

Bedauern Sie manchmal, dass Sie nicht mehr als Lehrerin arbeiten?

Die wunderbare Schriftstellerin Christa Wolf hat mal gesagt: "Du musst verlassen, was keine Herausforderung mehr darstellt." Mir geht es genauso. Ich war damals ganz jung an der Schule, mit 25 verbeamtet. Ich wollte mich weiterentwickeln, etwa an eine deutsche Schule im Ausland gehen. Als Journalistin kann ich aber ebenfalls sehr viel an Motivation und an Wissen vermitteln, wenn man es seriös macht.

Wann haben Sie gemerkt, dass es Sie zum Fernsehen zieht?

Es hat mich gar nicht gezogen, mehr getragen. Ich bin ausgestiegen als Lehrerin in Wolfsburg und nach Berlin gegangen. Dort habe ich erst mal Klinken geputzt, war Gehilfin der Garderobiere, Skriptgirl, Regieassistentin. Dann bewarb ich mich auf eine Stelle bei RIAS-TV. Und ich als journalistische Nullnummer wurde tatsächlich zum Moderationstest eingeladen. Ich habe Blut geleckt, das journalistische ABC gelernt, und dann ging es los. Das war 1988.

Zielstrebig, diszipliniert, sich in etwas reinknien – ist das Ihr Ding?

"Was du machst, machste richtig." Das habe ich von meinen Eltern. Ich habe nie bewusst auf meine Eltern gehört, aber 20 Jahre später kapiert, dass ich alles so mache, wie sie es mir wertemäßig vorlebten. Zudem bin ich vom Sternzeichen Jungfrau. Ich bin tatsächlich sehr zuverlässig und detailversessen, aber zugleich interessiert an den großen Zusammenhängen.

Sie haben als Fernsehmoderatorin Karriere gemacht, aber auch sehr viele Bücher veröffentlicht. Was reizt Sie am Schreiben?

Das Mit-mir-Sein. Ich bin sonst so viel mit Menschen zusammen, interviewe, moderiere, bin immer im Austausch. Das Buchschreiben ist eine völlig andere Art, sich mit einer Materie auseinanderzusetzen und mit sich selbst. Ich lerne bei jedem Buch so viel – auf der wissenschaftlichen wie auf der lebenspraktischen Ebene, etwa wie man glücklich wird.

Jetzt schreiben Sie über das Alter. "Das Alter wird heilbar" ist ein gewagter Titel.

Wegen des Titels sind mein Co-Autor und ich auch kritisiert worden, weil das natürlich suggeriert, dass Altern eine Krankheit sei. Altern als Prozess des Reifens ist natürlich keine Krankheit, das Altern auf Zellebene schon. Das beginnt sogar schon mit 25, weiß man aus der Zellbiologie. Mit etwa 60 ist dann der Abbauprozess so weit, dass sich die sogenannten Alterskrankheiten in uns breit machen können, wenn man nicht beizeiten gegensteuert.

Wie Sie zu der Buchidee kamen, hat etwas mit einem Ihrer Geburtstage zu tun. Erzählen Sie mal ...

Als ich 50 wurde, fragten mich Journalisten, wie die 50 sich anfühlt. Da wagten sie noch, mein Alter offen anzusprechen. Bei meinem 60. redeten Sie nur von "meinem Ehrentag". Ich habe erwidert: "Leute, sagt doch bitte, dass ich 60 werde, ich habe damit kein Problem!" Ich verstehe ja, dass Menschen, die halb so alt sind, 60 für fast scheintot halten. Aber für mich ist das ein super Alter. Das hat mich neugierig gemacht, mich mit dem Alterungsprozess auch wissenschaftlich zu beschäftigen.

Tägliches Workout, täglich ein kurzer Mittagsschlaf. So treten Sie dem Alter entgegen.

Stimmt! (lacht) Wer regelmäßig trainiert, baut nicht so rapide Muskelzellen ab, die Mitochondrien in den Zellen, die Sauerstoff in Energie umsetzen, bleiben dann leistungsfähiger und man wird nicht so schnell schlapp. Mein Lieblingssport stammt aus den USA und heißt Barre-Fusion, ein Krafttraining ohne Geräte. Man trainiert dabei den ganzen Körper an einer Stange, englisch Barre, mit intensiven Phasen des Dehnens und vor allem mit Musik, was ich liebe.

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Sie achten auch auf genug Eiweiß im Essen.

Gerade im Alter spielen Proteine für den Stoffwechsel eine große Rolle. Und als Vegetarierin ist es für mich doppelt wichtig, darauf zu achten.

Wie oft denken Sie daran, dass das Leben endlich ist?

Schon mein ganzes Leben lang beschäftige ich mich mit Spiritualität. Doch erst mit dem Tod meiner Eltern und dem Tod meiner Schwester rückte das so richtig nah an mich heran. Der Lockdown hat mich motiviert, mich mit meiner Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Ich merke: Wer sich der eigenen Endlichkeit bewusst ist, vertieft sein Leben.

Loslassen zu dürfen ist das Beste am Alter – teilen Sie diese Ansicht?

Ja und nein. Loslassen, was ich nicht unbedingt brauche, wie Schönheit, Anerkennung, Erfolg. Aber nicht alles loslassen, sondern Leidenschaft, Begeisterung für das, was mir am Herzen liegt, bis zuletzt bewahren!

Wie gehen Sie als Nachrichtenfrau mit schlechten Nachrichten um?

Glaub nicht alles, vor allem nicht jeder Quelle! Bleib Selbstdenker!

Hilft es Ihnen, wenn Sie sich selbst sagen: "Alles wird gut!"?

Ja, alles wird gut, aber nicht von selbst. Man muss etwas dafür tun.