Belastungsgrenzen: "Auf den Körper hören"
Frau Professor Joisten, Leistungssport ist ja schon für Jüngere enorm anstrengend. Wie viel "Höher, schneller, weiter" ist einem älteren Körper zuzumuten?
Eigentlich viel. Ein Mensch, der mit 70 noch Triathlon läuft, ist ja meist kein Anfänger, sondern schon viele Jahre bei der Sache und körperlich fit. Und anders als manch ein Vierzigjähriger, der mit einem Mal von null auf hundert durchstarten will, weiß der trainierte Senior meist ganz gut, was sein Körper aushält.
Woran merkt er das denn?
Ein klares Warnsignal ist Atemnot, also nicht bloß, wenn man ins Schnaufen kommt, sondern wenn man das Gefühl hat, nicht mehr ausreichend Luft zu bekommen. Dann muss die Belastung sofort abgebrochen werden.
Das Augenmerk liegt also auf Herz und Kreislauf und weniger auf den Gelenken?
Ja, denn hier liegt das größere Risiko. Deshalb empfehle ich jedem Sportler über 50, alle zwei Jahre beim Arzt ein Belastungs-EKG schreiben zu lassen, auch wenn das keine Kassenleistung ist. Das Hauptrisiko unter Belastung sind Herz-Kreislauf-Zwischenfälle. Ganz besonders aufpassen sollten alle, die etwa wegen Diabetes, Bluthochdruck oder schlechter Blutfettwerte besonders gefährdet sind oder die ein familiär erhöhtes Risiko haben.
Und was kann man für seine Gelenke tun?
Auch hier ist das A und O, auf den eigenen Körper zu hören. Muskulatur und Gelenke sollten nicht wehtun, weder während des Trainings noch danach. Dann ist alles im grünen Bereich. Haben Sie Schmerzen, ist die Belastung zu hoch. Und vor allem nach dem Training ist es wichtig, die Sehnen und Muskeln, die sich ja durch die Anstrengung verkürzt haben, wieder ausgiebig zu dehnen.
Sind Erholungszeiten im Alter wichtiger als in jüngeren Jahren?
Ja, mit den Jahren brauchen wir sogar deutlich mehr davon. Im Alter produziert unser Körper weniger Wachstumshormone und Testosteron, die für Muskelaufbau und Stoffwechsel wichtig sind. Nach einer Anstrengung braucht der Organismus deshalb länger, um sich wieder zu regenerieren. Dennoch lohnt es sich, sich regelmäßig zu bewegen. Das trainiert Herz, Kreislauf und Gelenke, verbessert Blutzucker, Blutfette und Blutdruck, hilft, Übergewicht zu vermeiden, und senkt das Krebsrisiko.
Kann zu viel Sport auch krank machen?
Wer die Bedürfnisse des eigenen Körpers ständig übergeht und Warnsignale ignoriert, tut sich nichts Gutes. Ein weitaus größeres Problem unserer Zeit ist es aber, dass die Menschen sich viel zu wenig bewegen. Den allermeisten tut es gut, an ihrer Fitness zu arbeiten und sportliche Ziele zu haben. Es macht sie gesünder und glücklicher. Wichtig ist, dass man vor allem als Neueinsteiger beim Arzt einen Sport-Check machen lässt und die individuellen Belastungsgrenzen bespricht, um Überlastungen zu vermeiden.