Was passiert beim Ersttrimester-Screening?
Der Gedanke macht vielen werdenden Eltern Angst: Was, wenn mit unserem Ungeborenen etwas nicht stimmt? Sie wollen meist so früh wie möglich wissen, ob ihr Baby gesund ist. Doch dafür gibt es keine Garantie – zu keinem Zeitpunkt in der Schwangerschaft. Denn viele Krankheiten lassen sich erst nach der Geburt feststellen. Andere Gesundheitsprobleme treten erst bei der Geburt oder im Laufe des Lebens auf.
Spezielle vorgeburtliche Untersuchungen (Pränataldiagnostik) können helfen, bestimmte Erkrankungen festzustellen – oder auch auszuschließen. Sie werden Schwangeren in Ergänzung zu den normalen Vorsorgeuntersuchungen angeboten. Dazu gehört das sogenannte Ersttrimesterscreening, das gegen Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels stattfinden kann, also um Schwangerschaftswoche 12 herum.
Vorher Erwartungen klären
Wie einige andere Untersuchungen ist das Ersttrimesterscreening keine Kassenleistung, muss also selbst bezahlt werden. Und wer es in Anspruch nehmen will, sollte sich zunächst fragen: Was würden wir tun, wenn bei unserem Kind eine Krankheit festgestellt wird? Nicht immer geht es dabei nur um die schwierige Frage eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs.
„Eltern sollten sich vorher unbedingt überlegen: Mit welchem Fokus machen wir das?“, sagt Prof. Dr. Annegret Geipel, Leitung Pränatale Medizin am Universitätsklinikum Bonn und Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin. Manche Paare wollen laut Geipel zum Beispiel wissen: Ist das Kind lebensfähig oder nicht? Andere wollen bei einer möglichen Fehlbildung oder genetischen Störung einfach vorbereitet sein und beispielsweise in einem speziellen Zentrum entbinden.
Was passiert beim Ersttrimesterscreening?
Das Screening besteht aus einem
- detaillierten Ultraschall,
- der Bestimmung verschiedener Blutwerte und
- daraus folgenden Risikoberechnungen, sowohl für Chromosomenanomalien, als auch für eine Präeklampsie.
Je nach Wünschen und Risikoprofil der Schwangeren müssen aber nicht alle Bestandteile durchgeführt werden – was auch zu einer Kostenersparnis führen kann. „Der Ultraschall alleine kostet etwa 200 Euro, zusammen mit den Blutwerten sind es dann zwischen 250 und 280 Euro“, erklärt Geipel. Der oder die Gynäkolog:in berät die Schwangere dazu, welche Zusammenstellung sinnvoll ist.
Im Ultraschall sind Fehlbildungen erkennbar
„Im Ultraschall wird – etwa analog zum Ultraschall in der 20. Woche – eine Checkliste abgearbeitet und zum Beispiel Kopf, Extremitäten und verschiedene Organe einzeln angeschaut“, sagt Geipel. Obwohl das Baby am Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels erst etwa sechs bis sieben Zentimeter groß ist, sind bereits bestimmte Fehlbildungen der Organe, wie schwere Hirnfehlbildungen, Fehlbildungen von Händen oder Füßen oder Bauchwandschäden zu erkennen.
„Die Hälfte der schweren Fehlbildungen sind von einem geübten Ultraschaller in Schwangerschaftswoche 12 erkennbar“, sagt Kagan. Annegret Geipel empfiehlt hier eine oder einen von der DEGUM oder der FMF (Fetal Medicine Foundation) zertifizierte/n Untersucher:in. „Das heißt nicht, dass andere das nicht eventuell genauso gut können, ohne Zertifikat ist das aber für Laien schwer zu erkennen“, erklärt sie.
