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Zum Beispiel Hyderabad. Durch die indische Millionenmetro­pole fließt der Fluss Musi. Vor vier Jahren untersuchte ein Team aus Mitarbeitenden des NDR und der Universität Leipzig Wasserproben auf Rückstände von Medikamenten. Die Konzentrationen, etwa von Antibiotika und Pilzmedikamenten, lagen teils mehrere Tausend Mal über den zulässigen Grenzwerten. Die einzig plausible Ursache: belastete Abwässer der nahe gelegenen Pharmaindustrie.

Das Ergebnis ist erschreckend. Wirklich überraschend ist es nicht. Dass in Ländern wie Indien und China die Umweltstandards geringer sind, die Kontrollen laxer, ist bekannt. Doch was hat das mit uns zu tun?

Globaler Pharmamarkt

Wie viele Märkte ist auch der Pharmamarkt längst global. Was hierzulande in Apotheken über den Tresen geht, hat meist eine weite Reise hinter sich. Etwa 80 Prozent der Wirkstoffe stammen laut Schätzungen aus Drittländern. Als Verbraucherin und Verbraucher ist man weitgehend machtlos. Anders die Krankenkassen. In ihren Händen liegt ein starkes Steuerungsinstrument, das bislang noch zu wenig genutzt wird: die Rabattverträge. Wie der Name sagt, haben diese vor allem das Ziel, Geld zu sparen. In den Exklusivverträgen sichern die Kassen die Abnahme eines Präparats in großem Stil zu, indem sie alle ihre Versicherten vorrangig mit dem jeweiligen Mittel versorgen. Die Hersteller gewähren dafür teils erhebliche Rabatte.

Doch das hat negative Folgen. Um trotz Dumpingpreisen Profit zu machen, müssen die Firmen billigst produzieren. Der Arzneimittelmarkt verlagert sich dadurch weiter in Drittländer, wo Niedriglöhne und geringe Umweltstandards Produktionskosten sparen. Die Folgen treffen uns alle. So werden bei der Produktion von Arzneimitteln nicht nur Massen an Treibhausgasen freigesetzt. Gelangen Antibiotika in die Umwelt, können Erreger entstehen, gegen die bisherige Medikamente wirkungslos sind. Die Globalisierung führt dazu, dass diese Erreger sich weltweit verbreiten.

Es besteht also Handlungsbedarf. Etwa bei der Vergabe von Rabattverträgen, einem Milliardengeschäft. Denn: Wer zahlt, schafft an. Erste Vorstöße in Richtung Umweltschutz gibt es bereits. So hat die AOK Baden-Württemberg bei den Kriterien für neue Antibiotika-Verträge 2020 nachgebessert. Ein wichtiger Schritt. Für die Hersteller gibt es einen Bonus, wenn sie sich verpflichten, Schwellenwerte für die Wirkstoffkonzentration im Produk­tionsabwasser einzuhalten, die als unbedenklich gelten.

Umweltkriterien einzuführen ist der richtige Weg. Nicht nur für wenige Antibiotika. Eine sinnvolle Regel: Wenn eine deutsche Kasse einen Rabattvertrag abschließt, müssen die Umweltstandards der Arzneimittelproduktion den hierzulande gültigen entsprechen. Selbst wenn das die Rabatte schmälert. Sparen wir an der falschen Stelle, bezahlen am Ende nicht nur Umwelt und Klima. Wir alle bezahlen mit unserer Gesundheit.

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Essen fürs Klima

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