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Stellen Sie sich vor, Sie brauchen eine neue Kaffeemaschine. Sie lassen sich beim Händler beraten und entscheiden sich für ein Modell. An der Kasse wird Ihnen eine Rechnung ausgestellt, doch hoppla, da fehlt eine Angabe zur Farbe des Geräts. Ein Formfehler, aber Sie dürfen sich freuen: Die Kaffeemaschine können Sie nun kostenfrei mitnehmen.

So ein Blödsinn, denken Sie jetzt vielleicht. Doch viele Apotheken erleben regelmäßig eine ganz ähnliche Situation, wenn sie Rezepte mit den Krankenkassen abrechnen wollen. Die Kassen prüfen die Angaben auf der Verordnung sehr genau. Das ist wichtig, denn sie müssen wirtschaftlich handeln. Aber nicht selten schießen sie dabei über das Ziel hinaus.

Formfehler führt zu Einbußen bei Apotheken

Streit gab es zuletzt zum Beispiel über fehlende Angaben zur Dosierung auf dem Rezept. Diese Informationen müssen Ärzte eigentlich verpflichtend notieren. Doch nicht immer wird im stressigen Praxisalltag daran gedacht. Reicht die Apotheke das Rezept trotzdem zur Abrechnung ein, weigern sich einige Krankenkassen schlichtweg, zu zahlen.

Die Apotheke erhält damit keinen Cent – selbst dann nicht, wenn sie ­ihre Aufgabe korrekt erfüllt: Die Pa­tientin oder der Patient bekommt das Medikament, das benötigt wird und ärztlich verordnet war. Oft hält die Praxis die Dosierung in einem Medikationsplan fest und die Apotheke berät vor Ort. Die Arzneimittelsicherheit ist in diesen Fällen somit nicht in Gefahr, auch der Krankenkasse entsteht kein Schaden.

Belastung der Apotheken durch Nullretaxierung

Viele Apothekerinnen und Apotheker fühlen sich daher von den Krankenkassen gegängelt. Das ist nachvollziehbar. Vor allem bei teuren Medikamenten werden diese sogenannten Nullretaxierungen schnell zu einer handfesten Belastung für den Betrieb. Denn auch den Warenwert ersetzt die Kasse nicht. Das Risiko liegt allein bei der Inhaberin oder dem Inhaber der Apotheke.

Wollen Apotheken Fehler auf dem Rezept vorab korrigieren, müssen sie dafür zunächst die Arztpraxis kontaktieren. Das kostet Zeit auf beiden Seiten – die dann für Patientinnen und Patienten fehlt. Die Politik hat das Problem eigentlich bereits vor Jahren erkannt. 2015 verpflichtete sie Krankenkassen und Apotheken zu Verhandlungen über das Thema Nullretax. Herausgekommen ist ein Katalog mit Regeln, wann Rechnungskürzungen gerechtfertigt sind – und wann nicht. Doch die lassen offensichtlich zu viel Interpretationsspielraum.

Unterstützung aus der Politik

Daher muss die Koalition nun per Gesetz eine verbindliche Lösung auf den Weg bringen. Natürlich müssen die Kassen die Möglichkeit haben, Rechnungen zu bemängeln, wenn etwas nicht stimmt. Im Mittelpunkt sollte aber immer die Versorgung der Ver­sicherten stehen. Wurden diese sicher und richtig versorgt, sollte die Kasse Zahlungen nur kürzen dürfen, wenn ihr tatsächlich finanzieller Schaden entstanden ist. Auch dann darf sie nur ihren Verlust zurückverlangen, nicht die ganze Rechnung ablehnen.

Die Ampel will Apotheken stärken, heißt es im Koalitionsvertrag. Fest steht: Faire Regeln in der Rezeptabrechnung würden Apotheken eine wirtschaftliche Unsicherheit nehmen. Letztlich wären sie damit eine Art Investition in die flächendeckende Arzneimittelversorgung vor Ort. Und davon würden wir alle nur profitieren.


Quellen:

  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Stellungnahme der ABDA zum Referentenentwurf eines Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes – ALBVVG. https://www.abda.de/... (Abgerufen am 27.03.2023)
  • Bundesgesetzblatt: Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung . https://www.bgbl.de/... (Abgerufen am 27.03.2023)
  • GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband : Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V. https://www.abda.de/... (Abgerufen am 27.03.2023)
  • SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP : Mehr Fortschritt wagen: Büdnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit , Koalitionsvertrag 2021 - 2025. https://www.spd.de/... (Abgerufen am 27.03.2023)