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Bluttests sind mit einigen falschen Vorstellungen verbunden. Zum Beispiel das große Blutbild. „Wenn Patientinnen und Patienten davon sprechen, meinen sie oft: Ich will ganz viele Laborwerte haben, um zu erfahren, dass ich gesund bin“, sagt Dr. Uwe Popert, Sektionssprecher Hausärztliche Praxis bei der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). „Würde ich in Ihrem Blut alles bestimmen lassen, was möglich ist, wären Sie erstens arm und zweitens tot“, entgegnet er Patientinnen und Patienten, die so etwas von ihm wollen. Denn kein Mensch hat genug Blut für all diese Tests. Zudem würden alle zusammen sehr viel Geld kosten.

Großes Blutbild: gar nicht so groß

Mit rund 100 Euro schlägt allein ein sogenanntes großes Blutbild zu Buche. Die Bezeichnung kann in die Irre führen. Denn das Laborergebnis liefert keineswegs das umfassende Bild über das Blut und schon gar nicht über den Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten. Es zeigt vor allem den Gehalt der einzelnen Blutzellen an. Im Unterschied zum kleinen Blutbild werden dabei auch noch die einzelnen Sorten der Immunzellen aufgeschlüsselt. Der Fachjargon dafür lautet Differentialblutbild und umfasst etwa 14 Blutwerte.

Knapp zur Hälfte besteht unser Blut aus Zellen. Doch es enthält noch viel mehr. Für vieles gibt es Tests. „Wir können circa 2500 Blutbestandteile und weitere Substanzen analysieren“, sagt Professor Jürgen Durner, Leiter eines Großlabors in München. Zu Letzteren zählen etwa das Schwermetall Mangan und das Erbgut von Erregern wie Hepatitis-Viren. Für viele Laborwerte gibt es einen definierten Normalbereich. Abweichungen können auf bestimmte Erkrankungen hindeuten.

„Wir Ärztinnen und Ärzte beschränken uns vernünftigerweise auf Bluttests, die in der jeweiligen Situation einen Sinn ergeben“, sagt Popert. Ist zum Beispiel eine Person auffällig müde und hat zudem blasse Haut, könnten das die Anzeichen für Blutarmut sein. Der Nachweis eines zu niedrigen Gehalts am sauerstoffbindenden Eiweiß Hämoglobin liefert darüber Gewissheit. Der häufigste Grund für Blutarmut ist Eisenmangel. Ob dieser vorliegt, lässt sich mit weiteren Tests feststellen.

Fragwürdige Bluttests

Ärztinnen und Ärzte setzen Bluttests bei vielen Gelegenheiten ein, um den Verdacht auf bestimmte Krankheiten zu erhärten –oder auch zu entkräften. Auch der allgemeine Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten ab dem Alter von 35 Jahren beinhaltet Blutanalysen.

Allerdings erfolgen Bluttests nicht selten ohne guten medizinischen Grund. Die DEGAM kritisiert eine Überversorgung bei bestimmten Analysen. Experte Popert denkt da in allererster Linie an Vitamin-D-Checks. „Studien zeigen, dass es nichts bringt, die Blutspiegel vorsorglich mit Vitamin-D-Präparaten aufzufüllen“, sagt der Facharzt für Allgemeinmedizin. Also nutzt es in der Regel auch nichts, zu überprüfen, ob die Werte unter dem Normalbereich liegen. Nur bei Knochenschwund ist einigermaßen gut belegt, dass die Gabe von Vitamin-D-Präparaten den Behandelten etwas bringt.

Es gibt weitere Beispiele für fragwürdige Bluttests, die häufig durchgeführt werden. Zum Beispiel der Nachweis von Antikörpern gegen die durch Zecken übertragenen Borrelien. „Das hilft nur weiter, wenn eine Patientin oder ein Patient typische Symptome hat – etwa Herzrhythmusstörungen oder ein entzündetes Gelenk“, sagt Popert. Die Antikörper allein haben keinerlei Aussagekraft. Denn sie können jahrzehntelang im Blut nachweisbar bleiben – oft nach einer Infektion, von der die Betroffenen nicht einmal etwas bemerkt haben.

