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Münzen, Nägel, Zahnprothesen, Fischgräten, Hühnchenknochen. All diese Dinge haben Menschen schon versehentlich verschluckt. Normalerweise wird beim Schluckvorgang reflektorisch der Kehlkopfdeckel verschlossen, damit Speisen und Getränke in die Speiseröhre und nicht in die Luftröhre gelangen. Anschließend öffnet sich der Deckel wieder und wir holen Luft.

Dabei kann unter ungünstigen Umständen ein Stück Essen oder Flüssigkeit in die Luftröhre schlittern – man hat sich verschluckt. Fachleute nennen das Aspiration. Es kann allerdings auch sein, dass sich zum Beispiel eine Fischgräte in der Speiseröhre verfängt. Auch dann spricht der Volksmund von Verschlucken. Fixiert ein Handwerker einen Nagel zwischen den Zähnen, kann ihm dasselbe passieren, wenn er nicht aufpasst.

Hustenreflex als Schutzmechanismus

Gerät ein Fremdkörper in die Luftröhre, reagieren wir normalerweise reflexartig mit einem heftigen Hustenreiz. "Dieser Schutzmechanismus des Körpers befördert den Gegenstand oder die Flüssigkeit normalerweise schnell wieder aus der Luftröhre heraus", erklärt Dr. Wilfried Schnieder, ärztlicher Leiter der zentralen Notaufnahme am Klinikum Herford. Begleitet wird der Hustenanfall häufig von einem Geräusch beim Luftholen. Ist die Speiseröhre betroffen, reagieren viele Menschen ebenfalls mit einem Hustenreflex. "Typisch sind aber auch ein Kloßgefühl im Hals sowie Schluckbeschwerden", sagt Schnieder.

Einmal leicht beim Essen verschluckt? Das ist normalerweise harmlos. Ist das Stückchen Brot aus der Luftröhre verschwunden oder die Fischgräte in Richtung Magen weitergewandert, lassen die Beschwerden nach wenigen Minuten wieder nach. Manchmal kann es allerdings auch gefährlich werden. "Wird ein Fremdkörper aus der Luftöhre nicht durch Husten oder andere Maßnahmen beseitigt, droht Erstickungsgefahr", warnt der Notfallmediziner. Auch ein großer Gegenstand, der sich im Kehlkopf verfängt, kann lebensbedrohlich werden. "Es kann zum Bolustod kommen, einem reflektorisch einsetzenden Herz-Kreislauf-Stillstand", so Schnieder.

Im Notfall Erste Hilfe leisten

Kann der Betroffene noch sprechen, husten und atmen, besteht vermutlich eine leichte Verlegung der Atemwege. Fordern Sie die Person auf, zu husten. Bei Zeichen einer schweren Atemwegsverlegung, wie zum Beispiel der Unfähigkeit zu husten oder Zeichen einer zunehmenden Erschöpfung, beugen Sie die Person nach vorne und geben mit der Hand ein paar Schläge auf den Rücken. Hat das keinen Erfolg und leidet der Betroffene an Atemnot, sofort den Notarzt rufen! Sind die Rückenschläge wirkungslos, geben Sie 5 Oberbauchstöße ab. Dazu stellen Sie sich hinter den Patienten und legen beide Arme um seinen Oberbauch. Lehnen Sie den Patienten nach vorne, ballen die Faust und legen sie zwischen Bauchnabel und Brustkorb. Dann greifen Sie die Hand mit der anderen und ziehen kräftig nach innen und oben. Hält die Atemnot weiter an, abwechselnd fünf Rückenschläge und fünf Oberbauchstöße versuchen. Bei Kindern gilt die Empfehlung für den Handgriff erst ab einem Lebensalter von mindestens einem Jahr. Fremdkörperentfernung mit der Hand aus dem Mund nur durchführen, wenn der Gegenstand deutlich zu sehen ist. Eine Manipulation mit den Händen bei tiefersitzenden Fremdkörpern kann auch eine Verschlechterung der Atemwegsverlegung bewirken. Wird die Person ohnmächtig und atmet nicht, muss mit Kompressionen des Brustkorbs und Atemspende als Basismaßnahmen der Wiederbelebung begonnen werden. Alle Betroffenen, die erfolgreich mit diesen Maßnahmen behandelt wurden, sollen in der Folge von einem Arzt oder einer Ärztin nachuntersucht werden.

Auch wer sich öfter verschluckt, sollte eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Denn Schluckbeschwerden können auf bestimmte Krankheiten hindeuten. Dazu gehören Verengungen in der Speiseröhre, aber auch die Parkinson-Krankheit oder Tumoren. Nach einem Schlaganfall haben Menschen ebenfalls häufig Schluckstörungen. Oft sind spezielle Maßnahmen nötig, etwa eine logopädische Behandlung. Denn wiederholtes Verschlucken begünstigt unter anderem teils ernste Lungenentzündungen – insbesondere, wenn dabei saurer Mageninhalt in die Lunge gelangt.

Das Risiko für Schluckstörungen steigt mit dem Alter an. Studien zufolge[1] betreffen sie 50 Prozent der Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeheimen und bis zu 70 Prozent der Patientinnen und Patienten in geriatrischen Kliniken. Funktioniert der Schluckvorgang altersbedingt nicht mehr richtig, sprechen Fachleute von einer Presbydysphagie. Geschwächten pflegebedürftigen Menschen fehlt manchmal die Kraft zum Husten. Dann wird Verschlucken leicht übersehen. Manche Medikamente können zudem das Aspirationsriskio beeinflussen. Pflegende sollten auf mögliche Anzeichen achten und sich im Zweifel Rat von Arzt oder Ärztin oder vom Pflegedienst holen.

Aber auch Gesunde, die nach "normalem" Verschlucken anhaltende Beschwerden spüren, lassen das am besten ärztlich untersuchen. Es könnte zum Beispiel sein, dass Speisereste zurückgeblieben sind, welche die Bronchien reizen. Oder es steckt womöglich etwas in der Speiseröhre fest. Medizinischer Rat ist auch dann gefragt, wenn Sie versehentlich etwas Scharfkantiges verschluckt haben sollten, etwa einen Nagel.

Um dem Verschlucken vorzubeugen, sollten Sie langsam essen und die Speise gründlich kauen. "Je größer der geschluckte Bissen ist, desto höher ist das Risiko, dass er sich verfängt", meint der Notfallmediziner.

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.


Quellen:

  • [1] Krupp S für die AG Assessment der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie e. V.,: S1-Leitlinie Geriatrisches Assessment der Stufe 2, Living Guideline. Leitlinie: 2019. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 09.03.2023)

  • Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council e.V. (GRC): Reanimation 2021 - Leitlinien kompakt, Überarbeitete Version 2022. https://www.grc-org.de/... (Abgerufen am 09.03.2023)