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Wenig Neuigkeitswert, dadurch aber nicht weniger problematisch: Eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) kann das Risiko deutlich erhöhen, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken.

Was viele Menschen dagegen nicht wissen: Auch bei Männern können HPV Krebs befördern. „Dazu zählen Krebserkrankungen im Mund-Rachen-Raum, in der Analregion sowie am Penis“, erklärt Professor Jürgen Riemann, Mitglied im Kuratorium der Deutschen Krebsstiftung. Diese Erkrankungen sind zwar selten, eine HPV-Impfung senkt das Risiko aber noch mal.

Wann Krankenkassen die Impfung zahlen

Bei Jungen zwischen neun und 14 Jahren übernehmen seit 2018 die gesetzlichen Krankenkassen und in der Regel die privaten Krankenversicherungen die Kosten für die Impfung. Bis zum 18. Lebensjahr können eventuell versäumte Impfungen nachgeholt werden.

Für Mädchen gibt es diese Empfehlung schon seit 2007. Doch noch nehmen diese zu wenige in Anspruch. Die Impfung sollte vor dem ersten Sexualkontakt erfolgen.

Übertragung beim Sex

Denn HPV-Infektionen werden vor allem beim Geschlechtsverkehr übertragen. Und sie sind absolut keine Seltenheit. Die meisten Menschen machen mindestens einmal im Leben eine Infektion durch, ohne etwas davon zu bemerken.

Auch über kleine Verletzungen der Haut oder über die Schleimhäute gelangen Viren in den Körper. Seltener kommt es zu einer Übertragung durch Schmierinfektion, wenn zum Beispiel im Alltag Gegenstände gemeinsam benutzt werden. Auch während der Geburt kann eine Mutter ihr Kind anstecken.

5 Millionen Menschenleben weltweit könnten durch HPV-Impfung, Vorsorgeuntersuchung und Behandlung bis 2050 gerettet werden

Quelle: Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Der Großteil der Infektionen bleibt ohne Folgen, doch Nichtgeimpfte können sich immer wieder infizieren. „Kondome schützen nicht hundertprozentig vor einer Ansteckung. Das Virus kann in Schleimhäute außerhalb der Vulva eindringen und auch auf anderem Wege übertragbar sein – in seltenen Fällen sogar durch gemeinsam benutzte Gegenstände wie Gläser oder Handtücher“, sagt Mediziner Riemann.

Feigwarzen als Folge

Die häufigste Folge einer HPV-Infektion ist gleichzeitig eine der am weitesten verbreiteten Geschlechtskrankheiten: Im Intimbereich, aber auch im Mund können Feigwarzen wachsen. Dies sind rötliche oder weißliche Wucherungen der Haut oder Schleimhaut. „Sie sind meist ungefährlich, manche müssen wegen ihrer Größe aber operativ entfernt werden“, sagt Nobila Ouédraogo, Experte für Impfprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

Bestimmte Typen der HP-Viren können daneben Zellveränderungen verursachen und Krebs begünstigen. Jährlich erkranken in Deutschland laut Ständiger Impfkommission (STIKO) 6250 Frauen und 1600 Männer an einem Krebs, der durch eine HPV-Infektion verursacht wurde.

Drastische Verringerung von Gebärmutterhalskarzinomen möglich

„Es gibt inzwischen klare Belege dafür, dass die HPV-Impfung die Rate der Gebärmutterhalskarzinome drastisch verringern kann“, sagt Jürgen Riemann. Durch ein flächendeckendes Programm von HPV-Impfung mitsamt Vorsorgeuntersuchungen und passender Behandlung könnten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge weltweit bis zum Jahr 2050 fünf Millionen Leben von Frauen gerettet werden.

Bis dahin will die WHO erreichen, dass HP-Viren nirgendwo mehr Gebärmutterhalskarzinome verursachen. Das wichtigste Instrument: die HPV-Impfung. „Leider ist die Impfquote in Deutschland noch nicht so hoch, wie wir uns das wünschen würden“, sagt Riemann. Bundesweit sind laut Deutscher Krebsstiftung nur etwa 45 Prozent der 17-jährigen Mädchen geimpft. Nur jeder fünfte geimpfte Jugendliche war zuletzt ein Junge.

Auch Schutz für Sexualpartner

Die Impfung werde in der Öffentlichkeit noch häufig als reine „Mädchen-Vorsorge“ wahrgenommen, sagt Ouédraogo. Er führt das auf mangelnde Aufklärung zurück. Dabei schütze die Impfung nicht nur Jungen selbst vor Tumorerkrankungen, sondern auch deren Sexualpartner. „Geimpfte Jungen sind keine Virenträger, sie können andere Menschen nicht infizieren.“

In Ländern, in denen die Impfung besser angenommen wird, gibt es bereits große Erfolge zu vermelden. In Schweden erkrankten in den Jahren 2006 bis 2017 von knapp 520 000 Frauen, die vor ihrem 18. Geburtstag geimpft worden waren, gerade einmal 19 an Gebärmutterhalskrebs.

Langfristige Effekte nach Jahren

Unter genauso vielen ungeimpften Frauen in einer Vergleichsgruppe erhielten 538 – also fast dreißigmal so viele – die Diagnose. Aus Finnland sind ähnliche Ergebnisse dokumentiert.

Da durch HPV ausgelöste Tumoren noch einige Jahre nach Infektion auftreten können, kann es dauern, bis die Impfung auf breiter Front zu einem nachweislichen Rückgang der Krebserkrankungen geführt haben wird. Welche Auswirkungen eine höhere Impfquote auf die Sterbefälle bei Männern hätte, lässt sich bislang nur vermuten.

Zusammenhang mit Prostatakrebs

In Australien gibt es seit mehr als zehn Jahren ein Impfprogramm an Schulen. Bei jungen Männern treten dort kaum noch Genitalwarzen auf – eine direkte Folge der Impfung.

Forscher haben außerdem Hinweise gefunden, dass die Entstehung von Prostatakrebs im Zusammenhang mit HP-Viren stehen könnte. „Ein wissenschaftlicher Beweis steht noch aus“, sagt Internist Jürgen Riemann. „Es wird interessant zu beobachten sein, ob sich durch konsequente HPV-Impfung der Jungen langfristig auch eine Reduktion des Prostatakarzinoms beobachten lässt.“ Es wäre eine Erfolgsgeschichte. Für Jungen wie für Mädchen.

Informationen zu Humanen Papillomviren (HPV) und anderen sexuell übertragbaren Infektionen sowie zu den entsprechenden Schutzmöglichkeiten bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter www.liebesleben.de/hpv