Aktuell lassen sich viele Menschen auf Antikörper gegen Coronaviren testen. Warum die Ergebnisse wenig über die Abwehrkräfte gegen eine Covid-19-Erkrankung aussagen, verrät die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie im Interview. Was einzelne Bluttests über den Zustand verschiedener Organe und des Immunsystems aussagen, lesen Sie in den folgenden Abschnitten.

Herz und Gefäße

„Auf zwei Blutwerte schauen wir bei uns auf der Herzstation besonders genau“, sagt Professorin Christiane Tiefenbacher, Chefärztin der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Marien-Hospital Wesel. Die Analysen helfen dabei, einen Herzinfarkt und eine Herzschwäche nachzuweisen oder auszuschließen. Bei einem Herzinfarkt gehen Zellen zugrunde und setzen das Muskeleiweiß Troponin frei. Bei einer Herzschwäche schüttet das gestresste Organ verstärkt das sogenannte Brain Natriuretic Peptide (BNP) ins Blut aus. „Die Substanz bewirkt, dass die Nieren verstärkt Natrium ausscheiden“, sagt Tiefenbacher, die auch Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ist. BNP senkt den Blutdruck und erweitert die Blutgefäße. Das Herz versucht sich also selbst zu entlasten, indem es die Substanz freisetzt.

Die genannten Stoffe aus dem Herz helfen bei der Diagnose in Krankenhäusern. Doch es gibt noch viel mehr Blutwerte, die etwas über den Zustand des Herzens und der Blutgefäße aussagen. Sehr wichtig sind die Blutfette. Sie werden zum Beispiel bei der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung (Check-up) ab dem Alter von 35 bestimmt: das Gesamt-Cholesterin, das LDL-Cholesterin (LDL-C), das HDL-Cholesterin (HDL-C) und die Triglyceride. Hohe Werte für das Gesamt-Cholesterin, das LDL-C und Triglyceride steigern das Risiko, am Herzen und an den Blutgefäßen zu erkranken.

„Wenn jemand zu hohe Triglyceride hat, ernährt er sich in der Regel falsch, bewegt sich zu wenig und/oder trinkt zu viel Alkohol“, sagt Tiefenbacher. Ärzte können die Betroffenen dabei unterstützen, sich gesünder zu verhalten. Der Blutspiegel von LDL-C ist genetisch weitgehend festgelegt. Es lässt sich nur zu einem gewissen Grad durch den Lebensstil günstig beeinflussen. Doch das LDL-C kann durch Medikamente gesenkt werden. In erster Linie erfolgt das durch sogenannte Statine. Ob die Ärztin oder der Arzt einen Cholesterinsenker empfiehlt, hängt vom persönlichen Risiko für eine Herz- und Gefäßerkrankung ab.

Auch der Nüchternblutzucker wird beim Check-up bestimmt. Die Patientin oder der Patient sollte etwa acht bis zwölf Stunden vor der Blutabnahme nichts essen und nichts trinken. Nur so sind die Ergebnisse aussagekräftig. Erhöhte Werte von über 100 Milligramm Glukose pro Deziliter Blut liefern den Hinweis auf eine bestehende Zuckerkrankheit oder ihre Vorstufe.

Besteht der Verdacht auf Diabetes, wird die Ärztin oder der Art in der Regel auch noch den Langzeitblutzucker messen, den sogenannten HbA1c-Wert. Er zeigt den durchschnittlichen Blut- zuckergehalt in den zurückliegenden Monaten an. Hintergrund: Ein Teil des Zuckers heftet sich fest an den Blutfarbstoff Hämoglobin (Hb) in den roten Blutkörperchen. Diese zirkulieren rund 120 Tage durch die Gefäße und werden dann von der Milz ausgesondert. Ärztinnen und Ärzte messen den HbA1c-Wert auch, um den Erfolg einer Diabetes-Therapie zu beurteilen. Ein gut kontrollierter Blutzucker ist unter anderem wichtig, um das Herz und die Gefäße zu schützen.

