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Wussten Sie, dass es bereits im Mittelalter Glücksspiel gab – etwa in Form von Würfelspielen? Schon damals stand man der Idee aber zwiegespalten gegenüber: Neben moralischen Erwägungen sahen Landesfürsten durchaus den finanziellen Vorteil durch Steuern und Abgaben.

Beschäftigt man sich mit Glücksspiel in Deutschland, gewinnt man den Eindruck, die mittelalterlichen Überlegungen sind bis heute, mehr als 500 Jahre später, kaum gereift. Im Gegenteil: Mit Automaten, Pferde- und Sportwetten, Lotto- und Online-Spielen geht die Auswahl heute weit über das Würfeln hinaus. Nahezu ein Drittel der Deutschen nahm 2021 an Glücksspielen teil – davon spielten 37 Prozent der Frauen und 48 Prozent der Männer wöchentlich oder sogar täglich. Das geht aus dem Glücksspielatlas[1] hervor, den der Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), in diesem Monat vorstellte.

Redakteurin Laura Patz wünscht sich eine stärkere Regulierung von Glücksspiel.

Redakteurin Laura Patz wünscht sich eine stärkere Regulierung von Glücksspiel.

Glücksspiel kann süchtig machen

Ein Großteil der Einsätze beim Glücksspiel geht auch heute in Form von Steuern an den Staat. Seit 2015 liegen die Abgaben konstant bei mehr als fünf Milliarden Euro im Jahr. Wo aber bleibt die Moral? Denn dieser Gewinn beruht zu großen Teilen auf dem Leid vieler Spielenden. 2021 erfüllten etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland die Kriterien einer Glücksspielstörung, also einer Suchterkrankung.

Die Liste der möglichen Symptome und Folgen ist lang: reduzierte Selbstfürsorge und Schlafprobleme, sozialer Rückzug und Beziehungskonflikte bis hin zu deutlichen finanziellen Verlusten und schließlich Problemen, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Andere psychische Störungen können gleichzeitig auftreten. Häufig sind Depressionen oder Störungen durch Alkohol oder Nikotin.

Dass dennoch viele in Versuchung geraten, ist kein Wunder. Lottoläden, Wettbüros und Casinos findet man an jeder Ecke. Spieldesign, schnelle Spielabfolgen und die lockenden Höchstgewinne fördern die Bindung an das Spiel. Besonders Sportwetten werden außerdem stark beworben.

Spielsucht präventiv entgegenwirken

Dass Glücksspiel als Problem nicht längst stärker im Fokus der Politik steht, ist unverantwortlich. Nötig wäre Prävention. Diese sollte aber nicht nur in Form von Aufklärungs- und Beratungsangeboten auf das Verhalten der Spielenden abzielen.

Auch die Umstände müssen sich ändern: Etwa sollte untersucht werden, ob sich Werbeverbote positiv auf die Spielersicherheit auswirken. Das Anpreisen von Glücksspiel rund um Sportberichterstattung im Fernsehen tut das sicher nicht. Ausländische Studien sowie der Rückgang von Spielaktivitäten während der Lockdowns hierzulande zeigen, dass aber vor allem eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Spielangeboten wirksam in Sachen Spielerschutz ist.

Die Veröffentlichung des Glücksspielatlas ist eine gute Grundlage. Auf die darin vorgestellten Daten müssen die Bundesländer, die für die Glücksspielpolitik zuständig sind, Taten folgen lassen. Andernfalls setzen sie buchstäblich die Gesundheit von Millionen von Menschen aufs Spiel.


Quellen:

  • [1] Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung, Hamburg Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, Hamm Arbeitseinheit Glücksspielforschung, Universität Bremen: Glücksspielatlas Deutschland 2023, Zahlen, Daten, Fakten. Online: https://gluecksspielatlas2023.isd-hamburg.de/... (Abgerufen am 21.11.2023)