Corona-Tagebuch aus Berlin 1. April
Happy End für Kay und Digitalisierung im Aufwind
Zu meinem Tagebucheintrag von gestern "Wie Kay – Koch und Coach – die Coronakrise trifft", gibt es noch einen Nachtrag. Ein Happy End sozusagen. Durch das faktische Reiseverbot brachen meinem guten Freund Kay seine Aufträge in der Tourismusbranche weg. Gestern, zwei Tage nachdem er übers Internet seinen Antrag für die Corona-Soforthilfe gestellt hatte, traf der Zuschuss auch schon auf seinem Konto ein. Überglücklich rief er mich gestern Abend an. "Ich kann das noch gar nicht glauben", sagte er. "Damit komme ich gut über die nächsten Wochen."
Digital einen Corona-Zuschuss beantragen, das hat also funktioniert bei Kay. Während der Coronakrise, so scheint es, kommen die Vorzüge der Digitalisierung zum Vorschein. Das Prozedere per Papierantrag hätte wohl Wochen gedauert. Und ohne digitale Angebote würde wir im Moment wohl auch noch viel einsamer werden. Viele machen gerade einen Digitalisierungs-Chrashkurs, ob sie wollen oder nicht – um in Kontakt zu bleiben. Per Videoanruf kann man Oma und Opa nämlich auch aus der Ferne sehen. Manche sind darin fitter als gedacht.
Ich hatte gestern mein erstes virtuelles Date mit lieben Berliner Freundinnen. Normalerweise treffen wir vier uns bei einer von uns zu Hause. Wir trinken Prosecco und quatschen über alles, was uns gerade so auf der Seele brennt. Aber in der Coronakrise ist das natürlich nicht möglich, obwohl gerade jetzt alle Redebedarf haben. Also verabredeten wir uns zu 21 Uhr für einen Gruppenchat.
Die Vorbereitung für dieses Treffen war aufwendiger als sonst. Nicht weil jeder für sich selbst Getränke kaufen musste. Auch die Anfahrt – wir wohnen alle in anderen Stadtteilen Berlins – fiel ja weg. Nein, die Technik-Absprache machte uns zu schaffen. Skype, Zoom, Facetime… Was haben alle? Auf welchen Geräten funktioniert was? Wo kann man einen sicheren Gruppenchat machen? Wo sehen wir uns alle?
Wir haben das Problem lösen können. Eine der Freundinnen nahm die Organisation des virtuellen Treffens in die Hand, legte einen Gruppenchat an. Es funktionierte auf Anhieb. Und wir trafen uns nach vier Wochen endlich wieder. Ich sah nun vier Freundinnen auf meinem Bildschirm, jede auf ihrer eigenen Couch. Alle sichtlich glücklich, dass uns wenigstens diese Möglichkeit des Austausches bleibt – in Zeiten von Kontaktsperre und Versammlungsverbot.
Wir werden erfinderisch in der Coronakrise. Im Alltag, aber auch in der Medizin. Leider hinkt Deutschland beim Thema Digitalisierung kräftig hinter anderen Ländern hinterher. Gerade wird deutlich, wie hilfreich es wäre, wenn es beispielsweise das elektronische Rezept schon gäbe oder wenn Videosprechstunden weiter verbreitet wären. Dann ließen sich sich eine Menge Kontakte vermeiden, und das neue Coronavirus würde sich wahrscheinlich langsamer verbreiten. Videosprechstunden erleben gerade einen kräftigen Schub, berichten deren Anbieter.
Bestenfalls könnte man mit moderner Technik sogar Infektionsketten durchbrechen. Mit Handy-Tracking. Dafür soll es bald eine App geben. Es geht darum, Kontaktpersonen von Infizierten so schnell wie möglich zu benachrichtigen.
So wird die Coronakrise zum Beschleuniger der Digitalisierung. Viele Menschen verlieren die Scheu vor der Technik, weil sie merken, dass sie – sinnvoll eingesetzt – einen großen Nutzen haben kann.