Ein weiterer Blutwert ist für herzkranke Menschen relevant, die dauerhaft den Gerinnungshemmer Phenprocoumon einnehmen. Sie müssen therapiebegleitend ihren Gerinnungswert regelmäßig überprüfen lassen. Für den Labortest wird eine Probe ihres zuvor ungerinnbar gemachten Blutes zur Gerinnung gebracht. Gemessen wird dann die sogenannte aktivierte partielle Thromboplastinzeit (PTT). Sie ist auch als sogenannter Quick-Wert bekannt. Allerdings hängt das Ergebnis von der jeweiligen Bedingung ab, unter der die Messung erfolgt. Vergleichbar und damit aussagekräftiger wird der Wert, wenn er auf die normale Gerinnung bezogen wird. Daraus resultiert der sogenannte INR-Wert. Das Kürzel steht für International Normalized Ratio. Je nach Ergebnis wird die Dosis des Gerinnungshemmers Phenprocoumon dann angepasst. Sie muss so eingestellt sein, dass vorgegebene INR-Werte erreicht werden. Bei der Therapie wegen Vorhofflimmern etwa sollte er in der Regel zwischen 2 und 3 liegen.

Die Leber

Wird das Stoffwechselorgan geschädigt, setzen seine Zellen vermehrt bestimmte Eiweiße ins Blut frei, sogenannte Leberenzyme. Ist von den Leberwerten die Rede, sind meist die folgenden drei Enzyme gemeint: die Alanin-Aminotransferase (ALT oder ALAT), die Aspartat-Aminotransferase (AST oder ASAT) und die Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT oder g-GT).

Ärzte bestimmen die Werte, wenn sie Erkrankungen vermuten. Zum Beispiel eine Fettleber, eine Leberentzündung (Hepatitis), Probleme mit der Gallenblase oder den Gallenwegen. Ein Anlass besteht etwa dann, wenn eine Patientin oder ein Patient Risikofaktoren für eine Fettleber aufweist. Dazu zählen Typ-2-Diabetes, Übergewicht, eine zuckerreiche Ernährung und das Trinken großer Mengen Alkohol.

„Oft fällt dem Arzt bei der Ultraschalluntersuchung auf, dass der Patient eine Fettleber hat, und dann bestimmt er die Leberwerte“, ergänzt Professor Andreas Geier, Leiter der Abteilung für Hepatologie am Universitätsklinikum Würzburg. Erhöhte Werte allein sagen allerdings wenig über den Zustand der Leber aus. Für eine Diagnose führt die Ärztin oder der Arzt zusätzliche Untersuchungen durch. Bei bestehenden Leber- erkrankungen wird der Zustand des Organs in der Regel wiederholt überprüft.

Das beinhaltet auch die Kontrolle von Enzymwerten. Sie ist außerdem Teil der ärztlichen Routine, wenn eine Patientin oder ein Patient Medikamente einnimmt, die der Leber im Einzelfall schaden können. Dazu zählen zum Beispiel bestimmte Antibiotika, Antidepressiva, Cholesterinsenker und der Wirkstoff Paracetamol.

Auch wenn die Ärztin oder der Arzt zu einer Lebensstiländerung rät, kann es sinnvoll sein, die Leberwerte nach einem gewissen Zeitabstand zu überprüfen. Sie normalisieren sich, wenn man den Alkohol-
konsum drastisch einschränkt oder auf zuckerhaltige Getränke verzichtet. „Wenn die Patienten erfahren, dass sich ihre Leberwerte bessern, wirkt das oft wahre Wunder für die Motivation, etwas langfristig zu verändern“, sagt Experte Geier.

Die Niere

1800 Liter Blut filtern die Nieren eines Menschen täglich, damit Abbauprodukte von Nährstoffen, Muskeln oder Erbsubstanz dem Körper nicht schaden. Um festzustellen, wie gut die Nieren ihren Job erledigen, reicht es zunächst, solche Abbauprodukte im Blut zu bestimmen.

Eine dieser Substanzen ist das Kreatinin. Es entsteht beim Abbau des Energielieferanten Kreatin aus den Muskeln. Die Kreatininkonzentration im Blutserum kann von Mensch zu Mensch verschieden sein. Das liegt etwa an Größe, Muskulatur und Ernährung. Einzelne Ausreißer dokumentieren also keine Nierenschwäche. Das Serum-Kreatinin erlaubt aber eine Schätzung der sogenannten glomerulären Filtrationsrate (eGFR, e steht für „estimated“, zu Deutsch: „geschätzt“). Es eignet sich zudem, den Verlauf einer Nierenerkrankung zu überwachen.

