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Wären Sie gerne in der heutigen Zeit Leistungssportlerin?

Ecker-Rosendahl: Die Zeit ist anders, der Wettbewerb ist ein anderer geworden, weil man zum Teil um sehr viel Geld antreten kann. Da spielen dann andere Interessen hi­nein, es kommt zu Doping und weiteren Manipulationsmöglichkeiten. Das würde mir den Leistungssport wahrscheinlich vermiesen. Damals wollte ich nur wissen: Was kann ich mit meinem Körper erreichen?

Sie sind aber weiter in der Nachwuchsförderung aktiv?

Ja, für die Förderung von Talenten habe ich mich 18 Jahre bei der Sportstiftung NRW eingesetzt. Leichtathletik ist noch immer ­eine der schönsten Sportarten. Ich bin ein Fan von Individualsportarten und finde es toll, wenn sich junge Menschen dafür entscheiden. Fußball wird so übertrieben, das viele Geld entwertet den Menschen.

Wie intensiv verfolgen Sie noch Leichtathletik im Fernsehen?

Es ist schwierig, am Ball zu bleiben, weil es immer unübersichtlicher wird. In der Leichtathletik gibt es mehr als 40 Disziplinen – das sollte man reduzieren.

Bedauern Sie, dass Sie bei Olympia 1976 nicht mehr angetreten sind?

Damals hieß es, jenseits der 25 sollte man nicht mehr auf dem Platz he­rumlaufen. Das ist heute kaum noch zu verstehen. Aber wenn die Motivation fehlt wie bei mir, quält man sich nur. Das wollte ich mir nicht antun. Nach München hatte ich meine Ziele alle erreicht: Ich war Doppel-Olympia­siegerin, hatte mehrere Weltrekorde aufgestellt. Es hätte mich höchstens noch gereizt, die Sieben-Meter-Marke zu überspringen.

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Damals war mit Sport kein Geld zu verdienen. War das ein Grund?

Bis 1983 gab es den Amateurpara­grafen, und wenn wir auch nur fünf Pfennig bei der Bahnfahrkarte mehr abgerechnet hätten, hätten wir eins auf den Deckel bekommen. Preise, die man erhielt, durften nicht wertvoller als 25 Mark sein. Ich hatte ­irgendwann so viele Lockenstäbe und Eierkocher, ich hätte einen Elektrohandel aufmachen können. Von der Deutschen Sporthilfe be­kamen wir einen Essenszuschuss, mussten aber die Quittungen vom Metzger und vom Gemüsehändler einreichen.

Und für die Olympiasiege?

Gab es eine Medaille, sonst nichts.

Klingt nach einer unschuldigen Zeit für den Leistungssport.

Geld war jedenfalls kein Grund, Leistungssport zu betreiben. Spannend war, dass man ein bisschen in der Welt herumreiste und mit Menschen in anderen Ländern in Kontakt kam. Heute erhalten Leichtathleten zwar eine Förderung, sodass sie gerade so über die Runden kommen. Aber einen Brotberuf müssen sie sich trotzdem zulegen.

Heide Ecker-Rosendahl

*14. Februar 1947 in Hückeswagen (Regierungsbezirk Köln)

  • Stellte Weltrekorde im Weitsprung und im Fünfkampf auf. Zwei Goldmedaillen, eine ­Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1972.
  • Mit ihrem Ehemann John Ecker hat sie zwei Söhne, einer davon ist der Ex-Stabhochspringer Danny Ecker. Das Paar lebt in Leverkusen.

War Doping schon ein Thema?

Wir hatten Wettkampf-, aber noch keine Trainingskontrollen. Verboten waren nur Aufputschmittel – das schwappte von den Radfahrern rüber. Hormone wurden erst 1975 verboten. Und mit den ganzen Stereoiden fing es erst an, als ich nicht mehr aktiv war. Wenn ich in den Wettkampf ging, wollte ich gewinnen, dafür musste ich mich nicht noch eigens aufputschen.

Wenn man dann übertroffen wird von jemandem, der ziemlich sicher gedopt hat – ist das nicht schwer zu ertragen?

Darum haben wir in den 1990er-Jahren, als ich für den Leichtathletikverband in der Antidopingkommission war, wirklich knallharte Regeln zur Kontrolle aufgestellt. Einige Athleten waren stinksauer: "Heide, wie kannst du so etwas machen?" Darauf habe ich immer gesagt: "Sei froh, dass etwas unternommen wird. Wie willst du sonst hinterher beweisen, dass du sauber bist?"

Neben dem Körperlichen spielt das Mentale eine wichtige Rolle. Hat Ihnen Ihre mentale Stärke im weiteren Leben geholfen?

Ja, es gibt so ein paar Grundsätze, die man im Leistungssport lernt. Der wichtigste: Man muss seine Hausaufgaben machen. Wenn man das bei­behält, bekommt man auch hinterher alles geregelt.

Klingt einfach.

Ist es an sich auch. Man muss nur ziemlich viel Disziplin besitzen und sehr zielorientiert sein. Das sind Eigenschaften, die einem im Leben helfen, Dinge zu meistern. Ich stand oft vor Situationen, wo ich mich fragte: Bekommst du das hin? Meine Antwort ist dann immer: Worauf kommt es an? Welches sind die wichtigsten Punkte? Konzentriere dich, und dann geht es auch. Wenn man erfolgreich im Sport war, traut man sich da mehr zu. Man hat immer ein gutes Gefühl im Rücken.

Stimmt es, dass Sie Angebote aus der Musik- und Filmbranche ausgeschlagen haben?

Ich sollte in einer Simmel-Verfilmung mitspielen, sogar singen und moderieren. Das kam mir alles absurd vor. Als wäre jeder Sänger auch ein potenzieller Weitspringer. Nur weil ich bestimmte Dinge durch den Leistungssport kann, kann ich mich doch nicht mit Menschen messen, die diese Dinge gelernt haben.

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Sie wollten ursprünglich Innenarchitektin werden?

Das war mein Traum direkt nach der Schule. Nach einem Jahr bin ich aber umgeschwenkt auf ein Sportstudium. Das konnte ich besser mit dem Leistungssport kombinieren.

Beschäftigt Sie das Thema Älterwerden?

Sicher. Zipperlein treten auf, die man vorher nicht kannte, und bei sport­lichen Aktivitäten merke ich, dass es nicht mehr so geht. Und ich habe eine Hüft-OP hinter mir.

Wie halten Sie sich fit?

Ich mache immer noch etwas Sport. Ich freue mich, wenn mir mein Sohn den Hund für einen Tag vorbeibringt. Und wir ernähren uns relativ gesund: viel Gemüse, wenig Kohlenhydrate.

Wo finden Sie Ruhe?

Bei meinen Hobbys. Ich handarbeite viel, nähe sehr gerne, arbeite auch
an der Säge. Mit der Tischkreissäge schneide ich Holzstücke vor und bringe sie mit der Dekupiersäge in die gewünschte Form.

Hatten Sie schon immer ein Faible für Holz?

Schon. Zumal ich in meinen kunsthandwerklichen Arbeiten auch eine Verbindung zum Bereich Innenarchitektur sehe. Für die Enkel habe ich angefangen zu nähen. Aber das wird weniger, je größer sie werden: Die fangen jetzt an, sich zu wehren. 

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