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Unterschenkelbruch - kurz erklärt

Zu einem Bruch des Unterschenkels kommt es meist durch eine Gewalteinwirkung (Trauma). Unter einer kompletten Unterschenkelfraktur versteht man den Bruch des Schien- und Wadenbeins. Diese beiden Knochen des Unterschenkels können aber auch einzeln (isoliert) gebrochen sein. Ein Bruch verursacht starke Schmerzen und der Betroffene kann gegebenenfalls das Bein nicht mehr belasten. Diagnostiziert wird der Bruch durch eine körperliche Untersuchung und Röntgenaufnahmen, manchmal können auch ergänzend CT-Untersuchungen sinnvoll sein. Wie Ärzte den Bruch behandeln, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel wie die Bruchenden zueinander stehen, welche Knochen beteiligt sind, auf welcher Höhe sich der Bruch befindet und wie viele Knochensplitter vorhanden sind. Auch das Ausmaß der Weichteilverletzungen und ob der Bruch "offen" oder "geschlossen" ist spielen eine Rolle. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten: eine konservative Versorgung, zum Beispiel mit Gips oder eine Operation.

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Was versteht man unter einem Unterschenkelbruch?

Der Unterschenkel besteht aus zwei Knochen. Dem Schienbein und dem Wadenbein (siehe Skizze). Zum Körperstamm hin bildet das Schienbein einen Teil des Kniegelenkes, fußwärts gerichtet bilden Schien- und Wadenbein das obere Sprunggelenk. Bei einem Unterschenkelbruch können die Knochen im mittleren Bereich gebrochen sind (Unterschenkelschaftfraktur), aber auch im Bereich der angrenzenden Gelenke. Ist dies im Bereich des oberen Sprunggelenkes spricht man auch von einer oberen Sprunggelenksfraktur (OSG-Fraktur). 

Betrifft der Bruch den mittleren Bereich (Schaftbereich der Knochen) sind häufig beide Knochen gebrochen. Es kann aber auch jeweils nur einer der beiden Knochen einzeln gebrochen sein. Aufgrund der Lage und Dicke handelt es sich dabei deutlich häufiger um das Wadenbein. Dann ist von einem Bruch des Wadenbeins (Fibulafraktur) oder des Schienbeins (Tibiafraktur) die Rede.

Ursachen: Wie kommt es zu einem Bruch des Unterschenkelknochens?

Häufigste Ursache für einen Bruch (Fraktur) des Unterschenkels ist eine Gewalteinwirkung. Dieses Trauma kann indirekt sein, das heißt ohne direkte Gewalteinwirkung wie beispielsweise bei einem Sturz beim Skifahren, in dem der fixierte Fuß im Skischuh nicht der Fallrichtung folgen kann und es somit zu einem "Verbiegen" des Knochens kommt, bis er bricht. Bei einem direkten Trauma wirkt Kraft von außen ein, wie beispielsweise durch einen Verkehrsunfall. Nicht nur als Insaße eines Fahrzeugs, sondern vor allem auch Fußgänger, welche durch die Stoßstange im Bereich des Unterschenkels getroffen werden, sind besonders betroffen. Aber auch Tritte bei Kontaktsportarten wie beispielsweise Fußball können ursächlich sein.

Symptome: Welche Beschwerden bereitet ein Unterschenkelbruch?

Ein Bruch des Unterschenkels führt zu starken Schmerzen. Sind beide Knochen gebrochen ist häufig eine Fehlstellung sichtbar und der Betroffene ist nicht mehr in der Lage, auf dem Bein zu stehen. Des weiteren können Blutergüsse (Hämatome), Schwellungen oder Gefühlsstörungen im Fuß auftreten.

Offener / Geschlossener Bruch

Unter einem offenen Bruch (offene Fraktur) versteht man einen Bruch, bei welchem die Knochenteile von außen sichtbar sind, sei es, aufgrund einer ausgeprägten Weichteilverletzung von Haut und Muskulatur oder weil Knochenstücke die Haut durchtrennt haben und nach außen stehen. Nachteil einer offenen Fraktur ist der Kontakt nach außen, der ein deutlich höheres Infektionsrisiko mit sich bringt.

Bei einem geschlossenen Bruch (geschlossene Fraktur) ist die Haut intakt. Da sich durch die Verletzung von Blutgefäßen Blutansammlungen nicht beliebig ausbreiten können, kann es zur Ausbildung eines sogenannten Kompartmentsyndroms kommen. Dieses führt zu Gefühls- und Druchblutungsstörungen der "dahinter" liegenden Regionen, in unserem Fall der Fuß.

Diagnose: Wie wird ein Unterschenkelbruch festgestellt?

Zunächst erfolgt neben der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und Erfassung des Unfallmechanismus die körperliche Untersuchung. Hierbei achtet der Arzt auf Fehlstellungen, Blutergüsse (Hämatome), Durchblutungsstörungen oder auch Gefühlsstörungen. Anschließend folgt eine Röntgenaufnahme des Unterschenkels und der angrenzenden Gelenke. Hierbei ist ein Bruch fast immer sicher ersichtlich. Nur in Außnahmefällen ist eine Computertomografie notwendig, zum Beispiel, wenn der Bruch nicht sicher zu sehen ist, wenn weitere Verletzungen vorliegen (Gefäßverletzung, ausgeprägte Weichteilverletzung) oder zur besseren Planung der Operation.

Therapie: Wie wird ein Unterschenkelbruch behandelt?

Prinzipiell gibt es zwei Behandlungsmöglichkeiten. Einerseits die sogenannte konservative Therapie, das bedeutet eine Behandlung ohne Operation und andererseits die operative Therapie. Entscheidend für die Wahl des Therapieverfahrens ist, wie die Bruchenden zueinander stehen, welche Knochen gebrochen sind, ob es mehrere Knochenstücke sind und ob es sich um einen offenen oder geschlossenen Bruch handelt. Daneben spielen auch individuelle Faktoren wie der Allgemeinzustand oder Vorerkrankungen eine Rolle. Daher wird eine Therapie immer individuell an den Patienten angepasst und mit diesem besprochen.

  • Konservative Therapie

Eine konservative Therapie (ohne Operation) ist nur möglich, wenn die Bruchenden nicht deutlich verschoben sind, wie beispielsweise bei einem isolierten Bruch des Wadenbeins. Auch kindliche Brüche können gegebenenfalls konservativ behandelt werden.

Neben der anfänglichen Ruhigstellung des Bruchs in Gips- und Cast-Schienen ohne erlaubter Belastung des Beines erfolgt im weiteren Verlauf nach Beginn der Knochenheilung eine Teilbelastung des Beines. Schmerzmittel können die Behandlung bei Bedarf ergänzen und der Patient erhält Medikamente zur Thromboseprophylaxe, bis eine Vollbelastung des Beines wieder möglich ist. Eine konservative Therapie ist nur möglich, wenn der Patient sich an die empfohlenen Belastungen hält.

  • Operative Therapie

Bei instabilen Brüchen und Brüchen mit schwerem Weichteilschaden ist eine Operation angezeigt. Je nach Bruchart kommen verschiedene Materialien zum Einsatz. Gelenknahe Brüche werden häufig durch Metallplatten (sogenannte winkelstabile Plattenosteosynthesen) versorgt. Befindet sich der Bruch im mittleren Bereich des Schienbeins (Schaftfraktur) kann ein Nagel, welcher in den Markraum des Knochens eingebracht wird (intramedullär) den Knochens stabilisieren, so dass dieser wieder heilen kann. Eine von außen angebrachte Halterung (Fixateur externe) kann als vorübergehende Lösung angebracht sein, beispielsweise bei offenen Brüchen und ausgeprägten Weichteilverletzungen. Erst wenn die Weichteilverhältnisse wieder normal sind kann dann über eine Platte oder einen Nagel die endgültige Versorgung des Bruchs erfolgen.

Die zulässige Belastung des Beines hängt von der Art der verwendeten Materialien ab und wird vom Operateur festgelegt. Prinzipiell soll der Patient das Bein so rasch wie möglich wieder belasten können, um die Beweglichkeit der angrenzenden Gelenke zu erhalten und einem Abbau der Muskulatur entgegenzuwirken. Auch hier gilt: Solange das Bein nicht voll belastet werden kann, sollte eine Blutverdünnung (sogenannte Thromboseprophylaxe) erfolgen um einem Blutgerinssel (Thrombose) im Bein und einer dadurch möglichen Lungenembolie vorzubeugen.

Ist eine erneute Operation zur Materialentfernung nötig?

Diese Entscheidung hängt nicht nur vom verwendeten Material ab, sondern auch von vielen weiteren Faktoren wie Alter des Patienten, Aktivitätsgrad oder durch das Material bedingte Beschwerden. Der Notwendigkeit und der Zeitpunkt zur Materialentfernung wird daher individuell festgelegt, frühestens erfolgt diese aber nach 12 Monaten.

Professor Andreas Imhoff

Professor Andreas Imhoff

Unser beratender Experte:

Universitäts-Professor Dr. med. Andreas B. Imhoff ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Spezielle orthopädische Chirurgie und Sportmedizin. Er ist Vorstand der Abteilung für Sportorthopädie an der Technischen Universität München (TUM), Klinikum Rechts der Isar. Zu seinen Spezialgebieten gehören die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen der Schulter, Knie, des Ellbogens und Sprunggelenks, schwerpunktmäßig mit arthroskopischen Verfahren (Gelenkspiegelung). Eng damit verknüpft ist auch seine wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Knorpelzell- und Sehnentransplantation. Professor Imhoff war lange Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Vorstandsmitglied der deutschen Kniegesellschaft DKG,  Ehrenmitglied der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie (AGA; Kongresspräsident 1999 und 2017, Präsident 2000 bis 2004, Vorstandsmitglied 1999 bis 2013) sowie Ehrenmitglied und Korrespondierendes Mitglied mehrerer orthopädisch-chirurgischer Fachgesellschaften in Europa ,USA, Asien und Südamerika. Er wurde mit verschiedenen Forschungsstipendien in England, Kanada, USA sowie wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet. Seine Veröffentlichungen umfassen zahlreiche Fachbeiträge in nationalen und internationalen Gesellschaften.

Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Unterschenkelschaftfraktur (=Unterschenkelbruch). Online: https://www.dgu-online.de/patienten/haeufige-diagnosen/sportler/unterschenkelschaftfraktur.html (abgerufen am 30.12.2019)
  • Siewert, Chirurgie, 8. Auflage, Unterschenkelschaftfrakturen, S. 872 f., Springer-Verlag

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.