Die eGFR wird häufiger als das Kreatinin zur Beurteilung der Nierenfunktion herangezogen. Sinkt der Wert unter eine alters- typische Grenze, empfehlen Experten regelmäßige Besuche beim Nierenspezialisten. Bei dauerhaft sehr niedrigen Werten liegt eine deutliche Schädigung der Niere nahe. In den meisten Fällen wird dann eine Dialyse, also eine Blutwäsche, nötig.

Weitere Werte, die Auskunft über die Nierenfunktion geben können, sind die Konzentrationen von Harnstoff und Harnsäure. Harnstoff entsteht als Produkt des Eiweißabbaus im Körper, er wird stellvertretend für die Filterung von Stoffwechselprodukten gemessen. Harnsäure bleibt nach dem Abbau von Erbsubstanz zurück, sie kann zu Gicht und Nierensteinen führen. Etwa 15 Prozent aller Nierensteine gehen auf Harnsäure zurück.

Schließlich lohnt zudem der Blick auf den Kaliumspiegel im Blutserum. Lässt die Funktion der Niere nach, kann der Spiegel ansteigen. Das kann zu Herzrhythmusstörungen führen.

Die Schilddrüse

Mit ihren Einflüssen auf Wachstum, Entwicklung und Stoffwechsel spielen die Hormone der Schilddrüse eine zentrale Rolle für die Gesundheit. Um zu erfahren, wie gut das Organ unterhalb des Kehlkopfes funktioniert, bestimmt man zunächst einen Blutwert: den des Thyreoidea-stimulierenden Hormons, kurz TSH.

Dieses Hormon wird nicht von der Schilddrüse selbst produziert, sondern im Vorderlappen der erbsengroßen Hirnanhangsdrüse, die an der Unterseite des Gehirns sitzt. TSH stimuliert in der Schilddrüse dann die Produktion des eigentlichen Schilddrüsenhormons Trijodthyronin, das abgekürzt T3 heißt. Dabei wird erst einmal eine Vorstufe von T3 hergestellt, die ein Jodatom mehr enthält und deshalb kurz T4 heißt. Die Schilddrüse wandelt ein Fünftel dieses Tetrajodthyronins in T3 um, die übrigen 80 Prozent wandern in umliegende Gewebe und werden erst dort zu T3 umgesetzt.

T3 und T4 binden zunächst an Transporteiweiße im Blut. Wirksam ist aber nur ungebundenes Hormon, also freies T3. Dieses freie T3, kurz fT3, macht lediglich 0,3 Prozent des vorhandenen T3 aus, der Anteil von freiem T4 ist um eine Größenordnung kleiner. Eine Messung solch geringer Mengen ist fehleranfällig, Veränderungen lassen sich schwer nachweisen.

Da über eine Rückkopplung schon geringe Schwankungen in der Menge des freien T3 zu großen Veränderungen des TSH-Spiegels führen, kann ein erhöhter oder niedriger TSH-Wert im Blut bereits auf eine Schilddrüsenunter- oder -überfunktion hinweisen – noch bevor Symptome auftreten.

Weicht das TSH deutlich von den Referenzwerten ab, lohnt auch die Bestimmung der eigentlichen Schilddrüsenhormone. Zu beachten ist aber auch hier, dass die Referenzbereiche für den TSH-Wert sehr stark von Alter, Geschlecht, Ethnie, Schwangerschaft und der Jod-Versorgung abhängen. So haben Menschen von mehr als 60 Jahren sehr häufig einen recht hohen TSH-Wert, leiden aber nicht an einer Unterfunktion der Schilddrüse. Der Wert der freien Schilddrüsenhormone ist dann normal.

Erst weitere Untersuchungen können deshalb zeigen, inwiefern die Schilddrüsenfunktion krankhaft verändert ist und wo die Ursache liegen könnte.

Das Immunsystem

Im Gegensatz zu Herz, Niere oder Leber ist das Immunsystem ein schwer zu fassendes Organ. Es ist im ganzen Körper verteilt. Dennoch verrät das Blut etwas über die körpereigene Abwehr. Zum Beispiel, ob der Körper gerade mit einer Infektion kämpft.