Wahrscheinlichkeit für Chromosomenanomalien
Ebenfalls im Ultraschall sehen sich Arzt oder Ärztin die sogenannte Nackentransparenz des Ungeborenen an. Sie messen, ob sich beim Fötus im Nacken unter der Haut vermehrt Flüssigkeit angesammelt hat. „Eine veränderte Nackenfalte ist ein weiterer Hinweis auf mögliche Organfehlbildungen und auch auf Chromosomenstörungen“, so Geipel. Zusammen mit dem Alter der Mutter und den Blutwerten freies β-hCG und PAPP-A berechnet der oder die Gynäkolog:in das Risiko für genetische Anomalien, zum Beispiel der Trisomie 21. Ein weiterer Hinweis für diese ist beispielsweise ein verkürztes Nasenbein beim Fötus. Wenn das individuelle Risiko für eine Chromosomenanomalie größer ist als 1:100, legen Frauenärzt:innen ihren Patientinnen in der Regel nahe, weitere Untersuchungen in Erwägung zu ziehen – meist eine Fruchtwasseruntersuchung.
„Falls zusätzlich zum Ersttrimesterscreening der nicht-invasive Pränataltest als Kassenleistung durchgeführt wird, spart man sich hier die Bestimmung der Blutwerte freies β-hCG und PAPP-A “, erklärt Geipel. Der nicht-invasive Pränataltest (NIPT), eine Blutuntersuchung bei der Schwangeren, liefere bezüglich des Risikos für die drei Trisomien 13, 18 und 21 ein genaueres Ergebnis: Ist er unauffällig, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit keine der genannten Trisomien vor. Ein auffälliges Ergebnis sollte ebenfalls über eine Fruchtwasseruntersuchung abgeklärt werden. Dabei sticht der Arzt oder die Ärztin mit einer Hohlnadel durch die Bauchdecke der Mutter, um Zellen des Ungeborenen zu entnehmen, die sich im Fruchtwasser befinden. Der Nachteil: Dieses invasive Verfahren geht mit einem geringen Fehlgeburtsrisiko von etwa 0,1 bis 0,2 Prozent in spezialisierten Zentren einher.
Beim NIPT liegt die Entdeckungsrate für Trisomie 21 bei 99 Prozent. Beim Ersttrimesterscreening liegt sie bei 85 bis 90 Prozent, zehn bis 15 Prozent der Kinder mit Down Syndrom werden im Screening also nicht erkannt. Darüber hinaus können beim Ersttrimesterscreening aber auch Hinweise auf andere Chromosomenstörungen gesehen werden, die durch den NIPT nicht entdeckt werden können.
Wichtig zu wissen: Wenn im Ersttrimesterscreening ein Risiko von 1:100 berechnet wurde, heißt das statistisch, dass von 100 Kindern 99 einen normalen Chromosomensatz haben und nur eines tatsächlich eine entsprechende Anomalie. Beim NIPT wird keine Wahrscheinlichkeit berechnet, sondern das Blut direkt untersucht. Dennoch gibt es eine geringe Fehlerquote: Die Rate der fälschlicherweise positiv für eine Trisomie getesteten Kinder beträgt etwa 0,1 Prozent. Beim NIPT wird also weniger Schwangeren mit eigentlich gesundem Kind zu einer Fruchtwasseruntersuchung geraten, aber immer noch einigen.
Wahrscheinlichkeit für eine Präeklampsie
Im Rahmen des Ersttrimesterscreenings kann auch der placental growth factor (PIGF) im Blut bestimmt werden. Zusammen mit dem Blutdruck, einer Doppler-Untersuchung der Gebärmutterarterien und dem Alter der Mutter trägt er zu einer Risikoeinschätzung für Präeklampsie bei der Mutter bei. „Das macht man aber eigentlich nur, wenn die Patientin Erstgebärende ist oder entsprechende Risiken aufweist, zum Beispiel Bluthochdruck, Übergewicht, künstliche Befruchtung oder eine problematische Versorgung des Kindes in einer vorangegangenen Schwangerschaft“, erklärt Geipel. Hatte die Frau schon ein oder mehrere unauffällige Schwangerschaften, könne diese Untersuchung entfallen.