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Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die Patientinnen und Patienten aus eigener Tasche bezahlen müssen, gibt es bereits seit 25 Jahren. Doch von der korrekten Abrechnung bis zur Frage des Nutzens bestehe laut Verbraucherzentrale weiterhin ein großer Beratungsbedarf. Viele Menschen fühlen sich in der Arztpraxis bedrängt, wenn sie sich auf der Stelle für oder gegen eine Selbstzahlerleistung entscheiden sollen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie eine wohlüberdachte Entscheidung treffen und wie Sie gegen unrechtmäßige Angebote für IGeL vorgehen können.

Warum gibt es IGeL?

„Wer etwas für seine Gesundheit tun will, muss selbst zahlen – auch wenn er gesetzlich krankenversichert ist.“Jedenfalls kann dieser Eindruck entstehen, wenn man Individuelle Gesundheitsleistungen angeboten bekommt. Sie wollen wissen, ob bei Ihnen Hinweise für grünen Star vorliegen? Die Überprüfung kostet bis zu 40 Euro. Oder Sie befürchten Eierstockkrebs? Eine Ultraschalluntersuchungkostet bis zu 53 Euro.

Zwar können gesetzliche Kassen Kosten für solche Untersuchungen übernehmen – aber nur bei einem Krankheitsverdacht. Denn im deutschen Gesundheitssystem gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot: Leistungen müssen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein und dürfen das „Maß des Notwendigen nicht überschreiten“ – so steht es im Fünften Sozialgesetzbuch.

Wie muss Ärztin oder Arzt aufklären?

Ärztinnen oder Ärzte dürfen Patientinnen oder Patienten nicht zu einer Entscheidung pro IGeL drängen. Vielmehr sind sie gesetzlich verpflichtet, verständlich und umfassend aufzuklären. Das heißt, sie müssen über Kosten, Alternativen und Risiken informieren.„Nach dem Bundesmantelvertrag der Ärzte muss man das schriftliche Einverständnis von Patienten einholen“, erklärt Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen. Nicht immer findet das so statt. Dann fehlt streng genommen die rechtliche Grundlage für eine Rechnungsstellung.


Wie reagiere ich, wenn ich mich unter Druck gesetzt fühle?

Behandlungen, die IGeL sind, sind nie eilig. Man muss sich also nicht sofort in der Praxis entscheiden. Aber auch direkt nein zu sagen, ist erlaubt. Wenn Sie sich nicht trauen, sofort abzulehnen oder verunsichert sind, sagen Sie zum Beispiel, dass Sie das Angebot interessant finden, es sich durch den Kopf gehen lassen und gegebenenfalls nochmal einen Termin dafür ausmachen werden.

IGeL oder nicht? Wie treffe ich eine Entscheidung?

Die Entscheidung ist sehr individuell, hängt aber unter anderem von der Art der Untersuchung und Ihrem Gesundheitszustand ab. Einige Untersuchungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei begründetem Krankheitsverdacht oder in bestimmten Risikofällen – etwa den Ultraschall der Brust, die Glaukom-Früherkennung (Grüner Star) oder den PSA-Test.

Für viele IGeL übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht, weil ihr Nutzen nicht allgemein belegt ist.Im nächsten Abschnitt finden Sie Anlaufstellen, bei denen Sie sich einen Überblick über die Bewertung verschiedener IGe-Leistungen verschaffen können. Außerdem haben Sie immer ein Recht auf eine Zweitmeinung. Wenn Sie unsicher sind, können Sie auch einen anderen Arzt oder eine andere Ärztin um Rat fragen.

Wo kann ich mich zu IGeL informieren?

Seit 2012 gibt es die Seite IGeL-Monitor.de. Hier finden Interessierte Informationen sowie eine Auflistung und Bewertungen zu den am häufigsten angebotenen IGeL. Die Auswahl der Themen und die Bewertungen sollen immer unabhängig von den Krankenkassen erfolgen. Seit 2018 veröffentlicht der IGeL-Monitor den IGeL-Report. Dieser listet anhand von Patientenbefragungen die am häufigsten angebotenen IGeL auf. Den aktuellen Report finden Sie hier. Beratung und Informationen bekommen Sie außerdem bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland, bei Verbraucherzentralen und der Krankenkasse..

Wie vorgehen bei schlechter Aufklärung?

Seit 2014 bietet die Verbraucherzentrale NRW die Plattform IGeL-Ärger an. Hier können auch Beschwerden eingetragen werden. Die Verbraucherzentrale wertet Ihre Beschwerde dann aus, um gezielt Verbesserungen für Patientinnen und Patienten einfordern zu können.

Sie wurden unzureichend oder gar nicht aufgeklärt und sollen nun die Kosten für eine durchgeführte IGeL selbst übernehmen? „Im extremsten Fall kann man verweigern, die Rechnungen zu bezahlen“, sagt Daniela Hubloher. In der Praxis gäbe es eine große Bandbreite an Fällen zwischen vollständiger über lückenhafte bis zu gänzlich fehlender Aufklärung über die Kosten.

Wenn jemand überhaupt nicht über mögliche Kosten aufgeklärt wurde und dementsprechend kein schriftliches Einverständnis gegeben hat, sind die Voraussetzungen für die Rechnungsstellung nicht gegeben. Die Informationen zur Behandlung müssen zudem zur dauerhaften Wiedergabe geeignet sein. Nur auf der Homepage zu informieren, reicht also nicht aus.

Wenn immerhin eine zufriedenstellende Leistung erbracht wurde, können Patientinnen und Patienten, die keinen größeren Rechtsstreit eingehen wollen, gewisse Teile der Kosten übernehmen, aber eben nicht alle.