Gemessen werden dafür zunächst die Leukozyten oder weißen Blutkörperchen. Sie entstehen im Knochenmark und bilden die Zellabwehr des Körpers. Ist die Gesamtzahl der Leukozyten vermindert, kann das ein Zeichen für einen hohen Verbrauch von weißen Blutzellen sein. Das ist bei einigen Virusinfektionen wie Röteln oder Parasitenerkrankungen wie der Malaria der Fall.

Ist die Leukozytenzahl erhöht, kann das verschiedene Gründe haben. Weiter hilft dann ein Differential-Blutbild, auch großes Blutbild genannt. Dafür werden sechs Zelltypen einzeln gezählt. Am wichtigsten sind die drei Formen von Granulozyten. Unterm Mikroskop weisen sie eine körnige („granulare“) Struktur auf. Die häufigste Form, die neutrophilen Granulozyten, machen bis zu 80 Prozent aller weißen Blutkörperchen aus. Nimmt ihre Zahl stark zu, kann das auf bakterielle Infektionen oder Vergiftungen hinweisen.

Entzündliche Prozesse gehen oft mit einer erhöhten Blutkörperchensenkungs-Reaktion (BSR, kurz Blutsenkung) einher. Für die Messung wird einer Blutprobe Natriumcitrat als Gerinnungshemmer zugesetzt. Dann schaut man, wie weit die roten Blutkörperchen binnen einer Stunde nach unten sinken. Bei Entzündungen ist die Senkung beschleunigt, weil Eiweiße des Immunsystems die roten Blutkörperchen verklumpen.

Eine beschleunigte Blutsenkung muss nicht auf ein Leiden hinweisen. Dagegen zeigt ein stark erhöhter Serumspiegel des C-reaktiven Proteins (CRP) fast immer eine Erkrankung an. Seine Konzentration nimmt im Zuge von Infektionen, Herzinfarkten oder Tumorerkrankungen zu. Besonders hilfreich ist der CRP-Wert, wenn es um Verlaufskontrollen geht: Sinkt die Konzentration, schlägt die Therapie an.

Obwohl Eiweiße, Blutbild und Blutsenkung oft wichtige Hinweise auf eine allgemeine Entzündungsreaktion liefern, sagen sie über die Ursache meist nichts aus. Für eine konkrete Diagnose sind weitere Untersuchungen unerlässlich.

„Für die große Mehrheit sind Tests auf Corona-Antikörper überflüssig“

Interview: Labortests sollen die Immunität gegen Covid messen. Sinnvoll sind sie selten

Frau Professorin Falk, was können
Tests auf Antikörper gegen Coronaviren (SARS-CoV-2) leisten?

Wenn man wissen möchte, ob sich jemand schon einmal angesteckt hat, wird im Blut nach Antikörpern geschaut, die gegen einen Eiweißbaustein des Erregers gerichtet sind, der im Impfstoff fehlt. Das ist ein Eiweiß aus der Hülle des Virus. Antikörper gegen dieses Eiweiß findet man daher nur bei Genesenen, nicht bei Geimpften. Wer geimpft ist, bildet nur Antikörper gegen ein anderes Eiweiß des Virus, das Stacheleiweiß oder Spike Protein. Das ist der Teil des Virus, gegen den mit den meisten Impfstoffen geimpft wird. Wer geimpft ist, aber nicht infiziert war, hat nur Antikörper gegen dieses Stacheleiweiß im Blut.

Wenn Geimpfte nun sehr wenige Antikörper gegen das Virus im Blut haben – was sagt das aus?

Eigentlich nicht viel. Wenn sich Menschen mit einem intakten Immunsystem impfen lassen, bilden sie nach jeder Dosis zwar Antikörper. Aber die Menge dieser Antikörper im Blut nimmt mit der Zeit wieder ab. Es ist zudem unterschiedlich, wie stark die Antikörperantwort nach einer Impfdosis ist. Bei manchen ist sie sehr stark, bei anderen weniger stark ausgeprägt. Dennoch sind die meisten Menschen gut geschützt.

Warum fällt die Antikörperantwort so verschieden aus?

