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Heime schieben Sterbende ins Krankenhaus ab: Schlagzeilen wie diese waren im vergangenen Sommer zu lesen, als das Wissenschaftliche Institut der AOK (WidO) seinen jährlichen Pflegereport vorstellte. Nach dessen Zahlen war unter anderem jeder dritte Heimbewoh­nende in der Woche vor seinem Tod für einen oder mehrere Tage im Krankenhaus. Dies geschah, obwohl die Pflegekräfte in den Heimen teilweise da­ran zweifelten, dass die Einweisung im Sinne der Betroffenen sei.

Situation ist unwürdig für Betroffene, belastend für Angehörige

Dabei war der Bericht nur ein Streiflicht auf ein Problem, das Fachleute im Gesundheitswesen seit Jahren beobachten: Schwerstkranke, meist hochbetagte Menschen am Ende ihres Lebens, keinesfalls nur aus Heimen, landen als Notfall in der Klinik.

In ­einer Situation, in der man sich wohl mehr denn je aufgehoben fühlen möchte, bekommt man es mit fremden Leuten, der hektischen Routine und unpersönlichen Kühle des Klinikbetriebs zu tun. Das ist häufig unwürdig für die Betroffenen, belastend für Angehörige und überfordernd für das medizinische und pflegerische Personal. Und es müsste oft nicht sein.

Die Lösung ist aber nicht nur Sache des Gesundheitswesens. Der Umgang mit der letzten Zeit im Leben und mit dem Sterben muss endlich auch als gesellschaftliches Thema erkannt werden. Noch dazu in einem Land wie Deutschland, in dem der Altersschnitt die Zahl der Sterbenden künftig absehbar nach oben treiben wird.

Warum so viele noch in eine Klinik eingewiesen werden

Dass Menschen so kurz vor ihrem Tod noch ins Krankenhaus eingeliefert werden, hat eben auch damit zu tun, dass Betroffene und Angehörige schlecht vorbereitet in die Situation stolpern.

In vielen Familien, das erzählen Mitarbeitende in Kliniken, wurde offenbar vorher kaum über die Lage gesprochen. Zwar haben nach einer Umfrage von 2022 rund 45 Prozent der Menschen in Deutschland eine Patientenverfügung – oft aber ist das Dokument nicht an den aktuellen gesundheitlichen Zustand angepasst worden, manchmal auch der Familie und dem medizinischen Personal gar nicht bekannt.

Sterben sollte thematisiert werden um Übertherapie zu vermeiden

Wenn aber Angehörige ohne genaue Kenntnisse der Wünsche der Betroffenen entscheiden müssen, ist die Gefahr von Übertherapie am Lebensende groß. Lebensverlängernde Maßnahmen etwa kommen unter diesen Voraussetzungen häufiger zum Einsatz, als wenn Kranke noch selbst für sich bestimmen können.

Dabei würden viele ältere Menschen gern über das Sterben reden – es sind eher die jüngeren An- und Zugehörigen, die das Thema scheuen. Ein Gespräch in guten Tagen und ruhiger Atmo­sphäre kann Klarheit schaffen. Mehr noch: Es dürfte Betroffene beruhigen und Angehörige im Notfall entlasten.

Mehr Angebote für palliativmedizinische Versorgung

Auch das Gesundheitssystem muss sich der Herausforderung stellen. So kann eine ambulante palliativmedizinische Versorgung die häusliche Situation am Lebensende stabilisieren – hier braucht es mehr Angebote. Neben Menschen mit fortgeschrittenen Krebsleiden geht es dabei auch um andere Betroffene, etwa mit Herzschwäche oder COPD, zwei häufigen Todesursachen im Alter.

Nur drei Prozent der Bevölkerung wünschen sich, im Krankenhaus zu sterben. Tatsächlich stirbt dort fast jede und jeder Zweite. Die Klinik muss kein schlechter Ort für den Abschied sein – es kann sich im Lauf einer schweren Erkrankung zeigen, dass sich die Betroffenen so am sichersten fühlen. Entscheidend ist aber, dass das Thema nicht länger tabuisiert wird.

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Letzte-Hilfe-Kurse: Wie man Sterbende richtig begleitet

Wer einen Angehörigen zuhause bis zum Tod pflegen will, kann sich in einem Kurs wichtige Unterstützung holen. Und lernt wichtige Tipps – etwa, was Prosecco und Karamellbonbons mit guter Mundpflege zu tun haben können. zum Artikel


Quellen:

  • Deutscher Hospiz- und Palliativverband: Wie die Deutschen über das Sterben denken. Online: https://www.dhpv.de/... (Abgerufen am 27.03.2023)
  • Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S et al.: Pflege Report 2022, Spezielle Versorgungslagen in der Langzeitpflege. https://www.aok.de/... (Abgerufen am 27.03.2023)
  • Li LLM, Cheong KYP, Yaw LK et al.: The Accuracy of Surrogate Decisions in Intensive Care Scenarios. https://journals.sagepub.com/... (Abgerufen am 28.03.2023)