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Wie kann das sein? Eigentlich dürfte gar nichts wehtun. Und trotzdem kribbeln, pochen oder schmerzen die Beine. Schuld daran ist eine diabetische Neuropathie, eine Nervenschädigung, die bei Menschen mit Diabetes häufig auftritt. Etwa jeder dritte Diabetiker entwickelt sie im Laufe seines Lebens, aber nicht bei jedem Betroffenen verursacht sie stärkere Beschwerden.

Bei manchen Menschen fühlen sich die Füße taub an oder kribbeln. Andere haben quälende Schmerzen in den Beinen, die sie kaum zur Ruhe kommen lassen. Bei solchen Symptomen sollten Sie rasch zum Hausarzt, Diabetologen oder Neurologen gehen. Zwar kann man defekte Nerven nicht reparieren. Doch stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen sich der Schmerz lindern lässt. Bessern sich die Beschwerden trotz Behandlung nicht, kann eventuell ein psychologisches Training helfen.

Oft kombinieren die Ärzte mehrere Methoden, um die Pein zu kontrollieren. Hier die wichtigsten Strategien:

Wirksame Medikamente

Rezeptfreie Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure bringen bei Nervenschmerzen meist nichts. Leichte Schmerzen kann Paracetamol lindern. Wer öfter darauf zurückgreift, sollte mit seinem Arzt sprechen.

Bei stärkeren Schmerzen kann er Präparate verordnen, die normalerweise gegen Depressionen oder Epilepsie eingesetzt werden, aber auch das Schmerzempfinden verringern. Lassen sich die Beschwerden so nicht ausreichend lindern, kommt eine Therapie mit Opioiden infrage. In jedem Fall braucht es Geduld: Denn die Mittel wirken meist erst nach zwei bis vier Wochen. Es kann auch etwas dauern, bis sich zeigt, welches Präparat oder welche Kombination in welcher Dosis am besten wirkt. Zwar verschwindet der Schmerz auch dann selten ganz, lässt bei vielen aber deutlich nach.

Manche Betroffene berichten, dass ihnen bei Schmerzen und Missempfindungen Infusionen und Tabletten oder Kapseln mit Alpha-Liponsäure oder Benfotiamin helfen. Beide Wirkstoffe sollen den Stoffwechsel der Nerven günstig beeinflussen. Die Mittel sind in der Apotheke erhältlich, die Kassen zahlen aber in der Regel nicht dafür, weil ihre Wirkung bisher nicht ausreichend durch Studien belegt ist. Wer die Präparate ausprobieren möchte, sollte sich vom Arzt oder Apotheker beraten lassen. Ein Tipp: Viele Kassen erstatten einen Teil der Kosten für rezeptfreie Medikamente, die auf einem grünen Rezept verordnet wurden. Fragen Sie bei Ihrer Kasse nach.

"Ohne meine Tabletten geht es nicht"

Melanie L. (39), Typ 1: "Seit meinem dritten Lebensjahr habe ich

Sehr geholfen hat mir ein Aufenthalt in der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim. Die Ärzte behandelten meine diabetesbedingte Neuropathie mit verschiedenen Therapien, darunter Tabletten mit Buprenorphin, das ist ein ­Opioid. Davon gingen die Schmerzen endlich weg. Seitdem nehme ich vier Tabletten am Tag. Die haben zwar auch Nebenwirkungen, aber damit komme ich gut zurecht. Und ich bin dankbar und glücklich, dass ich wieder schmerzfrei leben kann."

Schmerzstillende Chili-Pflaster

Pflaster mit Capsaicin, dem Wirkstoff der Chilischote, können bei Nervenschmerzen in den Füßen helfen. Capsaicin blockiert die Weiterleitung von Schmerzsignalen für längere Zeit. Der Arzt klebt das Pflaster für eine halbe Stunde auf den schmerzenden Bereich. Ein Versuch reicht, um zu beurteilen, ob man darauf anspricht. Die Behandlung kann alle drei Monate wiederholt werden und wird von den Kassen bezahlt.

Das Chili-Pflaster eignet sich besonders dann, wenn andere Medikamente wie Antidepressiva, Antiepileptika oder Opioide nicht infrage kommen, nicht ausreichend wirken oder stärkere Nebenwirkungen verursachen.

Lindernde Impulse

Auf drei Methoden greifen Experten hier zurück:

1. Bei der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS; transkutan bedeutet "durch die Haut") klebt man sich Elektroden auf die Haut, die einen schwachen Strom erzeugen. Er verursacht ein Kribbeln, das den Schmerzreiz überlagert. TENS-Geräte gibt es auf Rezept.

2. Bei der Hochtontherapie werden Elektroden an den Beinen befestigt und die Muskeln durch hochfrequenten Strom stimuliert. Die langfristige Wirkung ist nicht belegt, weshalb die Kassen die Kosten nicht übernehmen. Aber viele Anwender berichten über günstige Effekte. Einige Ärzte und Physiotherapeuten bieten die Therapie für Selbstzahler an. Beim Hersteller gibt es das Gerät zu mieten oder zu kaufen.

Für TENS und Hochtontherapie gilt: mindestens zwei- bis dreimal pro Woche für eine halbe Stunde anwenden, anfangs und nach Bedarf auch öfter. Die Methoden eignen sich als Ergänzung zur medikamentösen Therapie. Da sie praktisch keine Nebenwirkungen haben, lohnt sich ein Versuch. Vor der Anwendung sollten Sie Ihren Arzt fragen.

3. Die elektrische Rückenmarkstimulation kommt für schwere Fälle infrage, wenn andere Methoden nicht helfen. Der Arzt führt im Bereich der Wirbelsäule eine Sonde ein, die das Schmerzempfinden durch elektrische Impulse verringert. Krankenkassen zahlen den Eingriff in der Regel.

Heilsame Nadeln und Bäder

Manche Patienten berichten, dass Akupunktur ihre Nervenschmerzen lindert. Wer das ausprobieren möchte, muss die Therapie meist aus eigener Tasche bezahlen. Die Wirkung lässt sich frühestens nach fünf bis zehn Sitzungen beurteilen. Auch Wasseranwendungen können helfen.

Angeboten werden sie zum Beispiel in Rehabilitationskliniken oder von Kneipp-Vereinen. Wer unter Herz-Kreislauf-Problemen oder Durchblutungsstörungen leidet, sollte den Arzt fragen, bevor er auf eigene Faust kneippt.

Sowohl die Akupunktur als auch ­Wasseranwendungen können andere Schmerztherapien ergänzen.

Wie oft zum Nervencheck?

Diabetiker sollten mindestens jährlich die Nerven in den Beinen und auch die Durchblutung prüfen lassen. Bei Typ 2 ist gleich nach der Diagnose ein Nervencheck fällig, bei Typ 1 ab dem fünften Erkrankungsjahr. Hat der Diabetes die Nerven geschädigt, können auch andere Organe in Mitleidenschaft gezogen sein. Deshalb ist es wichtig, sich regelmäßig unter­­suchen zu lassen.

Eine Neuropathie frühzeitig zu erkennen ist notwendig, weil sich durch das gestörte Empfinden in den Füßen unbemerkt schlecht heilende Wunden entwickeln können. Die tägliche Fußinspektion, gute Pflege und geeignete Schuhe tragen wesentlich zur ­Vorbeugung bei.

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