Jeder Mensch hat in seinem Körper eine Art Bibliothek von Antikörperfabriken, den B-Zellen. Diese Bibliothek entwickelt sich nach dem Zufallsprinzip und ist in jedem Menschen deshalb etwas anders. Wenn sich eine Person impfen lässt, binden B-Zellen mit passenden Antikörpern an das Stacheleiweiß aus der Impfung und werden aktiviert. Sie produzieren ihren Antikörper dann in großen Mengen. Die Menge dieser Antikörper im Blut steigt dann an, je nachdem, wie viel passende B-Zellen es gibt und wie gut sie aktiviert wurden. Die aktivierten Zellen entwickeln sich zu Gedächtniszellen. Sie können beim nächsten Kontakt mit dem Stachelprotein, also auch beim Kontakt mit dem Virus, rasch wieder aktiviert werden. Aber dazwischen nimmt die Menge der Antikörper im Blut ab.

Ist ein Antikörpertest dann überhaupt notwendig?

In der Mehrheit der Fälle ganz klar: nein. Die meisten Menschen sind immungesund. Das bedeutet, sie reagieren gut auf die Im-pfung. Sie stecken sich vielleicht an und bekommen Covid mit mildem Verlauf – aber ihre Abwehrkräfte kontrollieren den Infekt. Für diese große Mehrheit der Menschen ist ein Antikörpertest überflüssig.

In Studien wurden aber immer wieder Antikörpermessungen vorgenommen.

Im Zusammenhang mit der sogenannten Immunflucht des Virus, insbesondere Omikron, war oft von Antikörpern die Rede. Als Immunflucht bezeichnen wir die Fähigkeit des Erregers, sich zu verändern und damit einem Teil der Antikörperantwort zu entkommen. Das sind die neutralisierenden Antikörper. Sie binden so gut an das Virus, dass es keine Zellen mehr infizieren kann. Deshalb heißen sie neutralisierend. Im Vergleich zum ursprünglichen Virus, gegen das wir geimpft sind, haben wir gegen die veränderte Omikronvariante nicht mehr so viele neutralisierende Antikörper. Das ist, was in Studien gezeigt wurde. Neutralisierende Antikörper sind aber nicht gleichzusetzen mit der Immunität eines Menschen, zumal, wenn er dreifach geimpft ist.

Was gehört zu dieser Immunität dazu?

Wir haben andere Antikörper, die total wichtig sind. Auch sie sind gegen das Stacheleiweiß des Virus gerichtet, aber gegen andere Teile davon. Wenn man sich das Stacheleiweiß als Schlüssel vorstellt, der Zellen öffnen kann, richten sich diese Antikörper etwa gegen den Griff des Schlüssels. Sie neutralisieren das Virus nicht. Aber sie behindern das Virus, indem sie weiße Blutzellen mobilisieren, die das Virus attackieren und beseitigen können.

Was passiert, wenn das Virus dennoch Zellen infiziert?

Auch dann sind wir vor schwerer Erkrankung geschützt. Unser Körper kann Zellen erkennen, die von Viren befallen sind, und diese Zellen gezielt beseitigen. Dafür gibt es weitere Immunzellen, die T-Zellen. Sie bilden nach den Antikörpern, die Viren abfangen, die zweite Linie der Verteidigung. Sie sorgen dafür, dass sich das Virus im Körper nicht so stark ausbreitet und nicht so schwer krank macht. Das war immer das Ziel der Impfungen – schwere Erkrankungen zu vermeiden. Und auch T-Zellen bilden ein Gedächtnis. Wenn wir uns nach drei Impfungen trotzdem mit dem Virus anstecken, schützt uns unser Immun-Gedächtnis davor, ins Krankenhaus zu müssen.

Sollte man anstelle der Antikörper dann nicht die T-Zell-Antwort messen?

T-Zellen gegen das Virus lassen sich nur sehr aufwendig testen. Man kann solche Untersuchungen nicht in jeder Hausarztpraxis oder Apotheke anbieten. Das wird eher in Speziallabors und in der Forschung gemacht – und da hat sich klar gezeigt, dass die Impfungen eine gute T-Zell-Immunität erzeugen.


Quellen: