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Der Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum von Jugendlichen und psychotischen Störungen könnte noch stärker sein als bisher angenommen. Dies ergab eine im Fachjournal „Psychological Medicine“ veröffentlichte Studie der Universität Toronto. Laut der Auswertung berichteten fünf von sechs Jugendlichen (12 bis 19 Jahre), die wegen einer psychotischen Störung in ein Krankenhaus eingeliefert wurden oder eine Notaufnahme aufsuchten, über Cannabiskonsum.

Warum sind Jugendliche durch Cannabis besonders gefährdet?

Experten zufolge hat THC eine besondere Wirkung auf das Gehirn von Jugendlichen, da es sich während der Pubertät in einer intensiven Entwicklungsphase befindet und besonders anfällig für Störungen ist. Das Forschungsteam aus Kanada geht davon aus, dass THC über das körpereigene Cannabinoid-System unter anderem die Verknüpfungen von Nervenfasern beeinflusst.

Was können die Folgen einer psychotischen Störung sein?

Bei einer psychotischen Störung ist in der Regel die Wahrnehmung beeinträchtigt, erklärt Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Das eigene Körpererleben verändert sich, visuelle oder akustische Halluzinationen können auftreten. Die Konzentrations- und Lernfähigkeit sind eingeschränkt, der IQ-Wert kann um etwa 10 Punkte sinken. Zudem stumpfen die Empfindungen von Freude oder Trauer ab und das Gefühl, von Umgebungsreizen überwältigt zu werden, kann auftreten.

Gibt es einen Ausweg für betroffene Jugendliche?

Wenn Jugendliche aufhören, Cannabis zu konsumieren, kann eine psychotische Störung innerhalb weniger Wochen vollständig ausheilen. Allerdings besteht lebenslang ein erhöhtes Risiko, bei erneutem Konsum rückfällig zu werden.

Warum steigen die Fallzahlen an?

Frühere Forschungen stützten sich weitgehend auf ältere Daten, als Cannabis noch weniger stark war als heute. Der durchschnittliche Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) bei illegalem Cannabis stieg in Kanada von etwa einem Prozent im Jahr 1980 auf 20 Prozent im Jahr 2018. Neue Cannabisprodukte, darunter Cannabisextrakte mit einem THC-Gehalt von über 95 Prozent, sind ebenfalls beliebter geworden.

Solche Produkte sind in Deutschland noch nicht erhältlich, sagt Thomasius. Der THC-Gehalt bei illegalem Cannabis liegt hierzulande bei etwa 15 Prozent. Mit den professionellen Gerätschaften der Anbauvereinigungen, die seit Anfang April legal Cannabis produzieren dürfen, könnten auch höhere Gehalte möglich sein. Zwar soll der THC-Anteil nach dem Cannabis-Gesetz bei der Abgabe an 18- bis 21-Jährige 10 Prozent nicht übersteigen, aber umfassende Kontrollen sind für Kommunen kaum umzusetzen. Laut Gesetzestext sind sie ohnehin nur "gelegentlich" gefordert, so Thomasius.


Quellen:

  • McDonald AJ, Kurdyak P, Rehm J et al.: Age-dependent association of cannabis use with risk of psychotic disorder. In: Psychological Medicine: 22.05.2024, https://doi.org/...